»Wer stiehlt mir die Show?« bei ProSieben Ein Betzenberg-Altar für den stets Bemützten

FCK-Fan Forster mit DFB-Pokal von 1996: Liebevolle Detailvernarrtheit
Foto: ProSieben / Florida TV / Anna Thut / dpaDieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Ein ulkiger Nebeneffekt dieser Show ist es, dass sie einen beim Zuschauen nach und nach immer weicher und generöser macht. Man muss nämlich nur ein, zwei, drei geklaute Showabende erlebt haben, Bastian Pastewkas leichthändige Altshowmelange, Shirin Davids souveräner Dickhosenevent oder nun eben Mark Forsters begehbaren Betzenberg-Altar, und schon wünscht man von Herzen (wirklich fast) jedem Menschen, er möge einmal die Chance bekommen, einen derart auf sich und seine Leidenschaften zugeschnittenen TV-Abend zelebrieren zu dürfen.
Weil »Wer stiehlt mir die Show?« eben eine großartige, recht aufwendig zuzubereitende, erwachsene Alternative zur Motto-Geburtstagstorte für Kinder ist, die je nach aktueller Interessenlage unter größerem Marzipan- und Fondantaufwand ja mal als Piratenszene, mal als Ponyhof gestaltet werden kann, und Mark hat sich eben eine feiste Fußballtorte gewünscht, und die hat er auch bekommen.
Vergangene Woche hatte der stets Bemützte dem regulären Showinhaber Joko Winterscheidt gleich zum Staffelauftakt für einen Abend das Format gestohlen und erfüllte sich nun, so seine Anmoderation, einen Herzenswunsch: Wenn ihm als gebürtigem Pfälzer und großem Fan des Fußball-Drittligisten 1. FC Kaiserslautern wohl in diesem Leben nicht mehr beschieden sein würde, als Spieler für diesen Verein aufzulaufen, wolle er diese Erfahrung nun zumindest bestmöglich simulieren.
Pfälzer Funzelfahrt voller Hingabe
Forster fuhr also im FCK-Fanbus am Studio vor, betrat mit Fahnen-Cape und rotem Otto-Rehhagel-Gedächtnisjogger im roten Bengalo-Schein seine Bühne, sang dazu »You’ll never walk alone«, wobei als Deko der echte DFB-Pokal von 1996 auf dem Piano stand, ließ das Ganze (und die restliche Show) von Tom Bartels kommentieren – und man musste selbst kein Mark-Forster-Fan sein, um sich von dieser glaubhaften Hingabe, der Detailvernarrtheit und in jedem Moment spürbaren Liebe zum lohnenden Aufwand aufrichtig rühren zu lassen. Vielleicht freut man sich in solchen Momenten in Wahrheit auch darüber, dass Fernsehen das bei aller persönlicher und gesamtweltlicher Vergorenheit immer noch mit einem anstellen kann, wenn es gut gemacht ist.
Die hohe Kunst hinter »Wer stiehlt mir die Show?« zeigt sich dann nämlich auch darin, dass das Fußballmotiv zwar als roter Faden bestehen bleibt, aber nicht zu Tode georgelt wird. Auch das ist eine der Stärken der Show: das Wissen um die Einmaligkeit, die Unwiederholbarkeit solcher Einfälle.
Dafür wird eine Raterunde dann herrlich unnötig nach draußen auf einen von einem Traktor gezogenen Planwagen verlegt, um eine sogenannte Pfälzer Funzelfahrt durch die Weinberge zu simulieren. Forster singt auf dem zackigen Weg zum Wagen das schöne Lied »En echte Pälzer raacht ken Hasch« des Volkssängers Kurt Dehn, und man wünscht sich von ihm überraschenderweise nun wirklich dringend eine Cover-EP mit weiteren Gassenhauern dieses Künstlers, bevorzugt »Do wert die Wuzz geschlacht« und »Im Himmel is ken Worschtmarkt mehr«.
Bitte eine Showtorte für Anke Engelke!
Bei der pfalzlastigen Quizrunde rührte dann vor allem Rateteam-Mitglied Riccardo Simonetti, der Forsters Anmoderation »der berühmte Pfälzer Handkäs, wer liebt ihn nicht?« versehentlich schon für die Frage hielt, sich euphorisch zu Wort bimmelte und siegessicher »Niemand!« antwortete. Später ließ er sich bei anderer Gelegenheit noch von Ratekollegin Anke Engelke erklären, dass man durchaus auch Mitglied in einem Fußballverein von der Größe Bayern Münchens werden könne, ohne dafür selbst spielerisch tätig zu werden.
Im Finale holt sich Joko Winterscheidt dann seine Show zurück, was dramaturgisch natürlich ohnehin die beste Lösung ist. In den verbleibenden vier Ausgaben dieser Staffel muss nun nur zwingend einmal Anke Engelke gewinnen, die wieder einmal daran erinnerte, dass sie die lustigste Frau überhaupt ist: Wie sie bei der lapidaren Ratefrage, wie das Wetter morgen werde, eigens aus dem Studio marschierte, um die Luft zu inhalieren, das Klima zu befühlen, wie sie in einer anderen Runde mühelos in die Rolle einer Teleshopping-Kaltmamsell schlüpfte und nach ihrem Ausscheiden schließlich theatralisch ins Licht ging, als lasse sich gleich Ophelia zu Wasser – ganz unbedingt will man noch sehen, wie ihre persönliche Showtorte aussieht.