Vor Gerichtsgebäude ZDF-Fernsehteam in Berlin angegriffen
Ein Fernsehteam des ZDF wurde nach eigenen Angaben vor dem Berliner Landgericht angegriffen. Nach Informationen der "taz" sollen 15 Personen um den rechten Netzaktivisten Sven Liebich auf die ZDF-Journalisten losgegangen sein. Diese hätten der Zeitung von Bedrohungen und Schlägen gegen sich und die Kamera berichtet. Vor dem Saal im Gerichtsgebäude hätten sich die Angriffe fortgesetzt. "Das war hochgradig aggressiv und handgreiflich", sagte einer der mutmaßlich angegriffenen Reporter, der ZDF-Journalist Arndt Ginzel, der "taz".
"Massiv bedrängt und angegangen"
Wiederholt sei gegen die Kamera und das Mikro geschlagen worden, so Ginzel. Die Angriffe seien unvermittelt erfolgt, nachdem sie als Journalisten erkannt worden seien. Auch der freie Journalist Henrik Merker gab gegenüber der Zeitung an, dass die Journalisten "massiv bedrängt und angegangen" worden seien. Die Angreifer hätten unter anderem "Lügenpresse auf die Fresse" skandiert. Bildmaterial, das der "taz" vorliege, bestätige diese Angabe: Dort sei zu sehen, wie die Journalisten beschimpft und bedrängt werden. Offenbar zeigten die Bilder, dass auch ein Justizbeamter die Kamera weggedrückt habe.
Neonazis und Verschwörungsideologen haben vor dem Landgericht Berlin Mitte ein Kamerateam des @ZDF angegriffen. Zudem drückte ein Justizbeamter die Kamera des Teams runter und behinderte massiv die Arbeit. @DJVde @djuverdi @ReporterOG#Pressefreiheit pic.twitter.com/jMK8iAxQIY
— Henrik Merker | @hmerker@det.social (@HRMRKR) June 4, 2020
Auf Nachfrage des SPIEGEL äußerte sich der Pressesprecher des Landgerichts nicht zu diesem Vorwurf. Er bestätigte allerdings, dass es vor dem Gerichtsgebäude in Berlin-Charlottenburg zu einer Unruhe gekommen sei. Vorsichtshalber habe das Wachpersonal die Polizei zu Hilfe gerufen. Diese habe deeskalierend eingegriffen und die Zuschauer und das Fernsehteam in den Gerichtssaal begleitet. Auf dem Weg dorthin und im Saal sei es noch Meinungsverschiedenheiten gekommen, die die Polizisten allerdings unterbunden hätten. Einzelheiten müssten erst noch erklärt werden.
Eine Sprecherin der Polizei Berlins gab auf SPIEGEL-Nachfrage an, dass der Sachverhalt der Polizei bekannt sei. Allerdings befinde er sich zur Prüfung bei der einsatzhabenden Dienststelle. Bisher aber seien keine Straftaten angezeigt worden.
Der Deutsche Journalisten-Verband forderte bei Twitter, dass dieser Vorfall untersucht werden müsse. Die Justiz solle die Pressefreiheit und freie Berichterstattung schützen.
Was ist denn da los? Dieser Vorgang muss untersucht werden und ggf. ein Nachspiel haben! Justiz und Behörden sollen die #Pressefreiheit und die freie Berichterstattung schützen, nicht runter- & unterdrücken! @DJV_JVBB @Dirk_Behrendt #Berlin https://t.co/G5DuLt7Onw
— Journalisten-Verband (DJV) @DJV@federated.press (@DJVde) June 4, 2020
Vor der Pressekammer des Berliner Landgerichts wurde am Donnerstag ein Verfahren gegen den rechten Netzaktivisten Sven Liebich behandelt. Dieser soll im Internet eine Karikatur von Anetta Kahane veröffentlicht haben, der Leiterin der Amadeu-Antonio-Stiftung, die sich für die Opfer rechter Gewalt engagiert. Kahane untersagte dies mit Verweis auf das Recht am eigenen Bild.