Talk mit FDP-Politiker Kubicki Sprücheschleuder im Schonwaschgang

Kubicki: "Der ist doch froh, seit Jahren wieder eingeladen zu sein"
Foto: ZDFVielleicht waren die Erwartungen doch ein bisschen zu hoch. Klar, Wolfgang Kubicki hatte das geschickt vorbereitet, zwei große Zeitungsinterviews waren am Donnerstag erschienen - und plötzlich stand nicht mehr der FDP-Chef, Außenminister und Vizekanzler Guido Westerwelle im Zentrum der politischen Aufmerksamkeit, sondern dieser kleine Mann mit dem weißen Stoppelbart.
Kubicki, Rechtsanwalt und FDP-Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag, ist der Liberale der Stunde. Und so saß er nun in der ZDF-Talkshow von Maybrit Illner und platzte vor Stolz fast aus dem Anzug, als ihn die Kamera zur Vorstellung der Gäste streifte.
"Ich gehe von meinem Grundstück nur über die Straße zum Strand, klettere auf mein Boot, rufe noch einen Freund an, fahre mit ihm über die Förde zum Fischladen, der was Schönes auf den Grillrost legt. Das ist Lebensqualität." So hat es Kubicki, 58, der "Zeit" erzählt, aber noch besser als auf seiner Yacht scheint ihm ein Platz bei Illner zu gefallen. Einen Wichtigtuer nennen sie ihn in der FDP-Spitze, "der ist doch froh, seit Jahren mal wieder in eine Talksendung eingeladen zu sein", heißt es über Kubicki.
"Kleiner Partner, große Klappe: Ist mit Westerwelles FDP Staat zu machen?" lautete das Thema der Sendung. "Kleiner Mann, große Sprüche" - so in etwa funktioniert jedenfalls der Liberale Kubicki. In der "Zeit" giftete er mit Brachialrhetorik gegen Deutschlands versammelte Polit-Prominenz. Auf CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt solle seine Partei nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen einhauen, "bis die Schwarte kracht", forderte er. Kanzlerin Angela Merkel riet er ab dem 9. Mai zu einer "warmen Winterjacke", auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer muss sich dem "Zeit"-Interview zufolge in Acht nehmen. Und immer so weiter. Weil der FDP-Mann auch gegen Parteifreunde gekoffert und nebenbei eine Westerwelle-Nachfolgedebatte aufgemacht hat, ist man nun wirklich gespannt auf die große Kubicki-Show.
Dann die Überraschung: Wolfgang Kubicki hatte offenbar eine zahme Version von sich ins Studio geschickt. Der Illner-Kubicki war plötzlich ziemlich öde.
"Sie hauen doch sonst mehr raus"
Ob er die heftigen Angriffe auf Außenminister Westerwelle richtig finde, wollte die Moderatorin von Kubicki wissen. Seine Antwort: "Ich finde das unangemessen." Und die Kritik an den Reisebegleitern des Außenministers, "nützliche Netzwerke oder Filz?", fragte die Talkerin. "Ich gehöre auch zum Netzwerk von Westerwelle - und ich war bisher nicht dabei", sagte Kubicki. Das ist schon deshalb falsch, weil der Norddeutsche bekanntermaßen nicht zu Westerwelles Freundeskreis gehört.
Es ging dann wie immer von Hölzchen auf Stöckchen bei Illner: Der Talkshow-obligatorische Hans-Olaf Henkel, Ex-BDI-Chef, wollte plötzlich Parteispenden von Unternehmen verbieten lassen, Michael Jürgs warf Westerwelle "spätrömische Beratungsresistenz" vor, worauf ihn Grünen-Fraktionschefin Renate Künast vor Freude mit dem ähnlich berüchtigten Journalisten Hans-Ulrich Jörges vom "Stern" verwechselte. Auch der Schauspieler Heinrich Schafmeister war in der Sendung und durfte ein bisschen Quatsch verbreiten, was Kubicki so kommentierte: "Jeder soll denken, was er gerne mag." Das klang immerhin nordisch-cool.
Aber selbst mancher Mitdiskutant wunderte sich irgendwann über den Kubicki im Schongang. "Sie hauen doch sonst immer mehr raus", sagte Jürgs vorwurfsvoll zu dem FDP-Mann. Der haute dann mehr raus - allerdings immer plattere Kommentare. "Hören Sie mir mit Mövenpick auf, ich übernachte nicht in diesen Hotels": Mehr fiel ihm zum Vorwurf nicht ein, die FDP habe unter anderem wegen einer Großspende des "Mövenpick"-Besitzers Steuererleichterungen für Hoteliers durchgesetzt. Und warum hatte er denn nun eigentlich Nachfolgekandidaten für Parteichef Westerwelle ins Spiel gebracht? Ach, das sei doch alles nicht so schlimm, sagte Kubicki da. "Außerdem hab' ich mich ja ausgelassen." Ende Debatte.
Zum Schluss brachte er eine Zote, für die ihn Renate Künast berechtigterweise sofort "für einen Chauvi-Preis" vorschlug. Wenn sich Merkel zum Gedankenaustausch mit der Grünen-Fraktionschefin treffe, "dann gibt es Zickenkrieg", sagte Kubicki und ließ ein bisschen den Brachialrhetoriker erkennen - Maybrit Illner strahlte, denn nun hatte sie eine prima Überleitung.
Im Anschluss folge die Sendung "Markus Lanz", verkündete sie. Zu Gast sei unter anderem Mario Barth. Mit neuen Erkenntnissen zum Verhältnis von Männern und Frauen.