US-Serie "Good Wife" Von Hillary lernen heißt siegen lernen

Was die Clinton kann, kann Alicia schon lange: Nachdem ihr Mann in einem Sexskandal entlarvt worden ist, macht die Staatsanwaltsgattin endlich selbst Karriere. Die jetzt im deutschen TV anlaufende US-Serie "Good Wife" zeigt, wie viel Schwung Frauen ab 40 ins Fernsehen bringen können.
Julianna Margulies als " Good Wife" Alicia an der Seite des untreuen Peter (Chris Noth)

Julianna Margulies als " Good Wife" Alicia an der Seite des untreuen Peter (Chris Noth)

Foto: AP / CBS

Die Sache mit dem Zehenlutschen, die vergibt man nicht. Immer wieder beteuert ihr Mann im Gefängnis seine Unschuld und heckt Strategien aus, wie er es seinen politischen Feinden, die ihn in diese Lage gebracht haben, zeigen werde. Bald sei alles wie früher, schwört er seiner Frau. Doch die bleibt reserviert. Was interessieren sie die Korruptionsvorwürfe gegen ihren Mann, wenn der sich eines aus ihrer Sicht viel schwereren Vergehens schuldig gemacht hat: Auf einem Video, das im Netz kursiert und auch auf den Rechnern der Kinder gelandet ist, leckt er genüsslich einer Prostituierten die Füße.

Da kann der in Haft sitzende Chicagoer Oberstaatsanwalt Peter Florrick ("Mr. Big" Chris Noth aus "Sex And The City") noch so sehr sein souveränes Juristenlächeln aufsetzen - seine Ehefrau Alicia (Julianna Margulies) kriegt er so nicht rum. Von ihr aus kann er auf ewig im Knast schmoren, sie kehrt auf jeden Fall nach 13 Jahren als "gute Ehefrau" in ihren Beruf als Anwältin zurück.

Die Serie "Good Wife" fängt da an, wo die meisten großen Polit-Skandale der vergangenen Jahre aufgehört haben: Mit der Stille nach dem Blitzlichtgewitter. Der gefallene Politiker hat vor der Presse seine Erklärung abgeben, die Gattin stand eisern an seiner Seite, jetzt folgt die familiäre Restrukturierung. Fälle dieser Art wurden in den USA in den letzten Jahren gleich in Reihe an die Öffentlichkeit gebracht, das Schicksal der betrogenen Ehefrauen blieb meist unbeleuchtet. Aber was macht man denn nun, wenn man gemeinsam mit dem Rest der Fernsehnation die ungeahnten Sexualpraktiken seines Lebensgefährten vorgeführt bekommen hat?

Die außereheliche Affäre des ehemaligen Präsidentschaftskandidaten John Edwards schwingt in der gedrosselt voyeuristischen CBS-Serie ebenso mit wie die des ehemaligen New Yorker Gouverneurs Elliot Spitzer, der gleich mit einem ganzen Callgirl-Ring verbandelt war. Und natürlich werden auch Parallelen zu Bill Clinton und seiner Praktikantinnen-Staatsaffäre deutlich. Als Alicia Florrick ihren ersten Tag in der neuen Anwaltskanzlei hat, zeigt ihre Vorgesetzte auf ein Foto von Hillary Clinton und sagt: "Wenn sie es geschafft hat, können Sie es auch!"

Die Schwiegermutter wird zur Verbündeten

Es ist das Prinzip Hillary, das hier als trivialpsychologische Grundlage der Erzählung dient: Die Schwäche des Mannes wird rigoros anerkannt - und in eigene Stärke verwandelt. Wobei diese Serie durchaus Raum für Zwischentöne lässt; die Heldin in "Good Wife" muss sich zum Beispiel in ihrer Weltwahrnehmung immer wieder selbst revidieren. Ausgerechnet die schreckliche Schwiegermutter, die auf ihrem Handy mit dem Streicherstakkato aus "Psycho" angekündigt wird, entwickelt sich zu einer wichtigen Verbündeten beim Wiedereinstieg ins Arbeitsleben.

Hauptdarstellerin Julianna Margulies, einst "Emergency Room"-Star und unlängst als "Good Wife" mit dem Golden Globe ausgezeichnet, spielt das Stehauffrauchen mit einem guten Gespür für die mal mehr, mal weniger erfreulichen Selbsterkenntnisse, die die zweite Hälfte des Lebens bereit hält. So ergänzt "Good Wife" bestens all die schon länger kursierenden Serien mit ihren verzweifelten Hausfrauen und drogenverkaufenden Alleinerziehenden.

Die Frau ab 40 mit ihren mannigfachen Entwicklungsmöglichkeiten scheint wie geschaffen zu sein für das Prinzip der Serie, wo immer wieder neue Facetten an den Hauptfiguren aufscheinen dürfen - so viele unerfüllte Sehnsüchte, so viele potentielle Abenteuer.

Am plakativsten wird das wohl bei einer Fernsehproduktionen ausgeleuchtet, die in den USA zeitgleich mit "Good Wife" startete: "Cougar Town". Ein "Cougar" ist eine ältere Frau, die einen jüngeren Mann vernascht. Hier ist das die ehemalige "Friends"-Neurotikerin Courteney Cox, die - dem derben Humor der Serie angemessen verkürzt gesagt - mit Faltencreme und Fellatio gegen altersbedingte Selbstzweifel vorgeht. In einer in den USA viel diskutierten Szene muss der minderjährige Sohn mit ansehen, wie seine Mutter am Swimmingpool des Eigenheims Oralsex hat.

Bei "Good Wife" sind die Emanzipationsmaßnahmen vom Status des hörigen Weibes weniger körperfixiert. In der Juristinnenserie, deren kriminalistische Plots arg überschaubar sind, geht es vor allem um die Selbstbehauptungsmaßnahmen in der Arbeitswelt. In der ersten Folge muss die Fourtysomething-Heldin gegen einen ehrgeizigen College-Absolventen antreten, der mit ihr um denselben Job buhlt. Da verbreitet die Serie wenig Illusionen in Sachen Gleichberechtigung: Was der Knirps an Gehabe an den Tag legt, muss die Späteinsteigerin durch pure Arbeit wettmachen.


"Good Wife - Die Frau des Staatsanwalts", 22.10 Uhr, ProSieben.

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