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Film Volle Pulle Shakespeare

»Viel Lärm um Nichts«. Spielfilm von Kenneth Branagh. USA/Großbritannien 1993.
aus DER SPIEGEL 35/1993

Die Toskana, die vielgepriesene, hier ist sie einen Film lang in purer Bilderbuchschönheit zu sehen, zum Park frisiert, zum Arkadien, über dem ewig der Himmel blaut.

Nach dem Winterferienfilm »Peter's Friends«, in dem sich das britische Star-Paar Emma Thompson und Kenneth Branagh mit einer Handvoll guter Schauspieler-Freunde zu Bekenntnissen am Landhauskamin traf, während draußen die Nebel stiegen, ist dies nun ihr Sommerferien-Vergnügen: Mit einer Handvoll überwiegend amerikanischer Freunde gibt man als Freilichtspiel Shakespeares »Viel Lärm um Nichts«, und die Laune ist so krachend prächtig, daß man sich selber dauernd auf die Schenkel schlägt.

Der Schauspieler und Filmemacher Branagh, dessen Shakespeare-Erstling »Henry V« noch eine erstaunliche und bewegende Kraft-Eruption war, hat sich rasch zu einem Virtuosen gemausert, der sich selbst, seine Emma und die übrigen mit anpreisendem Schwung in Szene setzt. Sind wir nicht ganz fabelhaft? ruft der Film seinem Publikum unentwegt zu, als wollte er es zum Mitklatschen ermuntern.

Sie sind fabelhaft, klar doch. Die Damen in fließenden Leinengewändern, die Herren in schmucken Uniformen der Leichten Kavallerie, Abteilung Operette, durchsonnt und gesund, und das ganze rustikale Dekor wie von Laura Ashley: Da läuft eine Shakespeare-Komödie doch wie am Schnürchen, und über die tieferen Tiefen hüpft man leichtfüßig hinweg.

Die immerwährende Unverwüstlichkeit von Shakespeares »Viel Lärm um Nichts« geht von dem kratzbürstigen, streitfreudigen, flirtlustigen Paar Beatrice und Benedikt aus: Widerspenstigkeit auf beiden Seiten muß gezähmt werden, bis die beiden einander um den Hals fallen, und was dieses Liebeswerben in Duellform an komödiantischer Bravour erlaubt, genießen und servieren Thompson und Branagh mit allem an Selbstgefälligkeit, was die Polizei erlaubt.

Strenggenommen sind die Hauptfiguren des Stückes nicht dieses komische Liebespaar, sondern das romantische namens Hero und Claudio (Kate Beckinsale und Robert Sean Leonard): Seiner Zuneigung wird so übel mitgespielt, daß die Komödie nur knapp an einer Tragödie vorbeischrammt. Dieser dunkle Handlungsstrang wird, meist auf der Bühne und erst recht nun im Film, zur Nebensache heruntergestutzt, die nur eben recht kommt, um das Happy-End verdoppelnd zu versüßen. Doch wenn man fünfe gerade sein läßt, ist das Vergnügen insgesamt beträchtlich. Y

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