Rundfunkbeitrag ARD-Chef droht mit Verfassungsklage

ARD-Vorsitzender Ulrich Wilhelm
Foto: Fabian Sommer/ dpaDer Beitrag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sorgt weiter für heftige Diskussionen: Nachdem ZDF-Intendant Thomas Bellut eine Erhöhung für notwendig erklärt hatte, um das Qualitätsniveau zu halten, droht der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm nun mit einer Verfassungsklage - falls sich die Bundesländer nicht auf die Höhe einigen könnten.
In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bezeichnete Wilhelm die Klärung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe als "Ultima Ratio". "Dies würde freilich eine jahrelange Hängepartie bedeuten. In dieser Zeit könnte nicht ordnungsgemäß gearbeitet werden."
Der Rundfunkbeitrag, der bis Ende 2012 noch Rundfunkgebühr hieß, ist bis 2020 auf 17,50 Euro pro Haushalt im Monat festgelegt. Im Frühjahr 2019 müssen die öffentlich-rechtlichen Sender der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) mitteilen, wie viel Geld sie für 2021 bis 2024 brauchen. Die KEF macht dann einen Vorschlag für die Beitragshöhe. Die anschließende Entscheidung der Ministerpräsidenten muss von allen 16 Landtagen ratifiziert werden.
Indexmodell als Alternative
Als Alternative zu diesem Verfahren ist ein Indexmodell im Gespräch, wonach der Rundfunkbeitrag stets entsprechend der Inflationsrate steigt. Dies könnte "am Ende ein gangbarer Weg sein", sagte Wilhelm. Das Indexmodell wurde unter anderem vom Hamburger Kultursenator Carsten Brosda ins Gespräch gebracht, allerdings setzt der Politiker einen viel niedrigeren Einstiegsbetrag an, als es Wilhelm im Sinn hat.
Der Index, so argumentiert Wilhelm, decke nicht die tatsächlichen Kostensteigerungen ab, sondern wäre für ARD und ZDF "eine stetige Schrumpfung". Denn: "Die rundfunkspezifische Teuerung, die beispielsweise die Entwicklung der Kosten für Musik-, Film- oder Sportrechte berücksichtigt, lag zwischen 2009 und 2017 bei rund 17 Prozent, während die Verbraucherpreise in diesem Zeitraum um 10,6 Prozent gestiegen sind."
Aus einigen Ländern wurde in den vergangenen Monaten die Forderung erhoben, den Rundfunkbeitrag stabil zu halten, also nicht zu erhöhen. Dann müsse deutlich im Programm gekürzt werden, sagte Wilhelm. Was nicht möglich sei: ganze Bereiche wie Unterhaltung und Sport aus dem Programmauftrag zu nehmen.
Breites Spektrum erhalten
"Das wäre so aus unserer Sicht mit der Rundfunkfreiheit nicht vereinbar. Zumal es auch keine trennscharfe Abgrenzung der Genres gibt." TV-Serien wie "Charité" und "Babylon Berlin" seien Unterhaltung, aber auch Bildung und Information. Der Bereich Sport bestehe nicht nur aus Spitzenfußball, sondern etwa auch aus Paralympics, jungen Sportarten und der Breite des Wintersports.
Die aktuelle Höhe des Rundfunkbeitrags von 17,50 Euro entspricht nach Angaben des ARD-Vorsitzenden und Intendanten des Bayerischen Rundfunks Wilhelm nicht mehr dem realen Aufwand. "Wir verwenden heute zusätzlich die Gelder der Beitragsrücklage, die zwischen 2013 und 2016 angespart wurde. Rechnet man diese angesparten Mittel auf die Höhe des monatlichen Beitrags um, dann liegen wir heute schon real bei 18,35 Euro." Diese Rücklage werde bis 2020 aufgebraucht sein.
Bereits Mitte des Jahres hatte der Rundfunkbeitrag das Bundesverfassungsgericht beschäftigt. Damals ging es um die Rechtmäßigkeit. Das Gericht bestätigte, dass der Beitrag im Großen und Ganzen verfassungskonform sei. Mitte Dezember urteilte auch der Europäische Gerichtshof, dass der Beitrag EU-konform sei und keine unerlaubte staatliche Beihilfe darstelle.