
Dschungelcamp, Tag 14: Sorry, heute leider ohne halbnackte Frauen
"Ich bin ein Star...", Tag 14 Es lebe das Mittelmaß! Aber wo ist Walter?
Wie Conchita Wurst ohne Bart, wie der VfL Bochum ohne Peter Neururer, wie Pinky ohne Brain: So ist das Dschungelcamp 2015 ohne Walter Freiwald, könnte man meinen. Aber nicht jeder sieht das so, schon gar nicht Erzfeind Aurelio Savina, der sich nach der rührenden Abschiedsrede des Präsidenten der Dschungelrepublik ("Ich habe ein gutes Gewissen vor Gott") die Rhetorik von Batman einverleibt hat: "Am Ende siegt immer die Gerechtigkeit."
Nur: wer braucht schon Gerechtigkeit, lieber Aurelio, wenn er ein Quäntchen Unterhaltung haben könnte? Und ist es gerecht, dass du einen Tag nach Walter gehen musst?
Nach dem 14. Tag im Dschungel mangelt es nicht nur an Aurelio, der den Winterschlaf in den australischen Sommer gebracht hat, und Walter, dem Möchtegern-Erbfolger der großen Gs, Gottschalk und Gauck; es fehlt nach wie vor das, was man selbst nach 30 Jahren RTL hinter dem Wörtchen "Entertainment" vermuten könnte.

Adieu: Walter Freiwald verlässt das Camp
Foto: RTL"Schreib doch mal was Positives", hört man die Kollegen raunen, und Recht haben sie. Darum blenden wir doch einmal die Mangelerscheinungen aus - Phantomschmerzen hin oder her - und schauen, woran es auch kurz vorm Finale zwischen Liane und Kotzkübel nicht mangelt.
Das Dschungelcamp ist auch das, was es nicht sein will. Eine Reflexion über das Langwierige, über das Warten, über die vergebenen Minuten im Leben eines jeden von uns. Hätte Marcel Proust damals RTL empfangen können, wäre er schnell auf die verlorene Zeit gestoßen.
Wer sich langweilt, kann über die großen Fragen im Leben nachdenken: Wer bin ich? Was mache ich hier eigentlich? Gibt es ein TV-Leben nach dem Dschungel? Riecht warmes Bananenbrot wirklich nach Affenkotze?
An Tag 14 betreffen die großen Fragen Aurelio. Maren Gilzer und Rolfe Scheider stellen sie sich gegenseitig: Wie kann ein junger Mann so negativ sein? Vielleicht war da was mit seiner Beziehung? Vielleicht hat seine Verlobte was falsch gemacht? Vielleicht ist da was schiefgelaufen? Vielleicht? Große Fragen eben.

Schadenfroh: Aurelio Savina (l.) freut sich über Walters Abreise
Foto: RTLEin Hoch auf den Durchschnitt! Wozu all diese Mark Zuckerbergs und Taylor Swifts dieser Welt? Obwohl Aurelio am 14. Tag den Batman mimt, ist er kein Superheld, wie auch Sonja Zietlow bemerkt: "Wir haben keinen Helden, wir haben Aurelio." Hatten wäre richtiger.
Aurelio, einer wie du und ich. Aurelio, der im stetigen Halbschlaf die Träume des kleines Mannes träumt, Stichwort: Bauernhof für Kampfhunde.
Auch eine Tanja Tischewitsch ist trotz ausgiebiger Verweise auf ihre Brüste kein Playmate, sondern der Typ junge Frau an der Supermarktkasse, der eine Vorliebe für Bacon hegt. Und Jörn macht außerhalb des Camps ja auch das, was jeder von uns könnte: bei "GZSZ" mitspielen.

Völkerball-Held: Jörn Schlönvoigt holt fünf Sterne
Foto: RTLIm Dschungel muss er am 14. Tag seine Prüfung absolvieren, für Dr. Bob "eine Mischung aus Indiana Jones und James Bond", für Jörn selbst "wie Matrix" - für die meisten eine wohlige Erinnerung an Sportabzeichen und Seepferdchen. Dazu kriegt er noch Bälle an den Kopf geschmissen, so wie es jeder mittelprächtige Völkerballspieler aus der Schule kennt. Da kriegt sogar Sonja Zietlow Muttergefühle: "Nicht, dass dir schwarz vor Augen wird."
"Ich bin ein Star - holt mich hier raus!" ist eine in Dschungelgrün getarnte Hommage an Max und Erika Mustermann, an Otto Normalverbraucher, an Hans Wurst und an all die anderen, die sich im Durchschnitt treffen. Der Dschungel, die Mitte der Gesellschaft. Das Dschungelcamp beweist, dass es keine Superlative braucht, um hohe Einschaltquoten zu generieren.
Jörns adrenalindurchtränktes "Jetzt brenn ich lichterloh" braucht es gar nicht, nein, auf das Fünkchen eines Feuerwerks können wir verzichten, solange es das beständige Deckenleuchten zwischen den Billy-Regalen bei Ikea gibt. Das Dschungelcamp zeigt, dass wir das Mittelmaß lieben.
Aber noch mehr lieben wir die Übertreibung und den Größenwahn. Apropos: Wo ist eigentlich Walter jetzt?