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Saar-"Tatort": Jung gegen alt

Foto: SR/ Manuela Meyer

"Tatort"-Desaster von der Saar Mutter dreht durch - völlig zu Recht

Zwischen Pennälerstreich und Pädagogenhandbuch: Dieser Krimi über freche Jungs und überforderte Väter ist ein weiterer Tiefpunkt in der Geschichte des Saar-"Tatorts".

Eine tolle Szene gibt es in diesem "Tatort" dann doch: Die Mutter tritt mit dem Jagdgewehr vor die Tür und zielt auf das Motorrad ihres Jungen. Treffer, das Motorrad steht in Flammen. Der Vater guckt zerknautscht zu und barmt in ebenso zerknautschtem Saarländisch: "Renadeh, das ist unverhältnismäßich."

Nein, das war verhältnismäßig. Schön wäre es gewesen, wenn eine solche Mutterfigur auch auf das Drehbuch des Saar-"Tatorts" geguckt hätte und notfalls rabiat eingeschritten wäre. Es geht um schwierige Vater-Sohn-Beziehungen, da hätte der weibliche Blick nicht geschadet.

So aber wälzt sich dieser "Tatort" in süffigen Männerklischees. Breitbeinige, aber überforderte Vaterfiguren, liebe, aber orientierungslose Jungs, das kann nach Logik dieses, sagen wir ruhig: Pro-Familia-Krimis nur zu gefährlich entfesselten Lausbubenstreichen führen. Schweineschwänzchen im Anus inklusive.

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Saar-"Tatort": Jung gegen alt

Foto: SR/ Manuela Meyer

Der im Schlachterabfall eingesammelte Ringelschwanz wird gleich am Anfang ins Hinterteil einer Lehrerleiche gesteckt. Zu Lebzeiten war dieser Lehrer bei seinen Schülern nicht sehr beliebt, als ehemaliger Tour-de-France-Radler erwartete er auch von ihnen Hochleistungen, jetzt liegt der Lehrer für Ernährungs- und Lebensmittelkunde dahingerafft im Leichenkeller - und erhält dort Besuch von zwei Jungs und seinem Stiefsohn, die sich für die Erniedrigungen des Schinders bedanken wollen. Angetrunken machen sie entwürdigende Bilder vom Toten. Einer der Jungs hat zu viel Wodka intus, man findet ihn am nächsten Morgen erfroren in der Kühlkammer.

Dysfunktionale Vater-Sohn-Beziehungen, wohin man guckt

Mit den Untersuchungen zu dem Fall wird Kommissar Jens Stellbrink (Devid Striesow) beauftragt, der im Moment selber mit seinem eigenen Jungen zu kämpfen hat. Seit langer Zeit hat er ihn nicht mehr gesehen, jetzt pennt da auf einmal ein Erwachsener auf seiner Couch, wie redet man mit so einem?

Bei seinen Recherchen lernt der Ermittler nicht viel dazu. Wo er hinguckt: dysfunktionale Vater-Sohn-Beziehungen. Als Ersatzerzieher bietet sich ein Spitzenkoch an, bei dem einer der drei Leichenkellerjungs in die Lehre geht. Der Spitzenkoch war früher selbst ein ziemlicher Hallodri, seinem Lehrling kommt er deshalb auf die verständnisvolle Tour: "Das Leben ist keine Tour de France. Leistung ja, aber auf der Basis von Vertrauen und Toleranz."

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Foto: Christine Schroeder / NDR

So zieht sich der Krimi (Buch: Michael Vershinin, Buch und Regie: Zoltan Spirandelli) vom Pennälerstreich zur Pädagogenermahnung, ohne dass man so recht weiß, wo er eigentlich genau hin will. Aber das ist ja ein generelles Problem des Saar-"Tatorts", in dem mit Devid Striesow einer der besten deutschen Schauspieler im Niemandsland zwischen albern und abgründig, zwischen Comedy und Küchenpsychologie herumirrt. Die dramaturgische Richtung bleibt unklar, der Tonfall wechselt erratisch, hier mehr als in allen Saar-Folgen zuvor. Kaum verwunderlich deshalb: Die Männerbilder in diesem Männer-"Tatort" sind diffus.

Und die Frauenbilder desaströs. Schon seit Anbeginn sind sich die Verantwortlichen offensichtlich nicht ganz einig darüber, welche Rolle eigentlich Kommissarin Lisa Marx (Elisabeth Brück) an der Seite von Kommissar Jens Stellbrink spielen soll; in dieser Episode nun bekommt sie eine besonders erniedrigende zugewiesen.

Bei einem Blind Date trifft sich Stellbrink in einer Biker-Bar mit einer Braut, die als Erkennungszeichen ein T-Shirt mit der Aufschrift "Beer makes me horny" trägt. Die Fremde entpuppt sich als Kollegin Marx - die Stellbrink dann noch schnell an einen Biker am Tresen vermittelt bekommt. Erstaunlich: Bei der Ermittlerarbeit sehen wir Marx in diesem "Tatort" fast gar nicht, dafür darf sie sich mit ihrem Bier-macht-mich-geil-Shirt am Tresen rumreichen lassen.

Mag sein, dass so was im Saarland als starker weiblicher Part durchgeht. Wir halten uns dann doch eher an die Mutter mit dem Jagdgewehr. Renadeh, übernehmen Sie.

Bewertung: 1 von 10 Punkten

"Tatort: Söhne und Väter", Sonntag, 20.15 Uhr, ARD

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