
Nachwuchs bei den "Teletubbies" Es ist ein Umpie-Pumpie
Wenn das nicht Pop ist: Knallfarben. Einfache Symbole. Retro-psychedelisches Umfeld. Sinnentleerte Repetition. Dazu meist kritisch-negative Rezeptionen, die vor dem Untergang des Abendlandes warnten. Die britischen Teletubbies, die vor 20 Jahren über das Kinderprogramm erst die angepeilten Dreikäsehochs und dann vor allem bekiffte Studenten-WGs überzeugten, sind längst popkulturelle Ikonen.
Sie stehen als Spielplatzdeko auf Raststätten, sind als Papiermasken und Ganzkörper-Fursuit auch im Furry-und Fetisch-Bereich unterwegs, haben das erste schwule Role Model in ihren Reihen (Tinky Winky mit Dreiecks-Antenne auf dem Kopf und Damen-"Tote Bag" in der Hand), und symbolisieren eine Zeit, in der das lineare Fernsehen alive and kicking war. Derart lebendig, dass manche Eltern und Pädagogen ihrem Nachwuchs die permanent kichernden und kuschelnden Furries prophylaktisch verboten - man sorgte sich um dessen auf "Ah-oh!" und "Teletubbies Schmusen!" reduzierte Sprachentwicklung und befürchtete hausgemachte Debilität anstatt frühkindlicher Bildung.
Jetzt mit zwei Generationen
Seit 2015 drehen die originalen Teletubbies-Schöpfer der britischen Fernsehproduktionsfirma Ragdoll Productions nach einer 13-jährigen kreativen Tubbypause im Auftrag der BBC neue Folgen, die ab heute im Kika zu sehen sind: Die vier Protagonisten Tinky Winky (lila), Dipsy (grün mit gerader Antenne), Laa-Laa (gelb, weiblich, Ringelantenne) und Po (rot mit Seifenblasenringantenne) haben andere Stimmen bekommen, was nur sehr eingefleischten Fans auffallen dürfte.
Zudem jedoch, man möchte eigentlich lieber nicht wissen wie, haben sie sich vermehrt: Die noch kleineren, noch großäugigeren und noch absurderen "Tiddlytubbys" krabbeln, brabbeln und giggeln in der fünften Episode der neuen Staffel erstmals durch ein mit kreischbuntem Spielzeug vollgestopftes Krabbelkindparadies, das sich irgendwo im "Tubbytronic Superdome", dem architektonisch an die Hobbithöhle angelehnten Wohn-Grashügel der Viecher befindet.
"Daa-Daa" (giftgrün, männlich), "Umpie-Pumpie" (gelb, weiblich), "Ba" (blau, männlich) und "Ping" (weiblich mit Rosa Dreiecks-Antenne) sind - im Gegensatz zu den Älteren, die von Schauspielern in Kostümen interpretiert werden - komplett animiert, und erinnern äußerlich an die einst vom Teufel persönlich kreierten Monchichis.
Dass die Haupt-Tubbies allein durch die Existenz ihres Nachwuchses nun allerdings eindeutig Erwachsenenland betreten haben, lässt den delikaten Kinderspaß weiter in die Ecke mit den psychedelischen Drogen abdriften: Während Ernie und Bert als schwule Langzeitbeziehung vor allem durch Berts recht erwachsene Interessen (Taubenbücher, Numerologie mit der Zahl "Sechs") realistisch und seriös wirkten, muss sich die infantil agierende Tubby-WG, deren Mitglieder immerhin gemeinsame Kinder beaufsichtigen, vor Jahren auf einem Psytrance-Rave kennengelernt und seitdem permanent getrippt haben. Anders lässt sich das durchgehend groteske Verhalten der Tubby-Grown-ups kaum erklären. Jedweder Situation wird mit Kichern, "Ah-Oh!"s, Umarmen und unmotiviertem Hinterngewackel begegnet. Und dass die Erwachsenen - "Nochmal! Nochmal!" - meistens eine Wiederholung eines Films zu brauchen scheinen, um ihn zu verstehen, impliziert doch eher eingeschränkte Wahrnehmungsfähigkeiten.
Das kleinere Übel
Neben den neuen Tiddlys und damit den neuen Herausforderungen hat sich im Teletubbieland so nicht wirklich etwas verändert - noch immer lacht das All-Seeing-Sonnenbaby, knarzen die Orwellschen Retro-Lautsprecher die Tagesthemen heraus, und werden die jeweiligen Geschichten auf die flauschigen Tubby-Bäuche projiziert. Allein die Außenwelt ist eine andere geworden. Kaum vorstellbar, dass sich gegen die Sendung im Jahr 2017 ähnlicher Protest wie 1997 regen könnte.

Denn was damals in vielen bildungsbürgerlichen Haushalten der Feind war, morphte längst zum liebgewonnenes Relikt aus der guten alten Zeit, in der das Fernsehen durch seine zeitgebundene Linearität noch tatsächlich Menschen, gar Familien zusammenbrachte: Wer heute sein Kind ausreichend bilden und von schädlichen Ballerspieleinflüssen fernhalten will, der setzt es beizeiten vor das FSF-kontrollierte und inhaltlich mit vielfältigem pädagogischem Inhalt aufgepeppte öffentlich-rechtliche Kinderfernsehen. Da weiß man wenigstens, was man hat, und wie lange es geht.
Vor allem die Generation der heute 30-jährigen Eltern, die der digitalen Revolution erst im Schulalter begegneten, werden (wie alle Eltern) die eigene Kindheit als Vorbild nehmen - und könnten sich deshalb gar über die Alternative zur frühkindlichen Tablet-Smartphone-iPad-Sucht freuen. Dass sie damit eventuell nur das kleinere Übel gewählt haben, und den gruseligen Teletubbies-Begrüßungs-Ohrwurm ("Teletubbies, Teletubbies, sagen - HALLO!!!!") für Jahrzehnte nicht mehr aus dem Gehörgang gepult bekommen - das werden sie schon noch merken.
"Teletubbies", ab dem 10. April täglich um 18:40 Uhr auf dem KiKa