"Sommerhaus der Stars" Ärger wird's nicht
Das größte Ärgernis am "Sommerhaus": Es ist so wahnsinnig arbeitsaufwendig geworden. Um wie ein Sommelier der Säuernis auch die feinsten Galligkeitsnuancen erschmecken zu können, muss man neben der eigentlichen Sendung in so tiefe Güllebecken tauchen, dass an anderweitige Erwerbsarbeit schon lange nicht mehr zu denken ist. Zum Beispiel muss man sich den Livepodcast von Oliver und Amira Pocher anhören, in dem sie Lisha und Lou zu Gast haben und beide so unreflektiert asseln lassen, dass es auch für Pocher-Verhältnisse noch mal ganz neu bestürzend ist.
1. Evas Sünden
Pocher findet es lustig, dass Lisha tatsächlich schon mal jemandem die Nase gebrochen hat: "Ah okay, cool." Der Besuch des Schreckenspaars sollte endlich alle schmählich geschnittenen "Sommerhaus"-Szenen enthüllen. Was hat Eva nun also gemacht? "Was hat Eva eigentlich nicht gemacht?", fragt Lisha zurück, und alle sind zufrieden und sich einig, dass Eva einfach sehr berechnend sei. Schließlich hätte sie seinerzeit einen Pocher-Bekannten eiskalt sitzengelassen, als sie der Ruf in den "Bachelor"-Kandidatinnenkreis ereilte. Dann höhnt Pocher über Evas Verlobten Chris, der ihr den Antrag ja schäbig live im RTL-Magazin "Explosiv" gemacht habe, und dann muss man natürlich gleich noch das YouTube-Video schauen, in dem Lou seinerseits Lisha mitten in einem Berliner Einkaufszentrum um ihre Hand bittet, und plötzlich findet man überraschende Anträge auf Musicalbühnen eigentlich vergleichsweise classy, schönen Dank auch.
2. Lishas Sexualmoral
Die Frau sei keusch und ehrenhaft, der Mann ein kühner Bumserich: Diese hochreaktionäre Sexmoral wird im "Sommerhaus" jedes Mal reproduziert, wenn Eva wieder einmal auf ihren Bachelorbeischlaf reduziert wird. "Für mich wird sie immer die sein, die vom Bachelor gebumst und fallengelassen wurde", ätzt Lisha also wieder einmal gegen Eva. "Ich hoffe, ihre Ehre und ihr Stolz werden für immer angekratzt bleiben." Von den vielen verachtenswerten Abscheulichkeiten, die sie im "Sommerhaus" abgeliefert hat, ist das vielleicht die größte, weil sie nicht nur auf die von ihr verhasste Feindin zielt, sondern gleichzeitig auch alle Frauen verrät.
Michaela stimmt nach raunend-plusteriger Pharo-Art gleich mit ein: "Sie hat sich ja nageln lassen", sagt die Frau, die mit ihrem Lebenspartner das Lied "Schlaf mit mir" aufgenommen hat, das sie im dazugehörigen Video als koituspositive Klammeräffchen in landschaftlich ansprechender Kulisse performen. Später bezeichnet Michaela Caro und Andreas noch als "widerliche Viecher", ein Lied über Tiere haben sie leider noch nicht im Repertoire.
3. Lous Juckreiz
Die Stumpfheit schmerzt inzwischen nur noch. "Was weiß ich, wer regiert, Silly, juckt mich das?", blökt Lou bei einem weiteren belastenden Wissensspiel, bei dem er Mitglieder der aktuellen Regierung nennen soll.
"Zähl doch irgendwas auf", brüllt Lisha hoffnungslos zurück, und Lou fängt einfach mal mit der aktuellen Kanzlerin an: "Schröder?" Es steht zu befürchten, dass er nicht einmal weiß, was Hagebutten sind.
4. Treuherzchen Caro
Dass das "Sommerhaus" längst nicht mehr lustig ist, ist hinnehmbar, weil es ja immerhin noch auf immer wieder neu schockierende Weise interessant ist. Manchmal aber ist es einfach nur schrecklich traurig. Zum Beispiel, wenn man sich vorstellt, wie Caro sich zum ersten Mal Folge 10 ansieht und hört, wie ihre vermeintliche Freundin Lisha über sie spricht, jene vermeintliche Verbündete, die sie mit ihrem ganzen Herzen gegen alle Anwürfe, auch gegen ihren Mann verteidigt hat. "Der größte Abschaum, den ich jemals gesehen habe", wütet Lisha über Caro. Der Anlass: Als Sieger im Wettrechnen dürfen Caro und Andreas ein bereits in der vergangenen Folge abgesichertes Paar wieder zur Nominierung freigeben.
Andreas drängt Caro dazu, aus taktischen Gründen Lisha und Lou zu nehmen, obwohl sie den beiden schon ihre Loyalität versichert hatte. Die Entsavten tun daraufhin das einzig Vernünftige: Sie basteln eine Voodoopuppe, der sie Caros Seitglatze scheren. "Entweder streicheln wir sie, oder wir stechen ihr den Stielkamm durchs Herz", sagt Lisha. Und danke, dass Sie fragen: Ja, es geht tatsächlich noch ekelhafter. Als sie schließlich tatsächlich zusammen mit Eva und Chris auf der Abschussliste stehen, heuchelt Lisha bei Caro berechnend Verständnis. "Lisha ist verdammt ehrlich", sagt Caro daraufhin treuherzig im Interview, "unser Verhältnis ist jetzt noch inniger als vorher."
Das Allertraurigste daran: Laut eigener Auskunft bei Instagram sei sie auch nach Kenntnis dieser Szenen immer noch gut mit Lisha befreundet, sagt Caro. Wie einsam und gewohnheitsgeduckt muss man sein, um so etwas aushalten zu wollen?
5. Am Ende gewinnt immer der Trash
Extrem ärgerlich, aber mal wieder typisch für das Leben: Es kommt nicht zum aus dramaturgischer und kathartischer Sicht so wünschenswerten Traumfinale Eva und Chris gegen Lisha und Lou, bei dem dann natürlich das vielleicht nicht komplett Gute, aber auf jeden Fall das weniger Böse triumphal gewinnen würde. Eva und Chris sind raus, weil er erst zu wenig Fußballbundestrainer kannte und sie sich dann mit einer unerlaubten Hilfe beim Satzzeichenraten verplapperte, so banal kann es bei aller Hochtragik eben manchmal ausgehen.
Lishas Heuchelplan hat verfangen, Andreas und Caro stimmten für Evas Rauswurf. Einen guten Aspekt hat dieses Ende auf jeden Fall: Chris tritt als seltener Trash-Titan ab, der sich auch im ärgsten Wutgetöse stets integer verhielt, und daran, wie unwahrscheinlich und sensationell einem das vorkam, merkt man erst, welchen schlimmen Leuten man sonst so zuschaut. Also gleich mal den Chris’schen Imperativ in eine Marmorplatte dengeln: "Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie zur besten Sendezeit im Fernsehen ausgestrahlt und für immer im Internet konserviert wird."
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version schrieben wir, dass es sich bei der besprochenen Sendung um das Finale vom "Sommerhaus der Stars" handelt. Die letzte Folge wird allerdings am 1. November ausgestrahlt. Wir haben den Fehler korrigiert.