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Yuval Noah Harari

Yuval Harari über die Weltordnung nach Putin Sind Kriege künftig unausweichlich?

Yuval Noah Harari
Ein Debattenbeitrag von Yuval Noah Harari
Russlands Angriff auf die Ukraine zeigt: Wenn wir Frieden als selbstverständlich ansehen, werden wir ihn verlieren.
aus DER SPIEGEL 2/2023
Uniformierter bei Sewastopol 2014

Uniformierter bei Sewastopol 2014

Foto: David Mdzinarishvili / REUTERS

Vor einigen Jahren schrieb ich in meinem Buch »21 Lektionen für das 21. Jahrhundert« auch über die Kriege der Zukunft. Ich vertrat die Ansicht, dass die ersten Jahre des 21. Jahrhunderts die friedlichste Ära in der Geschichte der Menschheit gewesen seien und dass das Führen von Kriegen wirtschaftlich und geopolitisch sinnlos geworden sei. Diese Tatsachen böten jedoch keine Garantie für ewigen Frieden, schließlich sei menschliche Dummheit eine der wichtigsten Kräfte in der Geschichte. Ich schrieb: »Selbst rationale Führer begehen am Ende oft sehr große Dummheiten.«

Gleichwohl war ich schockiert, als Wladimir Putin im Februar 2022 den Versuch startete, die Ukraine zu erobern. Die zu erwartenden Folgen, für Russland selbst wie für die gesamte Menschheit, waren so zerstörerisch, dass es selbst für einen kaltherzigen Größenwahnsinnigen ein unwahrscheinlicher Schritt zu sein schien. Dennoch entschied sich der Autokrat, die friedlichste Ära der Geschichte zu beenden und die Menschheit in eine neue Ära des Krieges zu stürzen, die schlimmer sein könnte als alles, was wir bisher erlebt haben. Sie könnte sogar das Ende unserer Spezies bedeuten.

Dies ist eine Tragödie, zumal die letzten Jahrzehnte gezeigt haben, dass Krieg keine unvermeidliche Naturgewalt ist. Er ist eine menschliche Entscheidung von Fall zu Fall. Seit 1945 gab es keinen direkten Krieg zwischen Großmächten und auch keinen Fall, in dem ein international anerkannter Staat durch eine ausländische Eroberung ausgelöscht wurde. Relativ häufig kam es zu begrenzten regionalen und lokalen Konflikte; ich lebe in Israel, daher kann ich das gut beurteilen. Doch ungeachtet der israelischen Besetzung des Westjordanlands haben Länder selten versucht, ihre Grenzen einseitig mit Gewalt zu verschieben.

Aus: DER SPIEGEL 2/2023

Der verlorene Prinz

In einer beispiellosen Medienkampagne überzieht Prinz Harry das Haus Windsor mit Vorwürfen. Seine Angriffe treffen das britische Königshaus in schwieriger Zeit: Das Land ist in der Wirtschaftskrise tief gespalten – und die königliche Familie demontiert sich vor den Augen der ganzen Welt.

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Das ist der Grund, warum die israelische Besatzung so viel Aufmerksamkeit und Kritik auf sich zieht. Was in Tausenden von Jahren imperialer Geschichte normal war, sorgt heutzutage für Empörung. Selbst wenn man Bürgerkriege, Aufstände und Terrorismus berücksichtigt, sind in den letzten Jahrzehnten durch Kriege weitaus weniger Menschen ums Leben gekommen als durch Selbstmord, Verkehrsunfälle oder fettleibigkeitsbedingte Krankheiten.

Doch der Frieden ist nicht nur eine Frage der Zahlen. Die vielleicht wichtigste Veränderung der letzten Jahrzehnte war psychologischer Natur. Jahrtausendelang bedeutete Frieden »die vorübergehende Abwesenheit von Krieg«. Beispielsweise lagen zwischen den drei Punischen Kriegen, die Rom und Karthago führten, Jahrzehnte des Friedens. Aber alle Römer und Karthager wussten, dass dieser Punische Friede jeden Moment zerbrechen konnte. Politik, Wirtschaft und Kultur waren in ständiger Erwartung eines Kriegs.

Im späten 20. und frühen 21. Jahrhundert änderte sich die Bedeutung des Wortes Frieden. Aus dem alten Frieden als »die vorübergehender Abwesenheit von Krieg« wurde der neue Frieden als »die Unwahrscheinlichkeit von Krieg«. In vielen (wenn auch nicht allen) Regionen der Welt hatten Staaten keine Angst mehr davor, ihr Nachbar könne einmarschieren und sie auslöschen. Die Tunesier fürchteten sich nicht mehr vor einer italienischen Invasion, die Costa Ricaner dachten nicht mehr daran, dass die nicaraguanische Armee in San José einfallen könnte. Und die Samoaner hatten keine Angst mehr, dass plötzlich eine fidschianische Kriegsflotte am Horizont auftauchen könnte.

Woran können wir erkennen, dass sich die Länder über diese Dinge keine Gedanken gemacht haben? Indem wir uns ihre Staatshaushalte ansehen.

Uno-Vollversammlung in New York

Uno-Vollversammlung in New York

Foto: Lev Radin / Pacific Press Agency / IMAGO

Bis vor Kurzem war das Militär der erwartbar größte Posten im Haushalt eines jeden Empires, Sultanats, Königreichs und einer jeden Republik. Die Regierungen gaben nur wenig für das Gesundheits- und Bildungswesen aus, da die meisten Mittel in die Bezahlung von Soldaten, den Bau von Mauern und Kriegsschiffen flossen. Das Römische Reich gab etwa 50 bis 75 Prozent seines Haushalts für das Militär aus, im Reich der Song-Dynastie (960-1279) waren es etwa 80 Prozent und im Osmanischen Reich des späten 17. Jahrhunderts etwa 60 Prozent. Von 1685 bis 1813 fiel der Anteil des Militärs an den britischen Staatsausgaben nie unter 55 Prozent und lag im Durchschnitt bei 75 Prozent.

Während der großen Konflikte des 20. Jahrhunderts verschuldeten sich Demokratien und totalitäre Regime gleichermaßen, um ihre Maschinengewehre, Panzer und U-Boote zu finanzieren. Wenn man befürchten muss, dass die Nachbarn jeden Moment einmarschieren, Städte plündern, Leute versklaven und das Land annektieren könnten, ist es auch das Vernünftigste, was man tun kann.

Russische Soldaten plünderten die ukrainische Stadt Cherson und schickten Lastwagen voller Diebesgut, die sie aus ukrainischen Häusern gestohlen hatten, nach Russland. Das wird Russland nicht reich machen. Und es wird die Russen nicht für die enormen Kosten des Krieges entschädigen. Aber wie Putins Einmarsch in die Ukraine zeigt, reichten technologische und wirtschaftliche Veränderungen allein doch nicht aus, um den neuen Frieden zu schaffen. Manche Staatsoberhäupter sind so machthungrig und unverantwortlich, dass sie einen Krieg beginnen, selbst wenn er für ihr Land wirtschaftlich ruinös ist und die Menschheit in ein nukleares Armageddon treiben könnte.

Die dritte wesentliche Säule des neuen Friedens ist daher kultureller und institutioneller Natur.

Menschliche Gesellschaften wurden lange Zeit von militaristischen Kulturen beherrscht, die den Krieg als unvermeidlich und sogar als wünschenswert ansahen. Aristokraten sowohl in Rom als auch in Karthago glaubten, dass militärischer Ruhm die Krönung des Lebens und der ideale Weg zu Macht und Reichtum sei. Künstler wie Vergil und Horaz stimmten dem zu und widmeten ihre Talente dem Lobgesang auf Waffen und Krieger, der Verherrlichung blutiger Schlachten und der Verewigung brutaler Eroberer.

In der Ära des neuen Friedens nutzten die Künstler ihre Talente, um die Schrecken des Kriegs zu zeigen, während die Politiker sich mit Reformen im Gesundheitswesen zu verewigen suchten, anstatt fremde Städte zu plündern. Führende Politiker aus der ganzen Welt schlossen sich zusammen, um eine Weltordnung zu schaffen, die es den Ländern ermöglichte, sich friedlich zu entwickeln und gleichzeitig die gelegentlichen Kriegstreiber zu zügeln.

Diese Weltordnung basierte auf den liberalen Idealen, wonach alle Menschen die gleichen Grundrechte haben, keine menschliche Gruppe von Natur aus anderen überlegen ist und alle Menschen gemeinsame Erfahrungen, Werte und Interessen teilen. Diese Ideale ermutigten die Staats- und Regierungschefs, Kriege zu vermeiden und stattdessen zusammenzuarbeiten, um gemeinsame Werte zu schützen und gemeinsame Interessen zu fördern.

Die liberale Weltordnung verband den Glauben an universelle Werte mit dem friedlichen Funktionieren der globalen Institutionen.

Obwohl diese globale Ordnung alles andere als perfekt war, verbesserte sie das Leben der Menschen nicht nur in den alten imperialen Zentren wie Großbritannien und den Vereinigten Staaten, sondern auch in vielen anderen Teilen der Welt, von Indien bis Brasilien und von Polen bis China. Länder auf allen Kontinenten profitierten von der Zunahme des globalen Handels und der Investitionen, und fast alle Länder kamen in den Genuss einer Friedensdividende. Nicht nur Dänemark und Kanada konnten Ressourcen von Panzern auf Lehrer umschichten. Auch Nigeria und Indonesien waren dazu in der Lage.

Jeder, der über die Mängel der liberalen Weltordnung schimpft, sollte zunächst eine einfache Frage beantworten: Können Sie ein Jahrzehnt nennen, in dem es der Menschheit besser ging als in den 2010er-Jahren? Welches Jahrzehnt wäre stattdessen Ihr goldenes Zeitalter?

Etwa die 1910er-Jahre mit dem Ersten Weltkrieg, der bolschewistischen Revolution, Rassismus und europäischen Imperien, die große Teile Afrikas und Asiens brutal ausbeuteten? Sind es vielleicht die 1810er-Jahre, als die Napoleonischen Kriege ihren blutigen Höhepunkt erreichten, russische und chinesische Bauern von ihren aristokratischen Herren unterdrückt wurden, die East India Company ihre Kontrolle über Indien sicherte und die Sklaverei in den Vereinigten Staaten, Brasilien und den meisten anderen Teilen der Welt immer noch legal war? Oder träumen Sie vielleicht von den 1710erJahren mit dem Spanischen Erbfolgekrieg, dem Großen Nordischen Krieg im Ostseeraum, den Mogulnachfolgekriegen und den zahlreichen Kindern, die an Unterernährung und Krankheiten starben, bevor sie das Erwachsenenalter erreichten?

Der neue Frieden ist nicht das Ergebnis eines göttlichen Wunders. Er wurde erreicht, weil Menschen bessere Entscheidungen trafen und eine funktionierende globale Ordnung aufbauten. Leider haben zu viele diese Errungenschaft für selbstverständlich gehalten. Vielleicht gingen sie davon aus, dass der neue Frieden hauptsächlich durch technologische und wirtschaftliche Kräfte garantiert werde und auch ohne seine dritte Säule – die liberale Weltordnung – überleben könne. Folglich wurde diese Ordnung zunächst vernachlässigt und dann mit zunehmender Heftigkeit angegriffen.

Der Angriff ging von Schurkenstaaten wie Iran und verantwortungslosen Führern wie Putin aus, aber sie allein waren nicht stark genug, um den neuen Frieden zu beenden. Was die globale Ordnung wirklich untergrub, war, dass sowohl die Länder, die am meisten von ihr profitierten (darunter China, Indien, Brasilien und Polen), als auch die Länder, die sie überhaupt erst aufgebaut hatten (vor allem Großbritannien und die USA), ihr den Rücken kehrten. Das Brexit-Votum und die Wahl von Donald Trump im Jahr 2016 symbolisierten die Wende.

Diejenigen, die die globale liberale Ordnung infrage stellten, wollten meist keinen Krieg. Sie wollten aber durchsetzen, was sie als Interessen ihres Landes verstanden, und sie argumentierten, dass jeder Nationalstaat seine eigene heilige Identität und Traditionen verteidigen und entwickeln solle. Was sie nie erklärten, war, wie all diese Nationen ohne universelle Werte und globale Institutionen miteinander umgehen würden. Die Gegner der globalen Ordnung boten keine Alternative an. Sie glaubten offenbar, dass die verschiedenen Nationen sich irgendwie arrangieren könnten und die Welt zu einer Ansammlung von ummauerten, aber einander freundlichen Festungen werden würde.

Festungen sind jedoch selten freundlich. Jede nationale Burg will in der Regel etwas mehr Land, Sicherheit und Wohlstand für sich selbst – auf Kosten der Nachbarn. Ohne universelle Werte und globale Institutionen können sich rivalisierende Festungen kaum auf gemeinsame Regeln einigen. Das Modell der Festungen war ein Rezept für eine Katastrophe.

Und die Katastrophe ließ nicht lange auf sich warten. Die Corona-Pandemie zeigte, dass sich die Menschheit ohne eine wirksame globale Zusammenarbeit nicht gegen gemeinsame Bedrohungen wie Viren schützen kann. Vielleicht weil Putin beobachtete, wie Covid die globale Solidarität weiter aushöhlte, kam er zu dem Schluss, dass er der liberalen Ordnung den Todesstoß geben könnte, indem er das größte Tabu der Ära des neuen Friedens bricht. Putin mag sich gedacht haben, dass, wenn er die Ukraine erobern und Russland einverleiben würde, einige Länder zwar aufschreien und ihn kritisieren würden, er aber nicht mit wirksamer Gegenwehr rechnen müsse.

Die Behauptung, Putin sei gezwungenermaßen in die Ukraine eingedrungen, um einem westlichen Angriff zuvorzukommen, ist unsinnige Propaganda. Eine vage westliche Bedrohung ist kein legitimer Vorwand, um ein anderes Land zu zerstören, seine Städte zu plündern, seine Bürger zu vergewaltigen und zu foltern und zig Millionen Männern, Frauen und Kindern unsägliches Leid zuzufügen. Jeder, der glaubt, dass Putin keine andere Wahl hatte, möge bitte das Land nennen, das sich auf eine Invasion Russlands im Jahr 2022 vorbereitet haben soll. Glauben Sie im Ernst, dass sich die deutsche Armee zusammenrottete, um die Grenze zu überschreiten? Glauben Sie, dass Napoleon aus seinem Grab aufgestanden war, um seine Armee erneut gen Moskau zu führen, sodass Putin keine andere Wahl hatte, als dem französischen Angriff zuvorzukommen?

Und vergessen Sie nicht, dass Putin bereits 2014 in die Ukraine einmarschiert ist – nicht erst 2022.

Sollte Putin den Krieg gewinnen, wäre es der Zusammenbruch der globalen Ordnung. Wird er gestoppt, wäre sie gestärkt.

Putin bereitete seine Invasion lange Zeit vor. Er hatte den Zerfall der Sowjetunion nie akzeptiert, und er hat die Ukraine, Georgien oder eine der anderen postsowjetischen Staaten nie als legitime unabhängige Nationen angesehen. Während, wie erwähnt, die durchschnittlichen Militärausgaben weltweit etwa 2,2 Prozent und in den Vereinigten Staaten 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ausmachen, waren sie in Russland weitaus höher. Wie hoch genau, ist ein Staatsgeheimnis. In internationalen Statistiken liegt sie bei 4,1 Prozent. Schätzungen gehen davon aus, dass der Anteil aber auch bei einem Vielfachen liegen könnte.

Sollte Putin den Krieg gewinnen, wäre es der Zusammenbruch der globalen Ordnung und des neuen Friedens. Autokraten in aller Welt kämen zu der Überzeugung, dass Eroberungskriege wieder möglich sind. Die Demokratien wären gezwungen, sich zu ihrem Schutz zu militarisieren. Schon jetzt erleben wir, wie die russische Aggression Deutschland dazu veranlasst, seinen Verteidigungshaushalt drastisch zu erhöhen, während etwa Schweden die Wehrpflicht wieder einführt.

Russische Soldaten 2014

Russische Soldaten 2014

Foto: Filippo Monteforte / AFP

Geld, das für Lehrer, Krankenschwestern und Sozialarbeiter ausgegeben werden könnte, wird nun stattdessen in Panzer, Raketen und Cyberwaffen investiert. Junge Menschen sollen ihren Militärdienst ableisten. Die ganze Welt könnte irgendwann wie heute Russland aussehen – mit überdimensionierten Armeen und unterbesetzten Krankenhäusern. Eine neue Ära von Krieg, Armut und Krankheit wird die Folge sein.

Wird Putin jedoch gestoppt und bestraft, wäre die Weltordnung gestärkt. Es wäre eine Ermahnung an alle, die sie nötig haben, dass man nicht tun kann, was Putin getan hat.

Welches der beiden Szenarien wird eintreten? Zum Glück war Putin trotz seiner Aufrüstung auf eine entscheidende Sache nicht vorbereitet: den Mut des ukrainischen Volkes. Die Ukrainer haben die Russen in einer Reihe von Siegen bei Kiew, Charkiw und Cherson zurückgedrängt. Doch Putin hat sich bisher geweigert, seinen Fehler einzugestehen; er reagiert auf die Niederlage mit zunehmender Brutalität. Da seine Armee die ukrainischen Soldaten an der Front nicht besiegen kann, setzt Putin nun darauf, dass die ukrainische Zivilbevölkerung in ihren Häusern erfriert. Wie der Krieg enden wird, ist ebenso wenig vorhersehbar wie das Schicksal des neuen Friedens.

Geschichte ist niemals deterministisch. Nach dem Ende des Kalten Krieges dachten viele, der Frieden sei unvermeidlich und werde bestehen, auch wenn wir die globale Ordnung vernachlässigen. Nachdem Russland in die Ukraine einmarschiert war, vertraten einige plötzlich die gegenteilige Ansicht. Sie behaupteten, dass Frieden eine Illusion gewesen, der Krieg hingegen eine unzähmbare Naturgewalt sei. Und dass Menschen nur die Wahl hätten, ob sie Beute oder Raubtier sein wollten.

Beide Positionen sind falsch. Krieg und Frieden sind Entscheidungen und nicht etwas Unvermeidbares. Kriege werden von Menschen gemacht, sie folgen keinem Naturgesetz. Wie Menschen Kriege führen, können sie auch Frieden schließen. Aber Frieden zu schließen ist keine einmalige Entscheidung. Es ist eine langfristige Anstrengung, um universelle Normen und Werte zu schützen und kooperative Institutionen aufzubauen.

Der Wiederaufbau der globalen Ordnung bedeutet nicht, dass wir zu dem System zurückkehren, das in den 2010er-Jahren zusammengebrochen ist. Eine neue und bessere Weltordnung sollte den nicht westlichen Staaten, die sich beteiligen wollen, eine wichtigere Rolle zuweisen. Sie sollte auch die Bedeutung der nationalen Loyalitäten anerkennen.

Die globale Ordnung zerfiel vor allem wegen des Angriffs populistischer Kräfte, die argumentierten, dass patriotische Loyalitäten einer globalen Zusammenarbeit widersprächen. Populistische Politiker predigten, dass man als Patriot gegen globale Institutionen und weltweite Zusammenarbeit sein müsse.

Es gibt jedoch keinen inneren Widerspruch zwischen Patriotismus und Globalismus, denn beim Patriotismus geht es nicht darum, Fremde zu hassen. Sondern darum, seine Landsleute zu lieben. Und wenn man im 21. Jahrhundert seine Landsleute vor Kriegen, Pandemien und ökologischem Kollaps schützen will, gelingt das am besten, indem man mit den anderen zusammenarbeitet.

© Yuval Noah Harari 2023

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