"Maischberger" zur GroKo Große Worte über die kleinen Leute

Die neue Regierung steht, aber ist sie auch für die "kleinen Leute" da? Und: Wer ist das überhaupt? Die Diskussion bei "Maischberger" hatte einen sozialen Drall. Den kleinsten gemeinsamen Nenner gab's beim Fußball.
Moderatorin Maischberger (Archivbild)

Moderatorin Maischberger (Archivbild)

Foto: Britta Pedersen/ dpa

Wer sind eigentlich diese "kleinen Leute", von denen so gern mit halb besorgter, halb gönnerhafter Herablassung die Rede ist? Bei "Maischberger" pendelte die Definition diesmal zwischen "normal", also dem Durchschnitt, und "arm" - mit leichter Tendenz zu "verdammt arm dran". Die Frage, ob Deutschland nach der Vereidigungsfolklore nun eine "Große Koalition für die kleinen Leute" bevorsteht, hatte einen starken sozialen Drall.

Zunächst geht es darum, was von der Regierung generell zu erwarten sei. Ein sichtlich ausgeruhter Kevin Kühnert von den Jungsozialisten hat einen Strich unter seine Niederlage beim SPD-Mitgliederentscheid gemacht und will nun "einen klaren Strich neben der Regierungsarbeit ziehen", hinter dem die Partei sich dann neu erfinden solle. Eine innerparteiliche doppelte Buchführung, quasi nach Excel-Tabelle.

Dem mag sich sein Kollege Paul Ziemiak von der Jungen Union nicht anschließen. Aber auch in der CDU müsse sich einiges zurechtrütteln. Katrin Göring-Eckart von den Grünen dagegen bedauert es sehr, dass vor lauter Neuerfindung weniger Zeit für "die echten Probleme" bleibe. Und der Journalist Claus Strunz spricht gar von einer therapeutischen Koalition, mit der man "nicht zu gnädig sein" dürfe. Angela Merkel habe die "Agenda 2020" verschlafen, nun stünde die "Agenda 2030" an.

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Foto: KAI PFAFFENBACH/ REUTERS

Ferdos Forudastan von der "Süddeutschen Zeitung" meint, "eigentlich geht's dem Land doch relativ gut und doch herrscht darunter so viel Unzufriedenheit". Sie ist vorsichtig mit Vorhersagen, hofft aber auf "ein belebendes Element". Das sitzt in Person von Bernd Baumann, AfD, direkt neben ihr und klagt, es seien auch in den vergangenen Jahren "entsprechende Dinge nicht passiert" und es läge "so viel im Argen" - um sogleich als angebliche Ursache die "Massenmigration" zu nennen, die "arge Verwerfungen bei kleineren Leuten" verursacht habe.

Im Übrigen, so Baumann, strahle die AfD thematisch bereits auf die Regierung ab. Ein Jens Spahn wäre "ohne uns" nie Gesundheitsminister geworden, sagt er. Eine Aussage wie die von Spahn über Armut und Hartz IV ist offenbar ganz nach seinem Geschmack. Maischberger will wissen, ob Spahn damit den Ton setzen wolle für die Koalition. Ziemiak springt für den Kollegen in die Bresche und wiederholt das konservative Mantra: "Es verhungert keiner."

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Dann wiederholt der Mann von der Jungen Union beinahe wortgleich, was er vor wenigen Tagen als Gast bei "Maybrit Illner" der Tafel-Initiatorin Friederike Sittler abgelauscht hat, dass nämlich deren Angebot als zusätzliche Leistung den "Kunden" erlaube, sich von ihrem schmalen Geld andernorts "etwas zu leisten". Es kommt aber darauf an, wer etwas sagt und warum, weshalb Forudastan sich zu Recht empört: "Sie können doch nicht einfach hier so nonchalant sitzen und das Dumping nach unten betreiben", schließlich will die Union weder Regelsätze noch Löhne erhöhen.

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Kevin Kühnert schwebt eine Kindergrundsicherung vor, also ein "Denken vom Kind her". Ziemiak hingegen findet es fair, dass Geld, welches Kinder von Hartz-IV-Empfängern "beim Zeitungsaustragen verdienen", nicht auf die Regelsätze angerechnet wird. Doch, es wird spürbar wärmer in Deutschland.

Maischberger würde gern auf die Frage hinaus, ob Horst Seehofer und Franziska Giffey als "Hardliner" für ein Law-and-Order-Moment der neuen Regierung stehen? Kühnert verdutzt: "Und das schreiben Sie Franziska Giffey zu?" Wer Bürgermeisterin in Neukölln sei, habe "eine sehr gute Ahnung" davon, was abgeht im Sozialen und bei der Integration.

Göring-Eckart hingegen sieht einen Rechtsruck bei allen Parteien. Womöglich gehe es Herrn Spahn "um Herrn Spahn und darum, dass Herr Baumann später sagt: Wir haben die Republik weiter nach rechts gedrückt". Der wird nach den Regelsätzen für Hartz IV gefragt, stellt unter gewissen Bedingungen eine zehnprozentige Erhöhung in Aussicht und klagt: "Die ganze Sozialpolitik hat eine Schieflage." Warum? Genau, weil Geld in der Bildung fehle, das "für die Flüchtlinge" da sei.

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Forudastan führt an, dass es auch "Zusammenhänge zwischen Klima und Flüchtlingen" gebe. Ein "Ende der Willkommenskultur" sieht sie deshalb nicht heraufdämmern, weil dergleichen "schon sehr schnell" zurückgefahren wurde - und das hänge nicht an Seehofer, nicht einmal an der AfD. Es sei auch "kein Zeichen für politische Vernunft, wenn man bei jedem Thema nach einer Minute auf die Flüchtlinge kommt". Baumann: "Leider ist das ja so!"

Strunz meint: "Wenn eine nach links gerückte Republik einen Rechtsruck macht, dann ist sie wieder in der Mitte." Auch sei es eine "Meisterleistung" von Angela Merkel, Horst Seehofer ausgerechnet das Innenministerium anzuvertrauen - also das Feld, auf dem er sie bisher vor sich hergetrieben habe.

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Gestreift wird auch die Frage, warum keine Minister mit Migrationshintergrund vertreten sind. Dumm gelaufen, meinen Kühnert und Ziemiak. Forudastan findet es "fatal". Eine schöne Gelegenheit, Baumann in die Falle tappen zu lassen - mit der Frage, ob die Fußballnationalmannschaft denn eine "deutsche" Mannschaft sei.

Beim Anblick "unserer Jungs" aber herrscht jähe Eintracht. Genau so solle es künftig sein, begeistert sich Claus Strunz, dass Leute gleich welcher Herkunft - aber mit deutschem Pass! - unter Beachtung der Spielregeln sich für Deutschland einsetzten. Ein sportlich-spielerischer Leistungsnationalismus. Es ist der kleinste gemeinsame Nenner, von dem so gern die Rede ist.

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