ESC-Alternativen Zwei Shows, zwei Sieger

Willi Weber/ dpa
Nico Santos hat für Spanien den von Stefan Raab ins Leben gerufenen ESC-Ersatz "Free European Song Contest" gewonnen. Der aus Bremen stammende Sänger erhielt in der ProSieben-Show aus den anderen Teilnehmerländern am Samstagabend die meisten Punkte - kurz nach Mitternacht war das Ergebnis offiziell. Gesungen hatte er das Lied "Like I Love You".
"Das ist der erste Preis, den ich jemals gewonnen habe", sagte der Sänger, als er die Trophäe in den Händen hielt. Santos war damit der erste Sieger des "FreeESC" überhaupt - der Wettbewerb ist neu. Moderiert wurde er von Steven Gätjen und Dragqueen Conchita Wurst.
Die von Raab produzierte Show war als Ersatz für den wegen der Corona-Pandemie abgesagten Eurovision Song Contest in Rotterdam gedacht. Der Modus orientierte sich in gewisser Weise am Original. Zwölf Punkte waren pro Land die Höchstwertung.
Mit Spannung war vor allem erwartet worden, wer für Deutschland ins Rennen gehen würde. Raab hatte eine "echte Legende" versprochen. Viele dachten, er meinte damit sich selbst. Es war dann aber Komiker und Musiker Helge Schneider (64, "Katzeklo"). Sein Lied drehte sich passend zur Corona-Pandemie um das Zuhausebleiben ("Forever at home, forever alone, für immer im Haus"). Raab war nur zu Beginn der Show zu sehen, als er eine Coverversion von "Ein bisschen Frieden" von Nicole einspielte.
Am Samstagabend hätte in Rotterdam eigentlich das internationale ESC-Finale stattfinden sollen, wegen der Corona-Krise war der Wettbewerb aber bereits im März abgesagt worden. Raab kündigte daraufhin seinen neuen Wettbewerb an. In diesem traten fast ausschließlich aus Deutschland stammende Musiker auf, die aber für Länder sangen, mit denen sie familiäre Beziehungen verbinden. Skurrile Ausnahme blieb das "Starterland" Mond, für den ein anonym gebliebener Astronaut teilnahm.
Model Heidi Klum und Ehemann Tom Kaulitz verkündeten in der Sendung die deutschen Punkte. Das Paar wurde aus Los Angeles zugeschaltet, um zu verraten, für welches Teilnehmerland die deutschen Zuschauer die meisten Stimmen abgegeben hatten - es war der Mond.
ProSieben kündigte bereits an, den Wettbewerb auch in der Zukunft weiter stattfinden zu lassen.
Barbara Schöneberger in der Elbphilharmonie
In der ARD fand ebenfalls eine Ersatzshow für den ESC statt. Sie versuchte, die Lücke mit einem eigenen Finale zu schließen, für das das deutsche Publikum im Vorfeld zehn der ursprünglich 41 ESC-Teilnehmer ausgewählt hatte. Drei davon traten live in Hamburg auf. Mit dem minimalistischen Elektropopsong "On fire" gewann die Band The Roop für Litauen. Zweiter wurde die isländische Band Dadi og Gagnamagnid, die ebenfalls live auftrat. Deutschlands Sänger Ben Dolic sang außer Konkurrenz und stand nicht zur Abstimmung. Das Erste nutzte die leere Elbphilharmonie in Hamburg mit Moderatorin Barbara Schöneberger,
Anschließend lief in der ARD eine zweistündige internationale Ersatzshow des niederländischen Fernsehens, bei der es aber kein Voting gab.
Traditionell ist das ESC-Finale die erfolgreichste Unterhaltungsshow des Jahres im Fernsehen. Vergangenes Jahr sahen siebeneinhalb Millionen im Ersten zu. 2020 dürften sich diese Millionen Zuschauer auf die beiden Ersatzshows bei ARD und ProSieben verteilt haben.