Viele Stimmen für eine Stimme
Es ist noch nicht sehr lange her, daß eine Karriere anfing. »Urteilen Sie selbst« hieß eine Sendereihe des Berliner RIAS, des Rundfunks im amerikanischen Sektor. Die Hörerschaft tat so und gab die meisten Stimmen Cornelis van Dyck. Ein Tenor war entdeckt.
Cornelis van Dyck ist Holländer. Sein Vater ist Kaufmann, seine Mutter Schauspielerin, und er selbst war - wie er aus seiner Jugend erzählt - ein »Teufelskind«. Er kam in ein Internat, aus dem er bald fortlief. Er lebte auf einem Bauernhof und blieb auch hier nicht lange.
Vielleicht ist es übertrieben, wenn man sich erzählt, Cornelis van Dyck habe es in verhältnismäßig kurzer Zeit auf die stattliche Zahl von 20 Vorgesetzten gebracht. Auf alle Fälle hielt er es an keiner Stelle lange aus.
Ein paar Jahre älter geworden, begann Cornelis van Dyck zu studieren. Er studierte nacheinander Theologie, Medizin, Physik und Astronomie. Er machte eine Prüfung als Elektro-Ingenieur, betätigte sich eine Zeitlang auch elektrotechnisch und machte sogar einige Erfindungen auf diesem Gebiet. Nebenbei bildhauerte er:
Eines Tages, vor ungefähr drei Jahren, wurde die Gesangspädagogin Lotte Stern auf seine Stimme aufmerksam und bildete sie aus. Schon als Cornelis 18 Jahre gewesen war, hatte ihm ein holländisches Konservatorium eine kostenlose musikalische Ausbildung angeboten, und im Gesangverein hatte man vor Jahren seinen schönen »Baß« bewundert. Nun wurde es mit dem Gesang ernst. Nur: der Baß entpuppte sich als Tenor.
Nach seinem Debut im RIAS trat van Dyck in Berlin im Café Wien in Kabarett-Veranstaltungen auf. Aber er hatte es auf die Oper abgesehen, und er schaffte es: er bekam ein Engagement an die Städtische Oper.
Eines Abends übernahm er an Stelle eines Kollegen ohne jede Probe den Naraboth in der »Salome«. Sein Vertrag wurde verbessert, und jetzt singt er in Benjamin Brittens Oper »Peter Grimes« den Boles, eine der Hauptrollen.
»Urteilen Sie selbst!« sagte der RIAS, die Hörer entschieden sich Mer van Dyck