ARD-Sonntagskrimi Der Dortmunder »Tatort« im Schnellcheck

Zurück im alten Revier: Kommissar Faber taucht mit 300-Tage-Bart, Zechen-Slang und Joni Mitchell im Tapedeck in die Trümmer seiner Familie hinab. Der »Tatort« als bewegender Abgesang auf den Kohlenpott.
Jörg Hartmann als Kommissar im Ausnahmezustand: Faber in the making

Jörg Hartmann als Kommissar im Ausnahmezustand: Faber in the making

Foto: Thomas Kost / WDR

Das Szenario:

Zurück auf Los, Zombie! Ein knappes Jahr nach dem Tod seiner Kollegin Bönisch, die ihn zuvor in zehn Jahren gemeinsamer Arbeit langsam unter die Lebenden zurückgebracht hatte, haust der labile Kommissar Faber (Jörg Hartmann) nun wieder so, wie wir ihn kennengelernt haben: als Todesgeruch verströmender Kotzbrocken in Kotzgrün, 300-Tage-Bart inklusive. Eigentlich ist er noch immer krankgeschrieben, aber die mutmaßliche Ermordung eines Immobilienhais bringt ihn ins Dortmunder Kreuzviertel zurück, wo er aufgewachsen ist und wo noch immer sein Vater Jupp (klasse: Wolfgang Rüter) lebt. Nun muss Grubenkind Faber feststellen, dass die solidarische Welt von ehedem vor der Abwicklung steht.

Der Clou:

Dortmund im Dämmerzustand: Jörg Hartmann, selbst ein Kind des Ruhrgebiets, hat diesen verschlungenen und kunstvollen »Tatort« über das alte sterbende Revier mitgeschrieben. In alten Stollen unter der Stadt und in den Trümmern der eigenen Familie sucht er nach Spurenresten von Gemeinschaftssinn – und muss sich dabei mit der eigenen Geschichte auseinandersetzen. In den bewegendsten Momenten schaut Hartmanns Faber dabei auf Szenen der eigenen Kindheit, so wie das der alte Professor in Ingmar Bergmans »Wilde Erdbeeren« getan hat. Faber in the making.

Szene mit Andreas Schröders und Stefanie Reinsperger: Abi 85?

Szene mit Andreas Schröders und Stefanie Reinsperger: Abi 85?

Foto: Thomas Kost / WDR

Das Bild:

Kommissarin mit Dauerwelle. Um undercover in einer alten Frisierstube in Fabers Revier zu ermitteln, lässt sich Kommissarin Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) vom Coiffeur verhübschen, als ginge es zum Abschlussball vom Abi 85.

Der Dialog:

Kommissar und Kommissarin sind im Büro des vermissten Spekulanten und interviewen die Sekretärin.

Kommissar: »Hat Herr Richter Feinde?«

Sekretärin: »Na ja, wissen Sie. Mein Chef kauft Häuser. Er macht aus Mietwohnungen Eigentum. Und tja, was soll ich sagen: Des einen Freud...«

Kommissar: »... ist des anderen Leid. Das haben Sie sehr schön gesagt.«

Der Song:

»Both Sides, Now« von Joni Mitchell . Kommissar Faber lässt die alte Kassette der Folk-Etüde manisch in seinem Tapedeck im Auto laufen, bis es Bandsalat gibt. Später hören wir in einer anderen Szene die spätere Orchesterversion des Klassikers : »It's life's illusions that I recall / I really don't know life / I really don't know life at all«. Fabers Leben, kommentiert von Joni: nur Illusionen, nur falsche Bilder, nur verknotete Erinnerungsfäden im Kopf.

Die Bewertung:

9 von 10 Punkten. Das Leben, die Liebe, der Schmerz – alles nur eine Illusion? Kommissar Faber ist in diesem »Tatort« ein weiteres Mal auf dem ganz großen Selbsterfahrungstrip.

Die Analyse:

Bitte lesen Sie hier weiter!

»Tatort: Du bleibst hier«, Sonntag, 20.15 Uhr, Das Erste

Fotostrecke

Kommissar-Karussell: Alle »Tatort«-Teams im Überblick

Foto: Christine Schroeder / NDR
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Playlist
Speichern Sie Audioinhalte in Ihrer Playlist, um sie später zu hören oder offline abzuspielen. Zusätzlich können Sie Ihre Playlist über alle Geräte mit der SPIEGEL-App synchronisieren, auf denen Sie mit Ihrem Konto angemeldet sind.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren