

Oh oh wie gut, wenn du mich so lieb verwöhnst
Oh oh wie gut, wenn du jeden Tag verschönst
Wenn du mir sagst, dass du mich noch liebst
Wenn du mir meine Fehler vergibst
Es ist schwer, nur ein Engel zu sein
Du bist lieb und ich seh das ein
("Oh, oh Chéri", Françoise Hardy)
Die Sonne hat ihr wollüstigstes Kleid angezogen, die französische Sängerin Françoise Hardy singt auf Deutsch über unartige Engel, geschickte Männerhände schnippeln in der Küche Köstlichkeiten für hungrige Frauenherzen. Was für eine wunderschöne, Appetit anregende Anfangssequenz, und das Tolle ist: Der ausnehmend fröhliche und frivole Tonfall zieht sich durch den ganzen neuen Münchner "Tatort".
Der Mann, der sich da durch die Anfangssequenz schnippelt und busselt, ist der Architekt Thomas Jacobi (Martin Feifel), ein Schwergewicht in seinem Job, ein Bruder Leichtfuß in Beziehungsfragen. Ein Mann mit einem Mordsappetit. Ein Mann, der die Frauen liebt. Und zwar alle gleich doll. Die blonde Ärztin genauso wie die brünette Boutiquenbesitzerin, nur leider wissen die unterschiedlichen Frauen zum Großteil nichts voneinander. Das macht die Organisation seines Lebens sehr anstrengend. Dann werden nach und nach seine Liebschaften ermordet.
Poussieren am Tatort
Einsatz für die Kommissare Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec). Auch die arbeiten gerade hart in Sachen Liebesleben. Leitmayr defensiv, Batic offensiv. Leitmayr muss beim Umzug vom jungen Kollegen Kalli Hammermann die Baggerattacken von dessen Mutter abwehren, Batic hat gerade selbst eine offene Beziehung laufen. Er ist die Affäre einer verheirateten Frau, in die er sich mehr und mehr verliebt. Selbst am Tatort poussiert er noch übers Handy und grübelt über die Zutaten fürs nächste Candle-Light-Dinner.
Auch wenn Batic am Ende die gefüllten Paprika nach dem Rezept seiner kroatischen Großmutter allein essen muss, weil die Geliebte schneller zu ihrem Mann zurückkehrt als erwartet - diese pikante, heiter-provokante, lebenspralle Episode haben sich die beiden Ermittler redlich verdient. Vor drei Wochen noch schleppten sie sich mit zertrümmerten Knochen durch einen nihilistischen Serienkillerthriller, jetzt stehen die Ermittler wieder voll im Hier und Jetzt. Und, nun ja, voll im Saft.
Seriendramaturgisch ist diese Wunderheilung natürlich ein Desaster, und man kommt nicht mehr aus dem Staunen darüber raus, wie gedankenlos die ARD ihre "Tatorte" streckenweise ins Programm klatscht. Trotzdem stellt dieser Fall für das geschundene Münchner Team ein Glücksfall dar: Batic und Leitmayr sind einfach sehr gut, wenn sie auf ausgefallenere soziale und amouröse Arrangements blicken. Verständniseifer ist ihnen fremd, aber mit einer guten Portion Neugier nehmen sie sich der Sache an.
Hier geht es nun um das Thema Polyamorie, also um ein Lebensmodell, in dem mehrere Lieben parallel gelebt werden. (Lesen Sie hier einen ausführlichen Artikel.) Auch wenn schnell klar wird, dass das Beziehungsmodell des Mr. Multi-Multi-Lovers für seine Lebenspartnerinnen nicht so gut anfühlt wie für ihn selbst wird der multiromantische Lifestyle nicht rundum desavouiert.
Die Regie führte Rainer Kaufmann, der auch für den gewagten Pflegenotstand-"Polizeiruf" vor zwei Wochen verantwortlich zeichnete. Das Drehbuch stammt von Katrin Bühlig, die in ihren Arbeiten ohne jeden spekulativen Dreh sexuelle und psychosexuelle Ausnahmesituationen ausleuchtet. Für den Leipziger-"Tatort" schrieb sie zum Beispiel das Buch zu einem Fall, in dem die Ermittler Saalfeld und Keppler in die S/M-Szene der Stadt eintauchten und dabei Beobachter komplexer, gar nicht so eindeutiger Macht- und Ohnmachtsverhältnisse wurden.
Auch in dem Münchner "Tatort" sind die Beziehungen nicht immer so klar wie sie scheinen. Natürlich steckt in der Ich-beglück-sie-alle-Haltung des Architekten ein grausamer Egoismus, gleichzeitig werden aber auch Menschen gezeigt, die in der Polyamorie ein Modell gefunden haben, ihre Bedürfnisse und Sehnsüchte auszuleben. Weh tut die Liebe wohl immer ein bisschen.
Am Ende bringen es die beiden Ermittler in einem denkwürdigen Dialog auf den Punkt. Kommissar eins: "Das Ganze mit der Liebe, wird das eigentlich schwieriger mit dem Alter?" Kommissar zwei: "Nein, eigentlich gibt es für jeden von uns einen da draußen. Aber manchmal klappt es nicht ganz mit der Verteilung."
Bewertung: 8 von 10 Punkten
"Tatort: Die Liebe, ein seltsames Spiel", Sonntag, 20.15 Uhr, ARD
Bettina Müller / HR
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Ein Mann mit offensichtlich unerschöpflicher Liebe: Auch mit der polyamourös lebenden Psychologin Dr. Julia Stephan (Anna Schäfer) hat Thomas Jacobi (Martin Feifel) eine Beziehung.
Der Bulle und seine Affäre: Ivo Batic (Miroslav Nemec) im Bett mit Josie Cremer (Viola Wedekind)
Wo bleibt der Freund? Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, vorne) telefoniert Ivo Batic hinterher - weil der offensichtlich den Umzug vom Kollegen Kalli vergessen hat.
Und noch eine Liebesbeziehung: Auch mit Dr. Slowinski (Juliane Köhler) verbinden Jacobi innige Bande.
Die Frauen folgen ihm überall hin: Hier wird Jacobi von Nicole Bächner (Hanna Scheibe) auf dem Dach eines im Bau befindlichen Hochhauses gestellt.
Edle Wohnung, tote Bewohnerin: Leitmayr zu Hause beim ersten Mordopfer
Und noch ein Mordopfer: Die Polizisten in der Wohnung von Dr. Slowinski
Ob blond, ob braun, Jacobi liebt alle Frauen: Hier verhören die Kommissare Boutiquenbesitzerin Heike Gonzor (Anastasia Papadopoulou), die ebenfalls eine Beziehung mit dem Architekt hat.
Leiche in Tiefgarageneinfahrt: Sicherung des Tatorts beim ersten Mordopfer
Ein Mann mit vielen Leidenschaften: Batic und Leitmayr nehmen Jacobi in die Zange.
Murot in Hessen
Keine Angst vor dem Pianisten! Ob am Klavier, an der Kettensäge oder am Maschinengewehr – Ulrich Tukur als Kommissar Murot ist fast immer eine Sensation. Fast immer: Die Nummer mit den Gauklern in der Zirkus-Folge »Schwindelfrei« von 2013 war wirklich übel, dafür war die Tarantino-meets-Truffault-Folge »Im Schmerz geboren« 2014 ein absolutes Meisterwerk, und auch die Doppelgänger-Folge Und Jacques-Tati-Hommage vom November war ein echter Lichtblick in düsteren Tagen.
Bettina Müller / HR
Lannert und Bootz in Stuttgart
Richy Müller als Thorsten Lannert und Felix Klare als Sebastian Bootz sind prima Kerle. Der eine mit tragischer Undercover-Ermittler-Vergangenheit, der andere als ehrenhaft gescheiterter Ehemann. Seit 2008 sind sie im Einsatz, am Anfang wurden die Fälle noch arg routiniert runtergespült. Doch die jüngsten Stuttgart-Episoden behandelten auf ästhetisch höchstem Niveau Aufregerthemen wie Stuttgart 21, unaufgearbeitete RAF-Geschichte sowie Pflegenotstand. Und der Sniper-Krimi (siehe Bild) bot zuletzt großes Thriller-Kino.
Benoît Linder/ SWR
Die ewigen Junggesellen: Seit weit mehr als einem Vierteljahrhundert sind die beiden älteren Jungs jetzt schon im Einsatz – und immer noch gut für einen Skandal. Unvergessen eine der jüngeren Episoden, in der Kommissar Ivo Batic (Miroslav Nemec, M.) und Kollege Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) im Münchner Porno-Milieu ermittelten. Aber auch der melancholische Surfer-Krimi mit Portugal-Impressionen und das brutal genaue Sittengemälde aus der Münchner Vorstadt vor der Sommerpause waren Vorzeigewerke für den ARD-Sonntagskrimi.
Gorniak, Winkler und Schnabel in Dresden
Lustig ging es los, unentschieden ging es weiter, düster ist es geworden. Alwara Höfels, Karin Hanczewski und Martin Brambach hatten in den ersten Folgen sehr zu kämpfen mit dem unausgegorenen Konzept des MDR. Höfels zog inzwischen die Konsequenzen und verabschiedete sich. Nun hat Cornelia Göschel als Kommissarin Winkler übernommen. Der Dresden-»Tatort« will nun ein harter, zeitgemäßer Cop-Krimi sein.
Berg und Tobler im Schwarzwald
Eva Löbau als Franziska Tobler und Hans-Jochen Wagner als Friedemann Berg benötigen keine Dialogfanfaren oder exotische Rollenbiografien. Sie verwerten, was dieser witterungsintensive Krimi-Schwarzwald hergibt. Ein Heimatkrimi, in dem alles lokal produziert wird: Obst, Schnaps, der Tod. Mit den letzten, exzeptionellen Folgen bewies das Revier in Deutschlands äußerstem Südwesten aber auch eine extreme Risikobereitschaft und zeigte jeweils einen Fall aus der Perspektive eines Schizophrenen, eines Sexualstraftäters und einer Prostituierten.
Boerne und Thiel in Münster
Der Prof und der Proll: Seit 2002 ermitteln Jan Josef Liefers als Gerichtsmediziner Karl-Friedrich Boerne und Axel Prahl als Frank Thiel zwischen Keksdynastien, Kartoffelkönigen und Spargelkaisern. Der eine Snob und eng verbandelt mit der Münsteraner Honoratiorenschaft, der andere St.-Pauli-Fan und Outsider. Eine Kombination, mit der anfangs gekonnt grotesker Humor in den »Tatort« geschmuggelt wurde, der erschöpfte sich in den letzten Jahren aber in Gag-Kanonaden. Trotzdem jede einzelne Boerne/Thiel-Folge ein Quotenhit.
Schürk und Hölzer in Saarbrücken
Die neue Düsternis: Nachdem Devid Striesow als Kommissar Stellbrink eher glücklos versucht hatte, gute Laune im Saarland zu verbreiten, ist der Relaunch zum April 2020 im guten Sinne spaßbefreit geraten: Daniel Sträßer (l.) als Adam Schürk und Vladimir Burlakov als Leo Hölzer sind so geheimnisvolle wie grimmige Ermittler. Ihr erster Auftritt war stark und stimmig, der zweite ist noch in Arbeit. Nur an den im Saar-»Tatort« stets fragwürdigen Frauenbildern sollte unbedingt noch geschraubt werden.
Borowski und Sahin in Kiel
Der Weltenwandler: Als Klaus Borowski ist Axel Milberg am besten, wenn er in Parallelkosmen von Psychopathen hinabsteigt – vielleicht weil Borowski selbst nah am Wahnsinn gebaut ist. Seit 2003 dabei, stand er bis 2009 sinnigerweise unter der Beobachtung einer Polizeipsychologin. Doch die Frauen kommen und gehen im Borowski-»Tatort«. Nach Maren Eggert und Sibel Kekilli hat nun die hoch gehandelte türkeistämmige Schauspielerin Almila Bagriacik (»4 Blocks«) die Rolle des weiblichen Sidekicks übernommen.
Tschiller in Hamburg
The Last Action Hero: Der zu Extra-Konditionen engagierte Megastar Til Schweiger brachte der Krimireihe keine Megaquoten als Kommissar Tschiller. Auch nicht durch Panzerfaust- und Helene-Fischer-Einsatz. Nach an der Publikumsfront gescheiterten Action-Blockbuster-Versuchen zeigte die sechste Folge den Haudrauf dann als gebrochene Figur. Mal sehen, wie es weitergeht. Nach der begonnenen Therapie des letzten deutschen Action-Cops darf er jetzt gern wieder zur Schusswaffe greifen.
Dorn und Lessing in Weimar
Ist das noch ein Krimi? Nora Tschirner als Kommissarin Dorn und Christian Ulmen als Kollege Lessing lassen mit lässiger Eleganz die üblichen »Tatort«-Ermittlerstanzen ins Leere laufen – und das ausgerechnet im Einflussgebiet des MDR, wo man sich früher schwertat mit Humor und Subversion. Nach der anfänglich schleppenden Programmierung als Event-»Tatort« ermitteln Dorn und Lessing nun zweimal im Jahr.
Falke in Norddeutschland
Für immer Punk: Wotan Wilke Möhring als Kommissar Falke hört Punk und trägt zum Schlafen wie zum Ermitteln ein fadenscheiniges Ramones-Shirt. Erst war er in Hamburg unterwegs, dann musste er Til Schweiger die Stadt überlassen und zog ins norddeutsche Umland ab, jetzt darf er wieder in Hamburg ermitteln. In der Rolle der Co-Ermittlerin agiert Franziska Weisz als Julia Grosz. Zwei Folgen im Jahr.
Faber und Bönisch in Dortmund
Die Kranken: Jörg Hartmann schluckt als Peter Faber reichlich Pillen und schlägt Toiletten kaputt. Anna Schudt als Kollegin Martina Bönisch steigt mehr zum Frustabbau als zum Lustgewinn mit Callboys und Staubsaugervertretern ins Bett. Eines der wenigen TV-Reviere mit stringenter Figurenentwicklung. Die Elite des deutschen Fernsehkrimis. Bei den jungen Sidekicks herrscht allerdings ein gewisses Kommen und Gehen. Noch dieses Jahr wir Aylin Tezel den Krimi verlassen, als Nachfolgerin wird im nächsten Jahr Stefanie Reinsperger zu sehen sein.
Brix und Janneke in Frankfurt
Wie sind die denn drauf? So ausgeglichen wie Paul Brix (Wolfram Koch, l.) und Anna Janneke (Margarita Broich, r.) geht sonst niemand in Fernsehkrimideutschland zur Arbeit. Gute Laune als Alleinstellungsmerkmal, ein interessanter Dreh. Statt Reibung die geballte Aufmerksamkeit für den jeweiligen Fall. Brix war früher bei der Sitte, Janneke hat zuvor als Psychologin gearbeitet: Eine gute Ergänzung, um in die harten, kranken und doch oft auch heiter verdrehten Fälle des hessischen »Tatorts« hinabzusteigen. Hier wird gern experimentiert, unvergessen der Geisterhaus-Horror, der für heftige Debatten innerhalb der ARD sorgte. Zwei Folgen im Jahr.
Rubin und Karow in Berlin
Er ein Schwein, sie eine Schlampe: Im Gegensatz zu den einstigen sonnigen Hauptstadt-Cops Ritter und Stark sind »Tatort«-Nachfolger Mark Waschke als Robert Karow und Meret Becker als Nina Rubin mit extrem schwarzem Strich gezeichnet. Während Karow in der ersten Episode krumme Geschäfte mit der Drogenmafia laufen hat, vergnügt sich Rubin bei SM-Spielchen in den Hinterhöfen von Kreuzberger Hipster-Bars. Neben krassen Charakterzeichnungen gibt es im radikal modernisierten Berliner »Tatort« vor allem stimmige Hauptstadtimpressionen. Zwei Folgen pro Jahr. Meret Becker wird die Reihe bald verlassen, ihre Nachfolgerin wird Corinna Harfouch.
Lindholm in Hannover und Göttingen
Die Frau von heute: Seit 2002 ist Maria Furtwängler in der Rolle der Charlotte Lindholm in Niedersachsen unterwegs und wurde in den letzten Jahren zum Inbegriff der modernen weiblichen Ermittlerin. WG-erfahren, hochschwanger während brisanter Ermittlungen, später brachte sie Kind und Karriere gut zusammen. Lindholm ist die personifizierte Selbstoptimierung, im Herzen konservativ, aber offen für Experimente. Inzwischen steht Lindholm die von Florence Kasumba gespielte Kommissarin Anaïs Schmitz zu Seite.
Voss und Ringelhahn in Franken
Die Fremden: Felix Voss ist ein verirrtes und verschlossenes Nordlicht mit Vorliebe für Techno-Exzesse, Paula Ringelhahn machte noch zu Mauerzeiten aus dem Osten rüber, weil sie an Freiheit und Demokratie glaubte. Jetzt ermitteln die beiden Kommissare, die überhaupt nicht zueinanderpassen, in einer Gegend, in der sie zudem noch deplatziert wirken. Eine reizvolle Grundsituation. Einmal jährlich gehen Fabian Hinrichs und Dagmar Manzel als ungleiches Paar im Hinterland von Unter-, Mittel- und Oberfranken auftreten. Hinrichs hatte zuvor schon in einer BR-Episode als Ermittler-Kauz Gisbert für Furore und verliebtes Publikum gesorgt.
Eisner und Fellner in Wien
Der doppelte Espresso: Seit 1999 ermittelt Harald Krassnitzer als Major Moritz Eisner mürrisch, praktisch, gut. An die 5000 Tassen Mokka und andere starke koffeinhaltige Getränke hat er seitdem in sich hineingeschüttet. Seit 2011 wird er von Adele Neuhauser als Bibi Fellner unterstützt, einer (meistens) trockenen Alkoholikerin mit Hang zur Halbwelt am Prater. Wien, düster und kalt wie ein kleiner abgestandener Schwarzer. 2014 gab es den Grimme-Preis.
Ballauf und Schenk in Köln
Das Ehepaar: Klaus J. Behrendt als Max Ballauf und Dietmar Bär als Freddy Schenk standen lange für den guten alten Soziokrimi – kein Thema, das von den beiden nicht warmherzig wegermittelt und wegerklärt wurde. Schenk hat zu Hause eine Frau, die man noch nie gesehen hat. Aber mal ehrlich: Was kann die schon gegen seine große Liebe Ballauf ausrichten? Seit 1997 dabei, drei bis vier Fälle im Jahr. Nachdem Anfang 2014 Assistentin Franziska grausam aus dem TV-Revier gemordet wurde, geht es bei den Kölnern düsterer und unversöhnlicher zu. Steht den beiden »Tatort«-Oldies eigentlich ganz gut.
Odenthal in Ludwigshafen
Die Experimentiermaschine: Hier gab es die schönsten amourösen Eskapaden und die verwegensten Storys – samt Ausflug ins All. Ulrike Folkerts als Lena Odenthal ist seit 1989 im Einsatz, Andreas Hoppe als Mario Kopper stieß 1996 dazu, hat aber den »Tatort« 2017 wieder verlassen. Zurzeit stellt der SWR mit dem TV-Revier allerhand Versuche an, die beiden Impro-Folgen blieben aber weit hinter den Erwartungen zurück. Trotzdem: Bitte weiter experimentieren!
Murot in Hessen
Keine Angst vor dem Pianisten! Ob am Klavier, an der Kettensäge oder am Maschinengewehr – Ulrich Tukur als Kommissar Murot ist fast immer eine Sensation. Fast immer: Die Nummer mit den Gauklern in der Zirkus-Folge »Schwindelfrei« von 2013 war wirklich übel, dafür war die Tarantino-meets-Truffault-Folge »Im Schmerz geboren« 2014 ein absolutes Meisterwerk, und auch die Doppelgänger-Folge Und Jacques-Tati-Hommage vom November war ein echter Lichtblick in düsteren Tagen.
Foto:Bettina Müller / HR
Lannert und Bootz in Stuttgart
Richy Müller als Thorsten Lannert und Felix Klare als Sebastian Bootz sind prima Kerle. Der eine mit tragischer Undercover-Ermittler-Vergangenheit, der andere als ehrenhaft gescheiterter Ehemann. Seit 2008 sind sie im Einsatz, am Anfang wurden die Fälle noch arg routiniert runtergespült. Doch die jüngsten Stuttgart-Episoden behandelten auf ästhetisch höchstem Niveau Aufregerthemen wie Stuttgart 21, unaufgearbeitete RAF-Geschichte sowie Pflegenotstand. Und der Sniper-Krimi (siehe Bild) bot zuletzt großes Thriller-Kino.
Foto:Benoît Linder/ SWR
Die ewigen Junggesellen: Seit weit mehr als einem Vierteljahrhundert sind die beiden älteren Jungs jetzt schon im Einsatz – und immer noch gut für einen Skandal. Unvergessen eine der jüngeren Episoden, in der Kommissar Ivo Batic (Miroslav Nemec, M.) und Kollege Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) im Münchner Porno-Milieu ermittelten. Aber auch der melancholische Surfer-Krimi mit Portugal-Impressionen und das brutal genaue Sittengemälde aus der Münchner Vorstadt vor der Sommerpause waren Vorzeigewerke für den ARD-Sonntagskrimi.
Foto: Hendrik Heiden/ Hendrik Heiden/ BRSchürk und Hölzer in Saarbrücken
Die neue Düsternis: Nachdem Devid Striesow als Kommissar Stellbrink eher glücklos versucht hatte, gute Laune im Saarland zu verbreiten, ist der Relaunch zum April 2020 im guten Sinne spaßbefreit geraten: Daniel Sträßer (l.) als Adam Schürk und Vladimir Burlakov als Leo Hölzer sind so geheimnisvolle wie grimmige Ermittler. Ihr erster Auftritt war stark und stimmig, der zweite ist noch in Arbeit. Nur an den im Saar-»Tatort« stets fragwürdigen Frauenbildern sollte unbedingt noch geschraubt werden.
Foto: Manuela Meyer/ SRMelden Sie sich an und diskutieren Sie mit
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