ARD-Sonntagskrimi Der Münster-»Tatort« im Schnellcheck

Der Männerhort wird durchgelüftet: Boerne und Thiel treffen auf MagicMoms und DreamDads und steigen in aktuelle Gender-Sprachdebatten ein. Der »Tatort« als drolliges Spiel mit dem Zeitgeist.
Darsteller Axel Prahl (l.) und Jan Josef Liefers: Gendertrouble!

Darsteller Axel Prahl (l.) und Jan Josef Liefers: Gendertrouble!

Foto: WDR

Das Szenerio:

Männerdämmerung in Münster. Nach dem Mord an einer YouTuberin namens MagicMom werden Boerne (Jan Josef Liefers) und Thiel (Axel Prahl) nicht nur mit Internetphänomenen wie Momfluencerinnen und Manfluencern konfrontiert, sie treten zudem beherzt in gendersprachliche Fettnäpfchen. Staatsanwältin Klemm (Mechthild Großmann) faltet die beiden bei Andeutung sexistischer Witze zusammen, und Kollegin Haller (Christine Urspruch) will sich zur »Sensibilitätsbeauftragten« wählen lassen.

Der Clou:

Und sie bewegen sich doch! Münster galt ja immer als eine Art Männerhort unter den »Tatort«-Revieren, wo die älteren Boys an allen Geboten der politischen Korrektheit vorbei ihre Zoten raushauen durften. Im Clash mit dem Zeitgeist kommt es nun zu einigen interessanten, gar nicht so unsubtilen Verschiebungen. Am Ende gendert gar einer der Kommissare, Glottisschlag inklusive.

Thiel Senior (Claus D. Clausnitzer, l.) mit Thiel Junior (Axel Prahl): »Du, ich sag dir was: Das Internet, das ist die Zukunft!«

Thiel Senior (Claus D. Clausnitzer, l.) mit Thiel Junior (Axel Prahl): »Du, ich sag dir was: Das Internet, das ist die Zukunft!«

Foto: WDR

Das Bild:

E-Bike gegen Damenradschleuder. Im Laufe dieses Thrillers um MagicMoms und DreamDads wird einer dieser Dads, die ihre Kids auf Elektrofahrrad und mit rot geflaggtem Kinderanhänger in die Kita eskortieren, von dem ebenfalls radelnden Kommissar Thiel verfolgt. Natürlich verliert die E-Mobilität gegen Thiels klappriges Damenrad.

Der Dialog:

Staatsanwältin Klemm, Thiel Junior und Thiel Senior im Biergarten. Vadder Thiel pitcht eine grandiose Geschäftsidee.

Thiel Senior: »Du, ich sag dir was: Das Internet, das ist die Zukunft!«

Klemm: »Ach was?«

Thiel Junior: »Mit dem Spruch kommst du leider 30 Jahre zu spät.«

Thiel Senior: »Nicht in meinem Business. Die machen das doch jetzt erst legal, das Gras. Und da dacht ich mir, ich mach so’n Shop auf. Für mein Premium-Gras. Direkt vom Grower. Super-Bio, verstehste?«

Thiel Junior: »Ja, ich bin ja nicht blöd. Aber du und Onlineshop? Du kannst dir doch noch nicht mal online selbst ’ne Pizza bestellen!«

Thiel Senior: »Wenn ich das nicht mache, ich sag dir, da kommt da so ein McDope und besetzt den ganzen Markt. Das sag ich dir, das geht nicht.«

Die Musik:

Für Musiklizenzen wurde diesmal wohl nicht viel bezahlt. Mehrmals tritt auf dem Marktplatz ein Alleinunterhalter mit Keyboard auf, der selbst gedichtetes Schlagergut singt, während ihn die Passanten geflissentlich ignorieren: »Die Sonne scheint auf Grand Canaria, / der Himmel lacht über Maspalomas. / Deine Augen strahlen hell wie ein Diamant.« Verstörend: Der grau melierte und bebrillte Alleinunterhalter hat frappierende Ähnlichkeit mit dem ehemaligen WDR-Fernsehspielchef Gebhard Henke. Der hatte den Münster- »Tatort« mitentwickelt, musste den Sender aber verlassen, nachdem ihm sexuelle Übergriffe vorgeworfen worden waren  (die er selbst dementierte).

Die Bewertung:

6 von 10 Punkten. Gendertrouble mit den Münster-Boys? Schon irgendwie drollig.

Die Analyse:

Lesen Sie bitte hier weiter!

»Tatort: MagicMom«, Sonntag, 20.15 Uhr, Das Erste

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