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Volker Lechtenbrink, 77

aus DER SPIEGEL 48/2021
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Philipp von Ditfurth / laif

Als das deutsche Kino nach dem Zweiten Weltkrieg wieder die Augen aufschlug, war Volker Lechtenbrink 14 Jahre alt und mit dabei. In »Die Brücke« von Bernhard Wicki spielte er 1959 einen Knaben, der im Rahmen des Volkssturms zur Verteidigung einer unwichtigen Brücke abkommandiert wird. Wie die Unschuld aus dem jungen Gesicht weicht und das Grauen seinen Einzug hält, das war große Schauspielkunst. Anknüpfen an diesen Erfolg konnte und wollte er später nicht mehr. Routiniert und verlässlich spielte Lechtenbrink, was ihm Fernsehen und Kino an Rollen zu bieten hatten. Über die Jahrzehnte war er in Serien wie »Der Kommissar«, »Der Alte« oder »Derrick« zu sehen, trat in Verfilmungen von Rosamunde Pilcher ebenso auf wie in solchen von Inga Lind­ström, spielte mit bei »In aller Freundschaft«, aber auch in einer Folge der Comedyserie »Jerks«. »Ich habe alles gespielt: vom Mörder bis zum Liebhaber, vom Verbrecher bis zum Komiker«, sagte er in einem Interview zu seinem 60. Geburtstag. Lechtenbrink war längst ein etabliertes Gesicht, als er 1976 als Sänger reüssierte. Nicht nur übertrug er den Geist mancher Countryklassiker kundig ins Deutsche (»Ich mag«, »Leben, so wie ich es mag«), er interpretierte sie auch überzeugend in der Rolle des lässigen Lederjackenträgers mit sonorer Stimme. Neben dem Theater arbeitete Lechtenbrink als Synchronsprecher (etwa für Kris Kristofferson und Burt Reynolds). Gebucht wurde er bis ins hohe Alter, engagierte sich weiter am Theater, als Schauspieler, Intendant und Regisseur. 2021 wurde er mit dem Gustaf-Gründgens-Preis geehrt. Schon zwei Jahre zuvor schloss er den Kreis seines Lebens, als er die literarische Vorlage zu »Die Brücke« als Leser noch einmal einsprach – fulminant. Volker Lechtenbrink starb am 22. November in Hamburg.

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