»Vice« zieht Artikel zurück Wie Opfer der Roten Khmer ein falsches Lächeln bekamen

Ein Künstler hat Häftlingsfotos aus einem Todeslager der Roten Khmer nachkoloriert. Dass nach der Bildbearbeitung manche Opfer plötzlich lächeln, hat die kambodschanische Regierung auf den Plan gerufen.
Originalfotografien im Toul-Sleng-Genozid-Museum: Betreibt Matt Loughrey Geschichtsverfälschung?

Originalfotografien im Toul-Sleng-Genozid-Museum: Betreibt Matt Loughrey Geschichtsverfälschung?

Foto: Paula Bronstein / Getty Images

Kambodscha hat Fotografien, die das US-Medienunternehmen »Vice« veröffentlicht hat, scharf kritisiert: Die nachkolorierten Bilder von Menschen, die auf den »Killing Fields« der Roten Khmer getötet wurden, seien eine Beleidigung der Toten. Der Grund: Manche der Häftlingsfotos wurden so bearbeitet, dass die abgebildeten Personen zu lächeln scheinen.

»Vice« hat den Artikel und die Fotos inzwischen entfernt und durch einen Hinweis ersetzt, wonach der Beitrag nicht den redaktionellen Standards des Mediums genügt habe. Man werde den Fall weiter untersuchen. Eine Stellungnahme des Künstlers, Matt Loughrey, fehlt dort.

In dem Artikel, der ursprünglich am Freitag veröffentlicht worden war, sagte Loughrey, er wolle mit seinem Projekt die 14.000 Kambodschaner, die im berüchtigten Gefängnis Tuol Sleng, auch S-21 genannt, gefoltert und umgebracht wurden, vermenschlichen.

Doch es kam zu einem Aufschrei in den sozialen Medien, nachdem dort Vergleiche zwischen den schwarz-weißen Originalen und den Bearbeitungen auftauchten. Sie zeigten, dass manche der Abgebildeten nur in Loughreys Farbbildern lächelten. Im »Vice«-Artikel waren die ursprünglichen Vorlagen nicht gezeigt worden.

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»Mit Technik herumzuspielen, um auf den Opfern von S-21 Make-up aufzutragen, ist eine sehr schwere Beleidigung für die Seelen der Opfer des Genozids«, schrieb die kambodschanische Politikerin Mu Sochua auf Twitter .

Das kambodschanische Kulturministerium veröffentlichte eine Mitteilung, in der »Vice« dazu aufgefordert wurde, die Bilder zu entfernen: »Wir mahnen Wissenschaftler, Künstler und die Öffentlichkeit, keine historischen Quellen zu manipulieren«, hieß es darin, »aus Respekt vor den Opfern.«

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Loughrey, der sein Wirken auf seiner Website  als »Brücken schlagen über die Lücke zwischen Geschichte und Kunst« bezeichnet, sagte in dem »Vice«-Artikel, er habe mit Angehörigen der Opfer zusammengearbeitet. Auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters wollte er sich nicht näher äußern.

»Vice« entfernte den Artikel am späten Sonntagabend und veröffentlichte stattdessen am Montag ein Statement: »Der Artikel beinhaltete Fotografien von Opfern der Roten Khmer, die Loughrey über die Nachkolorierung hinaus bearbeitet hat«, hieß es in der Mitteilung, die auch betonte, dies entspreche nicht den redaktionellen Ansprüchen des Mediums: »Wir bedauern den Fehler und werden untersuchen, wie dieser Fehler im redaktionellen Prozess passieren konnte.«

Mindestens 1,7 Millionen Kambodschanerinnen und Kambodschaner starben während des Terrorregimes der extremistischen Roten Khmer zwischen 1975 und 1979. Die Inhaftierung in das Todesgefängnis S-21 überlebten nur sieben Menschen.

feb/Reuters

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