
Live-Comeback von Stefan Raab TV egal

Raab im Saal: Das Grinsen ist noch da.
Foto: DPA/ Willi Weber/ Allendorf Media
- • Abschied von Stefan Raab: "Ich hoffe, Sie hatten ein bisschen Spaß"
- • Niedergang von "TV total": Schlag den Raab
Die Frage war ja, wie lange Stefan Raab es ohne Applaus aushält. Vor knapp drei Jahren moderierte er zum letzten Mal im Fernsehen. Danach zog er sich zurück. Raab entschwand der Öffentlichkeit, da war er noch keine 50 Jahre alt. Es war ein konsequenter Abgang. Von "TV total" zu TV null.
Mit Anzug und Krawatte kehrte Raab in der Lanxess-Arena in Köln nun auf die Bühne zurück. Show-Praktikant Elton schrie noch schnell seine Verdienste für das deutsche Fernsehen ins Mikrofon: "Schlag den Raab", "Bundesvision Song Contest", "Wok-WM", "Turmspringen". Dazu zahlreiche Lieder als Sänger oder Musikproduzent. Ein verdammtes Genie, ein Irrer irgendwie auch.
Zur Wahrheit gehört aber ebenso, dass Raab am Ende seiner TV-Karriere immer lustloser wurde. Das angekündigte Comeback klang daher wie ein Versprechen. In einem Video zum Kartenvorverkauf inszenierte er sich gleich mal als Jesus - frisch auferstanden. Das weckt natürlich Erwartungen. Es muss ja nicht gleich Brecht sein, denkt man, aber dass Raab die konventionellen Regeln einer Bühnenshow etwas bricht, das hoffte man dann schon.
Raab im Saal: Das Grinsen ist noch da.
Foto: DPA/ Willi Weber/ Allendorf Media"Wir haben ja Zeit"
Der erste Auftritt von Stefan Raab nach langer Zeit also. Wie wirkt er? Was wird er abliefern? Kurzer Check: Das breite Grinsen ist noch da. Das Haar ist etwas weniger geworden, dafür hat er im Gesicht zugelegt.
Was er für die 14.000 Zuschauer geplant hat, kann man aber auch nach drei Stunden nicht so genau sagen. Es ist kein Stand-up, auch kein richtiges Konzert, auf Einspieler wie bei seiner TV-Sendung verzichtet er weitestgehend.
Raab schlendert lieber über die Bühne. Plaudert. Harmloses Zeug. Zu Beginn glaubt man an ein nicht enden wollendes Aufwärmprogramm. "Wir haben ja Zeit", sagt Raab irgendwann.
Zwischendurch kommen prominente Gäste willkürlich auf die Bühne und machen Musik: Carolin Kebekus covert Helene Fischer. Stefanie Heinzmann und Max Mutzke singen eine Ballade. Sido, Luke Mockridge, Teddy Teclebrhan. Schließlich spielen Die Toten Hosen "Bonnie & Clyde".
Diese Show will nirgendwo hin
Das Ganze erinnert an die Geburtstagsfeier eines sehr reichen Teenagers, der zwar alles für ein gelungenes Fest gekauft hat, bei dem die Party aber einfach nicht zünden will. Da hilft auch keine Pyrotechnik. Raab moderiert wie beiläufig. Manchmal kommt er im Ablauf durcheinander.
Es ist so: Das Programm "Stefan Raab Live!" hat keine klare Struktur, keine überraschenden Aktionen, keine Wettkämpfe, keinen Ehrgeiz. Die Show will nirgendwo hin. Die prominenten Gäste bleiben blass, bis auf die wenigen Sätze nach ihren Liedern sogar stumm.
Selbst eine eher naheliegende Idee, aus seinem Unterhaltungsrepertoire der vergangenen Jahre zumindest eine solide Nostalgie-Show zu zimmern, interessiert Raab nicht. Seine Hits wie "Wadde hadde dudde da" oder "Hier kommt die Maus" schaffen es kaum, auf der Bühne Wärme zu erzeugen. Vielleicht, weil er in seiner Rolle als Moderator noch nie nahbar sein musste. Doch als Künstler ohne Fernsehkameras muss Raab eventuell anders agieren. "Sie können gern schunkeln", ruft er einmal ins Publikum.
Ein kurzer Blick auf die Notizen, die man sich kurz vorher noch gemacht hat: "Fehlt einer wie Raab dem deutschen Fernsehen?", steht da. Das will man von diesem Abend natürlich auch noch wissen. Der Abschied von Raab fühlte sich damals nämlich ein wenig so an, als hätte ein König die Monarchie abgeschafft. Und ein bisschen war es auch so: Der Sender ProSieben teilte Raabs Showimperium auf. Vergab Sendungen und Sendezeiten an andere Moderatoren. Der Erfolg ist bis heute überschaubar.
Dennoch bleibt Raab den aktuellen Stand seiner TV-Tauglichkeit schuldig. Das Problem war ja nie, dass man Raab das alles nicht mehr zugetraut hat. Das Problem war sein Desinteresse. Offenbar konnte Raab sich für seine Shows nicht mehr begeistern. Genau das aber, sein Ehrgeiz und absoluter Wille, hat ihn von vielen Moderatoren unterschieden.
Eventuell ein bisschen egal
Noch immer hat Raab vor allem Lust auf Musik. Das merkt man in Köln. Der Rest ist ihm eventuell ein bisschen egal. Raab war an diesem Abend immer dann am besten, wenn er mit seiner ehemaligen Showband Heavytones sang. Darüber hinaus spielte er Flügel, Saxophon, Gitarre, Schlagzeug, Talkbox. Zum Schluss der Show seine eigene Version von Udo Jürgens' "Aber bitte mit Sahne".
"Ich muss immer Quatsch machen. Das hört auch nicht auf. Ich könnte stundenlang so weiter machen", sagt er kurz vor dem Ende.
Raab hat im Fernsehen alles ausprobiert und ausgereizt. Er hat auch alles erreicht. Seine erste große Bühnenshow wird dagegen wohl nur Hardcore-Fans überzeugen. Etwas mehr Mut wäre schön gewesen. Vielleicht ärgert ihn das ja. Dann hätte Raab etwas, was ihn schnell wieder zurück in die Öffentlichkeit bringt: eine Herausforderung.
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Stefan Raab (hier 2015) hat am Donnerstagabend in Köln sein Bühnen-Comeback gefeiert. Angekündigt wurde er von seinem ewigen "Show-Praktikanten" Elton mit den Worten: "Oh mein Gott, es gibt ihn wirklich noch!"
Es war eine Art persönliche Werkschau, die Raab (hier Ende 2017) für den Abend vorbereitet hatte - vor allem eine musikalische. Deshalb: Hier ein Rückblick auf Raabs Karriere in Bildern.
Stefan Raab 1997 - in diesem Jahr feierte er einen seiner ersten großen Erfolge: Für seinen Hit "Hier kommt die Maus" erhielt er den Echo. Seine Show "Vivavision" mischte deutsches Fernsehen auf.
Die Anfänge: Am 8. März 1999 ging Raab mit "TV total" auf Sendung.
Der 1966 in Köln geborene Entertainer - und gelernte Metzger - wechselte 1999 zu ProSieben und schaffte mit seiner Show "TV total" den großen Durchbruch. 16 Jahre lang moderierte er die Sendung. Klassisch Raab geht so: lässig aufgeknöpftes Hemd, breites Grinsen.
Raab, ein passionierter Musiker, positionierte sich sogar international. Mit seinem Song "Wadde hadde dudde da" trat er 2000 für Deutschland beim Eurovision Songcontest in Stockholm an. Ergebnis: Platz fünf.
Er hat ein gutes Händchen: Seine TV-Auskopplungen wie "Wok-WM" oder "Autoball" wurden Erfolge. Manche Formate waren so obskur, dass man glauben konnte, sie seien Resultat einer Wette über ein Paar Gläsern Bier.
Raabs Arbeit wurde mehrfach ausgezeichnet. 2010 erhielt er den Comedypreis für die "Beste Comedy Late Night Show".
Raab verstand es immer wieder, neue Formate zu etablieren - unter anderem das "TV total Turmspringen".
Ebenfalls zum festen Bestandteil von Raabs Jahresprogramm wurde die Wok-WM.
Nicht zu vergessen ist natürlich seine Erfolgsshow "Schlag den Raab". Es galt, den Meister persönlich zu schlagen - in verschiedenen bekannten Spielen und Sportarten, aber auch in seinen kuriosen Eigenkreationen. Dabei winkten den Kandidaten enorme Preisgelder. Raab war kein leichter Gegner und stellte immer wieder seinen Ehrgeiz unter Beweis.
Er gewinnt schrecklich gern, 2010 gelang Raab der große Triumph: Er pusht die junge Lena Meyer-Landrut beim 55. Songcontest in Oslo zum Sieg, Deutschland singt "Satellite".
Vor der Bundestagswahl 2013 gehörte Raab zu den Moderatoren des Kandidatenduells zwischen Peer Steinbrück und Angela Merkel. Für den Entertainer war es ein Coup, in einer Reihe mit etablierten Politikjournalisten wie Anne Will zu stehen.
Raab versuchte sich auch als Solo-Politmoderator. In seiner Sendung "Absolute Mehrheit" konnte der Gast, der die absolute Mehrheit der Zuschauerstimmen bekam, 100.000 Euro gewinnen.
Auch für Seichtes war Raab gern zu haben. Im Juni 2013 schäkerte er mit Markus Lanz und Michelle Hunziker bei "Wetten, dass...?", in der Hand hält er einen von ihm entworfenen Duschkopf.
2005 erschuf Raab den Bundesvision Song Contest - der Wettbewerb wurde zum Dauerbrenner. 2014 posierte Raab mit den Gewinnern, der Band Revolverheld.
Raab, die Kampfsau: Die Kandidaten bei "Schlag den Raab" bekamen nichts geschenkt.
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