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ZDF-Dreiteiler "Adlon": Schöne Frauen, edler Kasten

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ZDF-Dreiteiler "Adlon" Die deutsche Luxus-Kaserne

Genug von Ikea, aber zu pleite für echte Edel-Möbel? Dann schauen Sie sich Uli Edels TV-Dreiteiler "Das Adlon. Eine Familiensaga" an. Das ZDF-Retrovergnügen bietet Luxus, Liebe, Wohnkomfort - und eine bequeme Moral, in der die Lohnsklaven noch wissen, was sich gehört.
Von Daniel Haas

Nach Berlin macht man keine Reise. Man macht einen Trip. Oder man wirft dort einen ein. Oder beides. Wie die vielen Easy-Jet-Touristen, die auch dieses Jahr in die Stadt kommen werden. Erst wenn das letzte Kaffeehaus in eine Internet-Abhäng-Lounge verwandelt wurde, wenn auch die letzte Avenue aussieht wie eine Partymeile auf Mallorca, erst dann werdet ihr merken, dass aus Pub Crawlern niemals Mitbürger werden.

So, genug Pessimismus.

Wir haben ja immer noch das Hotel Adlon am Pariser Platz. Sieben Stockwerke Kulisse, Grandhotel-Mimikry, die tollste Simulation von Luxushotellerie, die man sich denken kann. Wurde der Kasten eigentlich gebaut oder mit dem 3D-Printer ausgedruckt?

Der Dalai Lama war da. Clinton und Putin verschanzten sich in Suite 312 (fünf Zimmer, 185 Quadratmeter, Preis pro Nacht: 9500 Euro), Michael Jackson fand den passenden Balkon, um sein Kind beinahe zu Tode zu stürzen. Für George W. Bush gab es sogar einen eigenen Hochsicherheitstrakt mit separatem Aufzug, Telefonsystem und Stromnetz. Vielleicht hatte er von Berlins berüchtigter Technoszene gehört und Angst bekommen.

Strammstehen für die Eleganz

Zu diesem realen Adlon vorm Brandenburger Tor kommt jetzt das hyperreale im Fernsehen: Uli Edel ("Der Baader-Meinhof Komplex") hat die Geschichte des Hotels verfilmt, mit historischen Figuren und erfundenen Akteuren. Dreimal eineinhalb Stunden als Geschichtslektion - und als Unterweisung in gutem, das heißt hier bürgerlichem Geschmack.

Man braucht diese Filme so, wie man Manufactum braucht und Porzellan von Meissen und Bücher, in denen uns Helmut Schmidt die Welt erklärt. Edel zeigt uns, dass es in Deutschland ästhetisch-bauliche Visionen gab, die nichts zu tun hatten mit Berghof-Fachwerk oder Lichtdom-Pomp im Herr-der-Ringe-Stil. Und dass man in Berlin ein Paradox in Szene setzte: Lebensart und Raffinesse, hergestellt mit militärischem Schneid.

Das ist wirklich erstaunlich, wie Lorenz Adlon, ein Emporkömmling in der Gastronomiebranche, generalstabsmäßig diesen Luxusbau plant, der London und Paris den Rang ablaufen soll, im Segment der Premiumgäste, versteht sich. Die Rechnung ging auf: Caruso, Chaplin, Thomas Mann, Rockefeller - wer auf sich hielt, wohnte am Pariser Platz.

Burghart Klaußner spielt diesen Mann als Patriarchen, in dessen massiver Anstrengung immer auch ein Rest Unsicherheit gegenüber den hofierten Milieus deutlich wird. Und der den wilhelminischen Kampfgeist konsequent in Ästhetik überträgt. "Marmor aus Italien, Spiegel aus Böhmen, Verglasung aus Frankreich": Adlon spricht vom Interieur wie von Eroberungen. Entsprechend gibt es, bei der Eröffnung im Jahr 1907, höchstes Lob vom Kaiser selbst: "Sie sind der General unter den Hoteliers!"

Wilhelm II. war tatsächlich der größte Förderer des Hauses. Er half bei der Finanzierung und spendierte eine großzügige Pauschale aus der Staatskasse. Adlon dankte es ihm mit Diskretion und der Arrangierung delikater Zusammenkünfte. Deutschland, wie es sich Kulturbürger wünschen: Preußentum, veredelt mit savoir vivre und Eleganz. Die Welt zu Gast bei Freunden? Dann doch lieber bei disziplinierten Gastgebern, wo die Bettlaken gestärkt und die Zeitungen gebügelt werden.

Wohnen muss sich wieder lohnen

Das ist auch eine Frage des Geldes - so kommt die zweite Gründerzeitgestalt ins Spiel: Der fiktive Finanzier Gustaf Schadt (Thomas Thieme), ein reicher Handelsmann, vorzugsweise in den Kolonien unterwegs, wo man Rohstoffe erbeutet und "Neger zivilisiert". Kolonialisiert Adlon die Hauptstadt im Sinne luxuriöser Veredlung, expandiert dieser Typus in jene Weltgegenden, wo die "Hottentotten" wohnen. Schadt ist der beste Freund des Hotelbesitzers, aber sie passen ideologisch nicht wirklich zusammen: Im Grandhotel kennt man nur eine Rasse - die des Ästheten.

Es kommen weitere Figuren hinzu: Alma Schadt (als junge Frau gespielt von Maria Ehrich, später von Anja Kling), die Tochter des Hauses, sie wird schwanger vom Kutschersohn (jung Kai Malina, später Wotan Wilke Möhring). Eine mésalliance sagte man damals, deshalb gibt Almas Mutter (sehr blass, sehr blasiert: Sunnyi Melles) das Mädchen als ihr Kind aus. Eine ideale Heldin für die Teile II und III, weil sie die moralischen Widersprüche eines zwischen Konvention und Liberalität gestellten Bürgertums per Biografie im Schlepptau hat.

Heißt das: Systemkritik zur Primetime? Keine Bange. Die Klassenfrage wird mit einem gepflegten "Nun, ja" beantwortet. Natürlich zeigt sich der kleine Mann hier als moderner Lohnsklave. Natürlich wird an der Basis geschuftet, damit sie oben, konkret: in den Suiten und Salons, heißes Wasser haben. Und Rohrpost. Jedes Zimmer mit eigener Adresse! Aber so spielt das Leben nun mal im Kapitalismus. Wie sagte Gottfried Benn: "Die einen wollen hoch, die andern nicht herunter."

Damit dürfen sich auch heute alle trösten, die im Wowereit-Berlin einsitzen. Du kannst dir aufgrund von Spekulanten keinen vernünftigen Wohnraum mehr leisten? Ein Immobilienhai hat deine Straße gekauft, jetzt musst du mit der Familie an den Stadtrand, weil zwölf Euro kalt pro Quadratmeter einfach zu viel sind? Hab dich nicht so! Denk historisch, schau aufs Adlon! Edles Logieren war schon immer für die Reichen, der Rest hält sich an Ikea und zieht weiter.

Nach Berlin-Tegel zum Beispiel, dorthin, wo die Touristen landen.

Das Adlon. Eine Familiensaga: Teil 1 Sonntag, 6. Januar, Teil 2 Montag 7. Januar, Teil 3 Mittwoch 9. Januar, jeweils 20.15 Uhr, ZDF

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