München-»Tatort« über Horrornachbar Der Wutbayer

Woher dieser Gram? Die Münchner »Tatort«-Kommissare treffen auf einen Menschenfeind, der eine Hochhaussiedlung terrorisiert – Burghart Klaußner als Ausrasterkönig mit Seppelhut und Pitbullkiefer.
Burghart Klaußner (M.) als Hackl: Hannibal Lecter vom Hasenbergl?

Burghart Klaußner (M.) als Hackl: Hannibal Lecter vom Hasenbergl?

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Hendrik Heiden / BR

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Eigentlich wollte der Hackl vom Hasenbergl ihm schon lang das G'nack gebrochen haben. Denn der Hackl hat ja sowieso einen Mordgrant auf allen und jeden in seiner Nachbarschaft. So raunt man es jedenfalls im rustikalsten Bayerisch auf dem Hasenbergl.

Der Hasenbergl ist eine Hochhaussiedlung am Stadtrand von München, und der Hackl ist der unvermeidliche grantelnde Nachbar, der vom Balkon aus die anderen Mietparteien mit seinem schier unerschöpflich erscheinenden Gram überzieht. Der Mann, dem der Hackl angeblich schon längst das G'nack gebrochen haben wollte, ist der junge Nachbar, der nachts forsch und provozierend mit seinem Motorrad durch die Siedlung knatterte.

Szene mit Miroslav Nemec (l.) und Udo Wachtveitl: Ermittlungen in einem hochgerüsteten Hochhausgebiet

Szene mit Miroslav Nemec (l.) und Udo Wachtveitl: Ermittlungen in einem hochgerüsteten Hochhausgebiet

Foto: Hendrik Heiden / BR

Zu Tode gekommen ist der Biker nun allerdings deshalb, weil ihm jemand vom Balkon aus mit einem Laserpointer angestrahlt hat. »Laser-Klasse 3, die Illegalen«, lautet im Laufe der Ermittlungen die Checkerdefinition von einem der Kommissare.

Für Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) ist der Hauptverdächtige kein Unbekannter. Bei einem Einsatz auf einem öffentlichen Platz in der Innenstadt waren sie schon mal schmerzhaft mit ihm in Kontakt geraten. Leitmayr, der an der Hand noch eine Narbe vom ausgerasteten Hackl trägt, erinnert sich: »Zu viele Tauben, zu viele Touristen. Der Hackl rein mit dem Luftgewehr.« Luftgewehr, Schleuder und Fernglas findet man dann auch bei der Wohnungsdurchsuchung, später taucht dann auch noch der Laserpointer auf.

Hochgerüstete Hochhausburg

Dieser »Tatort« zeichnet den Bezirk Feldmoching-Hasenbergl im Norden von München als hochgerüstetes Krisengebiet. Hackl wütet oben vom Balkon aus mit seinem Terrorarsenal, und irgendein Depp lässt zwischen den verschiedenen Stockwerken eine Kameradrohne herumschwirren, mit der er vornehmlich in die Wohnungen von jüngeren Frauen spannt.

Fotostrecke

Kommissar-Karussell: Alle »Tatort«-Teams im Überblick

Foto: Christine Schroeder / NDR

Was das eine mit dem anderen zu tun hat, wird erst im letzten Drittel aufgefächert. Regisseurin Katharina Bischoff hatte zuvor unter anderem die Frankfurter »Tatort«-Folge »Luna frisst oder stirbt« inszeniert, bei der sie lustvoll mit identitätspolitischen Zuschreibungen spielte. Auch in ihrem bayerischen Plattenbaubiotop öffnet sich im Laufe der Handlung der eine oder andere doppelte Boden. Die Figuren sind oft vielschichtiger als sie auf den ersten Blick erscheinen. Oder sie sollen es wohl zumindest sein.

Joshua Kimmich trinkt Smoothies

Denn leider bekommen sie kaum Raum, diese Vielschichtigkeit auszuspielen. Die meisten Charaktere bleiben blass wie der FC-Bayern-München-Star Joshua Kimmich, der bei einem Gastauftritt als Fitnesstrainer in einer Mucki-Bude am Hasenbergl namens »Pump Up 24/7« grüne Smoothies aus Litergläsern in sich hineinschüttet und dramaturgisch sonst wenig hermacht.

Letztlich verschwindet das Ensemblespiel hinter dem raumfüllenden Greinen, Toben und Beißen von Hackl. Der Berliner Schauspieler Burghart Klaußner (zuletzt als »Brecht« im Ersten zu sehen) verkörpert ihn als bayerischen Wutbürger mit Seppelhut und Pitbullkiefer. Die Performance als körperlicher Gewaltakt: Bei seiner zwischenzeitlichen Festsetzung wird Klaußners Hackl von zwei Polizisten eine Plastik-Halskrause angelegt, so wie sie auch Hunde zum Schutz und Selbstschutz tragen müssen. Man kennt das auch aus Psychokiller-Thrillern.

Das Problem ist, dass wir nicht schlau daraus werden, was Hackl, diesen Hannibal Lecter vom Hasenbergl, eigentlich so wütend macht.

Bewertung: 5 von 10 Punkten

»Tatort: Hackl«, Sonntag, 20.15 Uhr, Das Erste

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