
"Saboteure im Eis": Überlebenskampf in der Kälte
Kriegsserie "Saboteure im Eis" Als die Nazis die Bombe bauen wollten
Worüber sprachen der deutsche Physiker Werner Heisenberg und sein Freund und Mentor Niels Bohr im September 1941? Bis heute rätseln Historiker über den genauen Hergang des Treffens in Kopenhagen. Wollten Heisenberg und sein Kollege Carl Friedrich von Weizsäcker den Dänen vor den Bemühungen der Nazis warnen, eine Atombombe zu bauen? Oder versuchten sie, ihn für die Experimente einzuspannen, an denen beide selbst mitarbeiteten?
Für die Grautöne historischer Überlieferung bleibt der norwegisch-britischen Miniserie "Saboteure im Eis" keine Zeit. Sie hat eine Spannungsdramaturgie zu füttern, die sich aus dem Wettlauf um den Bau der ersten Atombombe speist. Unschärfen stören da nur.
Also will Heisenberg in dieser Version seinen dänischen Freund nicht nur auf seine Seite ziehen - er überreicht ihm sogar noch die Skizze eines Reaktors. Bohr lädt Heisenberg daraufhin zum abendlichen Schweinebratenessen ein, macht aber deutlich, dass ihre Freundschaft danach Geschichte ist.
Die Spannungsdramaturgie rumpelt und rattert
"Saboteure im Eis" lief im Jahr 2015 im norwegischen Fernsehen und fuhr dort erwartungsgemäß Rekordquoten ein. Die Geschichte fußt schließlich auf einem nationalen Mythos: Es geht um die Operation "Gunnerside", für die im Februar 1943 zehn norwegische Soldaten die für den deutschen Bombenbau vorgesehene Produktion von Schwerem Wasser sabotierten. 1965 war die Aktion schon einmal verfilmt worden, damals unter dem Titel "Kennwort 'Schweres Wasser'" vom Western-Regisseur Anthony Mann mit Kirk Douglas.

"Kennwort: 'Schweres Wasser'": Anthony Mann verfilmte die Aktion schon 1965
Foto: ddp imagesAuch wenn sich die neue Fassung mehr Zeit zum Erzählen der Geschehnisse gibt: Im goldenen Zeitalter der Fernsehserie nimmt sie sich kaum moderner aus als Manns vierzig Jahre alte Version.
Die Maschine von "Saboteure im Eis" schnauft wie die einer ratternden Dampflok, beständig befeuert von einem filmischen Mittel der Spannungserzeugung, das noch immer funktioniert: der guten, alten Parallelmontage. Und allen Schwächen zum Trotz lässt sich diese Dramaturgie durchaus genießen. Gleich zum Jahresbeginn das erste guilty pleasure.

"Saboteure im Eis": Überlebenskampf in der Kälte
Das Drehbuch von Petter S. Rosenlund rotiert zwischen vier Schauplätzen. In Berlin formiert sich der sogenannte Uranverein mit Heisenberg (Christoph Bach) und anderen führenden deutschen Wissenschaftlern, um Pläne für Atomenergie - und damit einhergehende für eine Bombe - voranzutreiben. Dafür wird Schweres Wasser benötigt, das in großen Mengen nur in einer Fabrik im Norden des von der Wehrmacht besetzten Norwegen hergestellt wird.
Professor Leif Tronstad ahnt, wofür die Deutschen das Material brauchen; er flieht nach England, wo er bei der britischen Armee eine Truppe aus Norwegern aufbaut, die die Pläne der Nazis durchkreuzen sollen. Ein erster Versuch schlägt fehl, vier Männer bleiben allein in der winterlichen Wildnis zurück und kämpfen fortan ums Überleben. Der neue Direktor der Norsk Hydro, wo das Schwere Wasser produziert wird, muss derweil einen Saboteur in den eigenen Reihen ausfindig machen und bekommt es mit der SS zu tun.
Kein Sinn für die bittere Ironie der Geschichte
Tatsächlich hat "Saboteure im Eis" mehr mit Kriegsfilm-Schinken wie "Der Adler ist gelandet" oder "Die Brücke von Arnheim" und deren durchaus fragwürdigen Erzählstrategien gemein als mit moderner TV-Unterhaltung. Hier wird Krieg zum Tummelplatz für Helden mit entschlossenem Blick, die trotz des Ernstes der Lage noch Zeit für ein paar lockere Sprüche finden. Echte Kerle eben, die den Job erledigen werden.
Das funktioniert, solange es "Saboteure im Eis" um die Erzeugung von Spannung und Atmosphäre geht. Fürchterlich schiefgeht es vor allem bei dem in Deutschland spielenden Erzählstrang. Die Motivation des Nobelpreisträgers Heisenberg, den Christoph Bach als unangenehmen Streber spielt, bleibt im Korsett der Parallelmontage völlig unklar.
Und ein Sinn für die bittere Ironie der Geschichte geht der Serie mit ihren Heldenposen auch ab. Denn allen Mühen und menschlichen Opfern zum Trotz war der Kampf um das norwegische Schwere Wasser nicht entscheidend für den Wettlauf um die Atombombe.
"Saboteure im Eis", ab Dienstag, 23 Uhr, ARD