ARD-Festtagskrimi Der Münchner »Tatort« im Schnellcheck

Miss Marple grüßt: Batic und Leitmayr nehmen an einem Krimidinner teil – und ermitteln auf einmal im alten England. Der »Tatort« als hölzernes Historienspiel mit Smoking, Zylinder und Backenbart.
Darsteller Nemec (2.v.l.) und Wachtveitl (2.v.r.): Detective Constable Ivor Partridge und Detective Chief Inspector Francis Lightmyer

Darsteller Nemec (2.v.l.) und Wachtveitl (2.v.r.): Detective Constable Ivor Partridge und Detective Chief Inspector Francis Lightmyer

Foto: Hendrik Heiden / Hendrik Heiden / BR

Das Szenario:

Agatha Christie Reloaded. Im Kaminzimmer des englischen Anwesens Middleton Beckford Hall liegt vor dem Tannenbaum tot der Butler; drumherum machen sich der junge Lord, seine überkandidelte Mutter und deren Entourage übertrieben verdächtig wie in einem Miss-Marple-Krimi. Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) erscheinen als Detective Chief Inspector Francis Lightmyer und Detective Constable Ivor Partridge am Tatort – denn die Szenerie ist die imaginierte Ausschmückung eines Krimidinners, zu dem Assistent Kalli (Ferdinand Hofer) in seine Münchner Küche geladen hat. Jeder der Dinner-Gäste spielt eine verdächtige Person und die Kommissare britische Varianten ihrer selbst. Zwischendurch bricht die Ironie und der Stunk der Gegenwart ins hölzerne Historienspiel mit Backenbart, Smoking und Hausmädchenhaube.

Der Clou:

Kostüm-Klamauk für das lädierte Feiertagspublikum? Schulaufführung für ganz Schlaue? Retro-Krimi mit zweiter Ebene? Der »Tatort«-Betriebsausflug ins England des Jahres 1922 (Buch: Robert Löhr, Regie: Jobst Christian Oetzmann) löst sich, sorry Spoiler, am Ende mit einer sehr dünnen dramaturgischen Pointe versöhnlich auf.

»Tatort«-Szene mit Verdächtigen: Hölzernes Historienspiel mit Smoking und Hausmädchenhaube

»Tatort«-Szene mit Verdächtigen: Hölzernes Historienspiel mit Smoking und Hausmädchenhaube

Foto: Hendrik Heiden / Hendrik Heiden / BR

Das Bild:

Würgen in der Weihnachtsdeko. In einer Szene zappelt das Hausmädchen mit dem Hals in der Lichterkette, die im Treppenhaus des Anwesens hängt. Sie kann gerettet werden, im Gegensatz zum Witz oder zur Spannung in diesem britisch-bayerischen Boulevardkrimi.

Der Dialog:

Batic steht während einer Rauchpause mit einer Krimidinner-Mitspielerin auf dem Balkon.

Sie: »Kennst du ›Sherlock‹, die BBC-Serie?«

Er: »Ich schau eigentlich keine Krimis, höchstens mal einen ›Tatort‹. Vielleicht ›Polizeiruf‹.«

Sie: »Jaja. Auf jeden Fall gibt es da auch eine historische Folge mit, äh, äh, Cumberbatch und Freeman, und die sehen beide haargenau aus wie ihr.«

Fotostrecke

Kommissar-Karussell: Alle »Tatort«-Teams im Überblick

Foto: Christine Schroeder / NDR

Der Song:

»Button Up Your Overcoat« von Fred Waring & The Pennsylvanians . Der Song läuft, als Batic und Leitmayr bei Kalli eintreffen und der junge Kollege mit Zylinder die Tür öffnet.

Die Bewertung:

4 von 10 Punkten. Dieser Versuch eines Meta-Miss-Marple-Krimis reißt das Publikum dann auch nicht mehr aus der wohligen Sediertheit des zweiten Weihnachtstages.

»Tatort: Mord unter Misteln«, Montag, zweiter Weihnachtstag, 20.15 Uhr, Das Erste

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