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"Wetten, dass..?": "Das ist ja total krasses Zeug"

Foto: Hendrik Schmidt/ dpa

"Wetten, dass..?" Knutschen gegen die Langeweile

In der drittletzten Ausgabe von "Wetten, dass..?" wurde geknutscht, gebissen und gebastelt. Moderator Markus Lanz fand einiges "krass", vieles jedoch "entspannt". Für Häme und Fettnäpfchen war jemand anderes zuständig.

Wer außerhalb physiotherapeutischer Behandlungszimmer oder tantrischer Massagepraxen allzu verschwenderisch mit dem Wort "entspannt" umgeht, ist in der Regel vor allem eines nicht - entspannt. In der Hitparade der üblichen Lanzismen wie "irre" oder "sensationell" hat es der Modebegriff auf Platz eins geschafft, der Moderator verwendet ihn am laufenden Band, offenbar als Synonym für "cool". Tatsächlich war "Wetten, dass..?" aus Erfurt, die erste von drei finalen Sendungen, so entspannt beziehungsweise cool wie ein Nickerchen am Nachmittag.

Was im Umkehrschluss bedeutet, dass Lanz seinen Vertrag routiniert erfüllt und sich dabei keine nennenswerten Patzer leistet. Im Gegenteil moderiert er mögliche Peinlichkeiten jovial in Grund und Boden. Als der Fußballweltmeister (2014) Benedikt Höwedes ganz entspannt von seiner Haartransplantation erzählt, lässt Lanz eifrig die Luft aus dem ohnehin schlaffen Geständnis: "Wird alles. Alles wird gut. Genauso muss man damit umgehen." Danach plaudert er ein wenig mit dem 82-jährigen Fußballweltmeister (1954) Horst Eckel, bevor er die Schauspielerin Megan Fox mit den Worten ankündigt: "Eigentlich sollte Horst Eckel jetzt den Saal verlassen. Aber er hat gehört, wer jetzt kommt. Und da hat er sich gesagt, wenn so eine schöne Frau kommt, bleibe ich da!" Darauf Horst Eckel: "Hab ich das gesagt?"

Die eher maskenhafte und kürzlich Mutter gewordene Megan Fox wirbt für ihren Film "Teenage Mutant Ninja Turtles". Lanz stellt ihr unerschrocken die große Frage: "Und jetzt die große Frage: Wie schafft man das, wenn man gerade ein Kind zur Welt gebracht hat, wie schafft man das, in so kurzer Zeit wieder so gut auszusehen?" Die Schauspielerin Christine Urspruch, bekannt als "Alberich" aus dem Münsteraner "Tatort", lobt Lanz dafür, was sie trotz ihrer Kleinwüchsigkeit alles schon geschafft hat. Nur sollte man nicht päpstlich sein. Solche Zudringlichkeiten waren schon immer integraler Bestandteil der Show.

"Die teure Schwester von Micaela Schäfer"

Von Diane Keaton weiß der Moderator, dass sie schon viele berühmte Männer geküsst hat, und fragt, wie denn Jack Nicholson so küsste. Daraus entwickelt Keaton gegen den anfänglichen Widerstand von Markus Lanz den passablen Running Gag, einfach jeden abzuknutschen - von Markus Lanz über Urspruch, Höwedes und den lästigen Faxenmacher Ralf Schmitz bis zu ihrem Wettkandidaten. Lanz dämmert, dass ihm hier die Show gestohlen wird, und macht mit einer einzigen Bemerkung ganz entspannt alles kaputt. Die Keaton sei wohl ganz wild "auf die vielen jungen Männer", die sich hier abknutschen ließen, höhö. Dennoch sei's ein "Auftritt, der wahrscheinlich in die 'Wetten, dass..?'-Geschichte eingehen wird!"

Wie natürlich auch der Auftritt von Tokio Hotel, die sich nach vierjähriger Pause wie Vertreter einer anderen Ära fühlen. Damals sei Facebook noch nicht so ein Riesending gewesen, erinnert sich Sänger Bill Kaulitz und fürchtet, im Zeitalter der Selfies wolle von ihnen niemand mehr etwas so Altmodisches wie ein Autogramm. Lanz gebannt: "Das ist ja total krasses Zeug, was ihr da erlebt!" Frisch aus der Zeitmaschine gestiegen sind auch Lenny Kravitz, den Lanz für einen "Punkrocker" hält, und Bryan Adams, zu dem ihm gnädigerweise gar nichts einfällt.

Als ein Gast ganz besonderer Güte erweist sich Wolfgang Joop, dessen Drama es ist, nicht Karl Lagerfeld zu sein. Obwohl er sich alle Mühe gibt und auf Lanz' große Fragen ("Was ist dir wichtig in Sachen Mode?") kaum eingeht. Megan Fox nennt er "die teure Schwester von Micaela Schäfer" und stellt seine neue Kollektion vor, die an den zu Staub zerbombten Städten im Nahen Osten orientiert ist. Er wettet als Pate gegen seine Wettkandidaten ("Die schaffen das nicht!") und muss deshalb zwei Zuschauer aus dem Publikum zeichnen: "Ehrlich gesagt ist es mein größtes Talent, Porträts zu machen. Größer als alles andere!", wobei "schöne Menschen am schwersten zu zeichnen" seien. Dann sieht er der glücklichen Zuschauerin ins Gesicht und ergänzt charmant: "Bei dicken Gesichtern ist das Blatt schnell voll."

Entspannt auch die Kandidaten. In der "wunderbaren Kinderwette" springt ein Junge auf dem Trampolin und fallrückzieht Bälle in Mülltonnen. Hundetrainer erkennen anhand der Bisspuren am Frisbee, welcher Hund da zugeschnappt und gesabbert hat. Surfer basteln in vier Minuten aus Plastikflaschen und Klebeband ein Surfbrett, mit dem sich einer von ihnen anschließend zehn Sekunden auf einer stehenden Welle halten muss. Ein Herkules zerquetscht Getränkedosen und räumt mit der herausspritzenden Flüssigkeit drei Dosenpyramiden ab. Ein sehr trockener Südwestfale erkennt Mausefallen am Zuschnappklang. Drei Feuerspucker stellen genug Popcorn her, um damit einen Becher zu füllen (Lanz: "Der Mais ist heiß!").

Alle Wetten werden gewonnen. Sogar die Saalwette, weshalb der Südtiroler Markus Lanz in der vorletzten Sendung aus Graz ganz flamboyant in "steirischer Tracht" auflaufen will. Er wird damit, wenn er sich nun noch zum Tragen einer gelockten Blondhaarperücke durchringen kann, ein wenig aussehen wie Thomas Gottschalk.

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