
"The Last Ship": Die Russen kommen!
Paranoia trifft Patriotismus: In der Endzeitserie "The Last Ship" von "Transformers"-Regisseur Michael Bay kreuzt ein Kriegsschiff durch eine verseuchte Welt und hält US-Werte aufrecht. Endlich wieder Weltpolizei - die amerikanische Rechte darf jubilieren.
Da treibt sie nun auf dem Meer dahin, die letzte Scholle der Freiheit und der Demokratie. Über den Globus ist eine Pandemie hereingebrochen, 80 Prozent der Weltbevölkerung sind dahingerafft, die US-Regierung ist nicht mehr existent. Die Verteidigung der amerikanischen Werte und Weltordnung liegt jetzt allein bei der Besatzung des Zerstörers "U.S.S. Nathan James", die durch eine viermonatige Geheimmission in der Arktis von dem Virus verschont geblieben ist.
Das ist die Ausgangsposition für die Action-Serie "The Last Ship", die am Sonntag in den USA auf TNT Premiere feierte und im deutschsprachigen Raum ab dem 15. Juli bei TNT Serie zu sehen ist. Die "Nathan James" irrt in diesem Katastrophenspektakel als Arche Noah einer pluralistischen Gesellschaft über die Weltmeere. Unter dem Kommando des strengen, aber gerechten Kapitäns Tom Chandler (Eric Dane) arbeiten Männer und Frauen, Schwarze und Weiße, ja sogar Heterosexuelle und Homosexuelle Hand in Hand. So sieht es aus, das Militär mit modernem Antlitz.
Weltuntergangsparanoia trifft Patriotismus
Gedreht wurde "The Last Ship" mit großzügiger Unterstützung der U.S. Navy. Ein Großteil der Außenaufnahmen ist auf einem realen Zerstörer entstanden, der in Betrieb der US-Verteidigungskräfte ist. Ein Umstand, der auf die positive Darstellung des Militärs in der Serie ausgestrahlt haben könnte. Sagen wir mal so: Mit den schnittigen Bildern, die von Kampfbereitschaft und Aufopferungswillen zeugen, könnte "The Last Ship" auch gut als Werbevideo der U.S. Navy durchgehen.
Und werden die Soldatinnen und Soldaten dann doch mal von Zweifeln und Ängsten geplagt, trifft man sich auf dem Vorderdeck zum gemeinsamen Beten. Hat man Opfer zu beklagen, schmeißt sich die Crew in strahlend weiße Paradeuniformen und versammelt sich auf dem Hinterdeck, um von den Kameraden und Kameradinnen Abschied zu nehmen. Der Glaube an die Gemeinschaft ist unerschütterlich, die Hoffnung auf Weltenrettung ebenso.
Das fällt umso mehr auf, als die Männer und Frauen der "Nathan James", diese Posterboys und -girls einer zivilisierten Streitmacht, in der dritten Folge auf einen versprengten, mit Atomwaffen ausgestatteten Zerstörer der Russen treffen. Die rauchen und saufen, radieren aus einer Laune heraus mit ihren Raketen Frankreich aus und meucheln sich, gottlos wie sie nun mal sind, auch schon mal untereinander. Musterdemokraten versus Barbaren - mitten im Endzeitszenario ist auf einmal der Kalte Krieg zurück.

Von "Game of Thrones" bis zur obskuren Sitcom, von "House of Cards" bis zum skandinavischen Noir-Krimi - in unserem Blog beleuchten wir sämtliche Phänomene der internationalen Serienlandschaft.
Produziert wurde "The Last Ship" von Michael Bay, zuletzt mit den drei Teilen seiner Bastler- und Schrauber-Orgie "Transformers" im Kino, bei denen er auch Regie geführt hat. Bay ist Spezialist für entfesselte Materialschlachten im Digi-Look. Bekannt wurde er mit dem apokalyptischen Spektakel "Armageddon" (1998), in dem ein paar aufrechte Typen einen auf die Welt zuschnellenden Meteoriten in die Luft sprengen und damit die Menschheit retten, sowie der Weltkriegsschmonzette "Pearl Harbor" (2001), ein einziges Schmachten und Schlachten, in dem jeder Kuss vaterländisch aufgeheizt war. "The Last Ship" kommt nun, auch wenn das Budget bescheidener war als bei den Kinoproduktionen, als Mischung aus "Armageddon" und "Pearl Harbor" daher. Weltuntergangsparanoia trifft Patriotismus.
Wissenschaftlich bleibt, wie schon bei Bays Meteoriten-Clash, vieles im Unklaren. An Bord der "U.S.S. Nathan James" ist auch eine wunderschöne Paläomikrobiologin (Rhona Mitra), die andauernd irgendwelche Flüssigkeiten zusammenschüttet und einfriert. Könnte sein, dass die Dame in ihrem Minilabor im Laufe der Serie den Impfstoff entwickelt, mit der die Weltbevölkerung gerettet wird. Bis dahin stolpern die Soldaten und Soldatinnen in ihren Sicherheitsanzügen aber noch über einen ganzen Haufen pittoresk entstellter Pandemie-Opfer.
So auch in der zweiten Folge, in der der Zerstörer Guantanamo ansteuert, wo sich die letzten einsitzenden Taliban befreit haben. Die Männer und Frauen des US-Zerstörers stellen hier schnell die Ordnung wieder her und machen den Islamisten den Garaus. Zwischenzeitlich wird überlegt, ob man mit den Feinden der amerikanischen Demokratie ein offenes Wort sprechen sollte. Captain Chandler stellt klar: "Wir verhandeln nicht mit Terroristen."
Ein Satz, der in die aktuelle Debatte über den US-Soldaten Bowe Bergdahl knallt, der gegen fünf Guantanamo-Häftlinge ausgetauscht worden war, was bei den Republikanern für Empörung gesorgt hat. Erstaunlich, mit welchen aktuellen Referenzen dieser Endzeitbumms aufgeladen ist - und wie sie als Argumente für eine neue US-Weltpolizei interpretiert werden. Die Falken im Pentagon werden "The Last Ship" lieben.
"The Last Ship", ab 15. Juli, dienstags, 21.00 Uhr TNT Serie. Ab Montag sind die zehn Folgen der ersten Staffel bei Sky Go und Sky Anytime verfügbar.