FERNSEHEN Unterm Nudelholz
»Härte 10«. Fernsehfilm in fünf Teilen. Von Peter Berneis und Karl Heinz Willschrei. Regie: Gordon Flemyng. ARD.
»Härte 10«. Fernsehfilm in fünf Teilen. Von Peter Berneis und Karl Heinz Willschrei. Regie: Gordon Flemyng. ARD.
Wer die ersten beiden Folgen der fünfteiligen Serie über Diamantenschmuggel gesehen hat, könnte versucht sein, aus dem Titel eine Wertskala für Fernsehunterhaltung zu formen: »Härte 1« wäre sehr gut, von »Härte 9« an ließen sich Adjektive wie »ungenießbar« anwenden.
Doch zu »Härte 10«. Ein Krimi, der im Vierzehn-Tage-Rhythmus, also mit behäbigen Pausen, ausgestrahlt wird, müßte in jedem seiner Teile geschlossen und für sich interessant sein. Jene Groschenroman-Technik »Er drückte seine Lippen auf ihre ... Fortsetzung folgt« kennzeichnet jedoch »Härte 10": Wie Zahnstümpfe in einem greisen Maul stehen Handlungsfetzen in den bisherigen Folgen herum; man wird mit Rätseln und Geheimnissen gefoppt, von denen zu befürchten steht, daß sie sich ebenso in Banalität auflösen wie jene, von denen wir schon mehr als alles wissen.
Offenbar, so muß man folgern, hätte der Stoff mitsamt seinen Diamanten für einen einzigen frugalen Fernsehabend mit Müh und Not gereicht. Denn schon in den ersten beiden Teilen mußte der Regisseur Gordon Flemyng gewaltig mit dem Nudelholz walken. Immer mal wieder veranstaltet er Verfolgungsjagden, welche die Wahrscheinlichkeit, leider jedoch nicht den Charme von Kinderprogrammen haben: Im ersten Teil lief ein gesamtes Hafenpersonal recht unmotiviert hinter zwei Leuten her, die, der Kamera zuliebe, stets den schnellsten Weg vermieden, statt dessen zwischen allerhand Kisten und Fässern herumtollten.
Im zweiten Teil wurde des öfteren ein Neger gejagt. Die zahlreiche Polizei verwandte alle Anstrengung darauf, ihn nur ja nicht zu erwischen, denn die zweite Folge hatte ja auch eineinhalb Stunden zu dauern.
Wenn mal zufällig keiner hinter niemandem her ist, wird geheiratet, Dialog gewechselt (Liebe über den Umweg des Geheimnisses von Straußen-Eiern spinnt sich an) und Edeltouristik betrieben, Hochseesportfischerei oder Safari. Die Heldin Nadine (Olga Georges-Picot), die irgendwie ständig geschmerzt auf das Treiben um sich herum reagiert, läßt entweder einen Fisch entkommen ("Irgendwie bin ich froh darüber"), oder der Held, der sich Ende des zweiten Teils in Gestalt des rauhbeinig ehrlichen Horst Janson ankündigte, schießt ihr einen Leoparden von der Ferse.
Der Rest ist gepflegtes Interieur, man lebt auf großem Fuß, verfrühstückt in einem Münchner Café eine Flasche Champagner und tapst in so viele Klischees, wie sie normalerweise auf einem Weg gar nicht liegen können. Das kommt: Wenn der Film bei seiner gefünfteilten Zeittotschlagerei gar nicht mehr weiter weiß, zitiert er, was ihm so in den Sinn kommt: »Rebecca«-düstere Haushälterinnen, britische Pferde-Rennen, alte sentimentale Kapitäne und ihr verknotetes Seemannsgarn.
Bemerkenswert ist vielleicht, daß Wolfgang Kielmg nun endgültig Abschied vom Schauspielerberuf zu nehmen scheint, um sich statt dessen als schwammig eiskaltes Schurkenabziehbild (mal hinter kleinen Mädchen, mal hinter glitzernden Steinen her) zu verschleudern. Auch er jene deutsche TV-Mischung aus hausbacken und Highlife, die dem afrikanischen Getier Pantoffeln anstreift und das deutsche Heim mit Tigerfellen schmückt.
Dreimal noch soll diese Art Diamantenfieber um sich greifen. Neugierigen, die auf den Täter aus sind, ohne sich diesem Streckbett weiter ausliefern zu wollen, gab die erste Folge einen wichtigen Wink: Der Mörder war wieder der Gärtner. Da er aber nicht fest genug zupackte, überlebte das Opfer. So läßt sich ahnen, daß nicht nur die schöne Nadine alle ihre Zuschauer mühelos überdauern wird.