
Borowski-"Tatort": Ermittlungen im Schlendermodus
ARD-Sonntagskrimi Der Kiel-"Tatort" im Schnellcheck
Das Szenario:
Aschenputtel in der Vorstadt: Supermarktkassiererin Peggy Stresemann (Katrin Wichmann) nascht von fremden Tellerchen, trinkt aus fremden Gläschen und posiert in fremden Kleidchen, weil sie sich vom eignen Leben gekränkt fühlt. Seit sie mitbekommen hat, dass das schicke Paar gegenüber im Lotto gewonnen hat, schleicht sie sich ins fremde Haus und kostet vom fremden Reichtum. Als überraschend der Hausherr vor der Tür steht, räumt sie ihn aus dem Weg. Kommissar Borowski (Axel Milberg) und Kollegin Sahin (Almila Bagriacik) stehen kurz darauf etwas ratlos vor der Blutlache im Schlafzimmer, lassen sich aber die Laune nicht verderben. Schließlich haben sie gerade rein zufällig einen international gesuchten Gangster überführt und dafür Glückwünsche von Scotland Yard erhalten.
Der Clou:
Die Sonne strahlt, die Schampuskorken knallen, das Blut fließt. Das Eindringen der Supermarktkassiererin ins fremde Eigentum samt tödlicher Eskalation wird in hellen Farben und mit beschwingtem Rhythmus in Szene gesetzt. Wie schon so oft bei Kieler "Tatort"-Folgen aus der Feder von Sascha Arango wird das Publikum in die Perspektive der pathologischen Täterfigur gezwungen. Und die findet eben nichts Schlimmes an ihrem mörderischen Treiben. Leider wird dieser schwierige Blickwinkel nicht konsequent durchgehalten.
Das Bild:
Peggy im Aufräumwahn: In ihrer Wut über den Reichtum zerlegt sie mit dem Rasenmäher den Flokati-Teppich und zerkleinert im Quirl die Fernbedienung. Aggression und Ekstase der Vorstadt, eingefangen in einer wunderschön verspulten Slow-Motion-Szene.

Borowski-"Tatort": Ermittlungen im Schlendermodus
Der Dialog:
Sie: "Sind Sie Junggeselle?" Er: "Mir fehlt zum Glück die Frau." Dieser minimalistische Dialog zwischen Kassiererin und Kommissar bringt sehr schön die elegante Doppeldeutigkeit auf den Punkt, die dieser "Tatort" in seinen besseren Momenten hat.
Der Song:
"Breathe" von Pink Floyd . Zu diesem entspannten Zeitlupenrock surrt am Anfang des Krimis die Kameradrohne aus dem Vorstadthimmel in Peggys Ego-Hölle.
Die Bewertung:
6 von 10 Punkten. Ein "Tatort", der einen hin- und herreißt. Einerseits gibt es etliche tolle Einfälle, andererseits ist dieser Krimi so launig inszeniert, dass der Plot auseinanderzubrechen droht. Möglicherweise erhöht ein Joint den Sehgenuss.
Die Analyse:
"Tatort: Borowski und das Glück der Anderen", Sonntag, 20.15 Uhr, ARD

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