
TV-Serie "Nashville": Kampf um den Country-Thron
TV-Serie "Nashville" Smashhit mit Herz
Karrieregeiles junges Popsternchen trifft auf alternde Countrysängerin - da steckt ein Song drin, würde man in Nashville wohl sagen. Callie Khouri hat ihn mit der gleichnamigen Fernsehserie von ABC geschrieben. Was ein eingängiges Stück um zwei buhlende Frauen hätte werden können, wurde unter Khouris Ägide eine Ballade um das Herz der amerikanischen Musiklandschaft und die Menschen, die es prägen. Denn Nashville, sagt Callie Khouri, "ist viel mehr als Honky Tonk und Cowboystiefel".
"Sei nett", mahnt der Agent des Teenie-Stars Juliette Barnes (Hayden Panettiere, "Heroes") noch, als er sie in der Auftaktfolge von "Nashville" der Country-Königin Rayna Jaymes (Connie Britton, "American Horror Story") vorstellt. Aber daraus wird nichts. "Meine Mama", sagt Juliette beim Händeschütteln, "war ein großer Fan von Ihnen. Sie hat mir oft gesagt, dass sie Ihre Songs hörte, als sie mit mir schwanger war." Rayna neigt nur leicht den Kopf und lächelt. "Well, bless your little heart", sagt sie - was in den amerikanischen Südstaaten, je nach Tonfall, ebenso "dankeschön" bedeuten kann wie "fuck you".
Damit ist die Bühne bereitet für ein großes, aber gut geerdetes Drama um Karrieren und Loyalitäten, um Macht und Liebe und vor allem um Musik, in der all diese widerstreitenden Emotionen ihre Kulmination finden. "Nashville" weist nicht wenige Parallelen zu Robert Altmans großem Kinofilm von 1975 auf, die Serie besticht mit Glamour-Look, guter Musik, komplexen Figuren und großen Konflikten. Auch "Country Strong" (2011) mit Gwyneth Paltrow beschäftigte sich bereits mit den Problemen einer abgestiegenen Nashville-Diva.
Die Konfrontation zwischen der alternden Queen und der aufstrebenden Prinzessin bleibt in "Nashville" klugerweise nur ein Aspekt unter vielen. "An catfights hatte ich, ehrlich gesagt, kein Interesse", sagt Callie Khouri, 55, am Telefon. "Ich wollte die Konflikte aus authentischen Quellen schöpfen, anstatt den merkwürdigen Mythos der Stutenbissigkeit zu propagieren." Wie man Frauenbeziehungen anders erzählt, hat sie nicht zuletzt mit ihrem Drehbuch zu "Thelma und Louise" gezeigt, für das sie 1992 mit dem Oscar ausgezeichnet wurde.
Abstieg vom Musikthron

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Rayna Jaymes muss nach zwei Jahrzehnten dem Ende ihrer Regentschaft in Nashville ins Auge blicken: Ihre Plattenverkäufe sinken, die Tickets für ihre neue Tour verkaufen sich nur schleppend, und ihrer Plattenfirma steht ein neuer Boss vor. Der legt ihr nahe, sich ein jüngeres Publikum zu erschließen, am besten auf einer gemeinsamen Tournee mit Juliette Barnes. Nein danke, sagt Rayna - aber ihr Bewegungsspielraum ist eingeschränkt: Raynas Ehemann Teddy (Eric Close als unglücklicher Mr. Rayna Jaymes) hat mit seinem jüngsten Geschäftsdeal die Familienersparnisse aufs Spiel gesetzt. Unterdessen treibt Juliette, ein zickiges Energiebündel, ihre Karrierechancen aggressiv voran: Sie versucht, Rayna ihren langjährigen musikalischen Partner und einstigen Lover Deacon Clayborne (Charles Esten) auszuspannen.
Sie habe mit diesen Figuren die wahre Welt von Nashville möglichst authentisch porträtieren wollen, sagt Khouri. Sie hat zwischen 1979 und 1981 selbst vier Jahre in der Musikmetropole in Tennessee verbracht. Damals kellnerte sie in den Cafés und Bars und fragte sich, wie viel Talent sie wohl selber habe, bevor sie nach Los Angeles zog und Drehbücher schrieb.
Lebenserfahrung im Gesicht
Seit "Thelma und Louise" hat Khouri vier weitere Filme gemacht und zwei davon auch inszeniert, aber "nachdem ich Filme mit zwei, drei und zwölf Frauen gemacht hatte, hatte ich meinen Teil zum Thema gesagt. Ich wollte eigentlich keine weiteren Frauenfilme drehen." Doch als ihre Agentur ihr vorschlug, eine Fernsehserie über Nashville zu pitchen, entwarf sie eine Geschichte über Frauen in der Musikindustrie. "Das ist, was ich kenne, was mich interessiert, in vielerlei Hinsicht ist es mein Leben."
Khouri spielt zwar selbst kein Instrument und singt nicht, aber sie liebt Musik und kennt sie - nicht zuletzt, weil sie mit dem Musiker und Produzenten T-Bone Burnett verheiratet ist, der die vielbeachtete Musik der Serie produziert. Mehr als 700.000 iTunes-Downloads verzeichneten die "Nashville"-Songs - sämtlich Originale - bereits in den ersten zwei Wochen nach dem US-Start im vergangenen Oktober, der Soundtrack der ersten Staffel wurde zum Hit. Das ist nicht zuletzt angesichts der nur durchschnittlichen Einschaltquoten eine lukrative Strategie, die auch andere musikalisch verortete Serien wie "Smash", "Treme" und "Glee" verfolgen.
Die Schauspieler singen ihre Stücke selbst, und es ist schade, dass Connie Britton über eine der schwächeren Stimmen des Ensembles verfügt. Aber Britton, sagt Khouri, sei für sie die einzig denkbare Besetzung der Rayna Jaymes gewesen. "Ohne sie hätte ich die Serie nicht gemacht", sagt sie. "Sie ist eine so ehrliche Schauspielerin, und sie trägt ihre Lebenserfahrung im Gesicht." Britton spielt die schwierige Rolle einer Vierzigjährigen, die zu alt für das Entertainment-Business wird, mit reifer Würde und Zurückhaltung.
Khouri ist froh, dass das Fernsehen solchen Frauenfiguren ein Forum bietet, wo sich das Kino doch weitgehend von ihnen abgewandt hat. "Filme mit weiblichen Protagonisten sind ja heute fast undenkbar, sofern sie sich nicht an ein sehr junges Publikum wenden", sagt sie. Leider habe sich in dieser Hinsicht seit den frühen Neunzigern wenig zum Besseren gewandelt. "Der Anteil von Frauen im Film- und Fernsehgeschäft ist weiter lächerlich niedrig, und ich fordere uns alle zum Nachdenken darüber auf, warum das so ist." Vielleicht steckt ja auch da ein Song drin.
"Nashville" ist in Deutschland ab dem 26. Februar auf dem Pay-TV-Kanal Fox zu sehen.