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Bekenntnisse der Krisenkinder Das Schlimmste, was ich je getan habe

Sie sind die Krisenkinder, die jungen Erwachsenen zwischen 20 und 35. Im SPIEGEL Special beantworten sie die wichtigsten Fragen des Lebens: Wovor habe ich Angst? Was ist das Schlimmste, was ich je gemacht habe? Was will ich schaffen?

Sind sie eine Generation oder sind sie es nicht?

Trennscharf waren Generationenbegriffe nie, aber schaut man heute auf die jungen Menschen zwischen 20 und 35 Jahren, erscheint einem die beliebte Generationen-Klammer auf den ersten Blick unpassender denn je.

Schon in der Schule und in der Ausbildung wurde ihnen eingebläut, sie müssten immer 100 Prozent Leistung bringen. Darum glauben sie, dass vor allem die Starken gewinnen, dass es den sicheren Weg nicht mehr gibt. Sie erscheinen als ein Heer von Individualisten.

Trotz ihrem scheinbaren Einzelkämpfertum und der individualistischen Lebensplanung eint sie vieles: Sie leben in unsicheren Arbeitsverhältnissen, wünschen sich deshalb Geborgenheit, denken global, sind bestens vernetzt - und diese Merkmale grenzen sie klar zu vorangegangenen Generationen ab. Sie meinen, jeder kämpft für sich, und weil das jeder denkt, sind sie eben nicht allein.

Da ist der Werbekaufmann, dem es davor graut, dass die Nächstenliebe in der Gesellschaft auf der Strecke bleibt. Oder die Informatikerin, die sich so sehr von Zukunftsängsten einschnüren ließ, dass sie keinen Spaß mehr am Leben hatte. Und der baldige Studienanfänger, dessen größte Sorge schon jetzt ist, später keine Arbeit zu finden.

Sie sind Krisenkinder - Mitglieder einer Generation, die keine sein will, und die dennoch viel gemeinsam hat. Diesen jungen Erwachsenen haben die Redakteure des neuen SPIEGEL Special "Was wird aus mir? - Wir Krisenkinder" drei existentielle Fragen gestellt:

Was wollt ihr erreichen? Was ist das Schlimmste, was ihr jemals gemacht habt? Und: Wovor habt ihr Angst?

Die Antworten hierauf fügen sich zu einem Bild: Sechs junge Erwachsene stehen auf den folgenden Seiten zu ihren Träumen und Ängsten - und zeichnen in ihrer Gesamtheit ein Selbstporträt ihrer Generation, der Jugend von heute.

Yann Selle, 27, arbeitet als Werbekaufmann in Bonn

Das möchte ich in diesem Jahr erreichen ...

Weitere berufliche Erfolge, wie die der letzten Jahre. Ich möchte glücklicher werden und endlich einen Menschen finden, der das Leben mit mir teilt.

Das Schlimmste, was ich jemals gemacht habe ...

Dass ich meiner Großmutter kurz vor ihrem Tod nicht die Wahrheit über mich und meine Zukunft gesagt habe, aus Angst sie zu enttäuschen.

Ich habe Angst davor, dass ...

... es mit Deutschland weiter bergab geht. Ich sehe zu viele Menschen der jungen Generation, geblendet von Casting-TV-Formaten wie "Germany's Next Topmodel". Ich habe Angst vor einer Gesellschaft in der jeder nur auf sich bedacht ist, ohne Nächstenliebe, Respekt und Vertrauen.

Halszka Nazarczuk, 27, arbeitet als Informatikerin in Hannover

Das möchte ich in diesem Jahr erreichen...

Endlich Design zu studieren, wie ich es mir vor 20 Jahren vorgenommen habe, als ich erstmals beschloss Trickfilmzeichnerin zu werden.

Das Schlimmste, was ich jemals gemacht habe...

Mich so von meinen Zukunftsängsten einschüchtern zu lassen, dass meine Lebensqualität gen Null sank.

Ich habe Angst davor, dass...

... ich den Leuten mehr Glauben schenke, die zu wissen meinen wie ich mein Leben zu führen habe, als an meinem eigenen Ziel festzuhalten.

Stephan Zipperlen, 23, studiert Amerikanistik in Tübingen

Das möchte ich in diesem Jahr erreichen...

Ich möchte meinem Traumberuf einen Schritt näher kommen - meine Bachelorarbeit schreiben und vielleicht ein passendes Volontariat finden.

Das Schlimmste, was ich jemals gemacht habe...

Dass ich viel zu viel Zeit in Computerspiele, Filme und Fernsehen investiert habe - zum Glück weiß ich nicht genau, wieviel Zeit das war.

Ich habe Angst davor, dass...

ich plötzlich allein dastehe.

Jana, 22 sucht einen Studienplatz und lebt in Köln

Das möchte ich in diesem Jahr erreichen...

Platt aber wahr - viel! Ich will einen Studienplatz bekommen. Da ich mit meinem Notendurchschnitt aber leider keine wirklich guten Chancen habe, versuche ich es dieses Jahr mit meiner Alternative Politik. Bis es soweit ist, möchte ich als freie Mitarbeiterin bei einer Zeitung arbeiten.

Das Schlimmste, was ich jemals gemacht habe...

Ich bin zu spät ausgezogen. Zwar hatte ich bereits mit 17 meine eigenen vier Wände, jedoch hätte ich es ein bisschen früher auch geschafft und ich hätte mir so manches erspart. Ich hätte mutiger sein sollen - so schwer ist das gar nicht.

Ich habe Angst davor, dass...

ich den beruflichen Anforderungen an eine Journalistin nicht gerecht werden kann. Oftmals habe ich Angst, dass ich zu viel in meinem Leben verträumt habe. Und ich habe Angst vor gesundheitlichen Problemen. Ein guter Bekannter von mir ist letztes Jahr mit Mitte 20 an Leukämie gestorben. Ich dachte: Mensch, sowas Schreckliches könnte dir auch passieren.

Maik Junghanß, 22, sucht einen Studienplatz und lebt in Berlin

Das möchte ich in diesem Jahr erreichen ...

Ich möchte an einer Hochschule angenommen werden.

Das Schlimmste, was ich jemals gemacht habe ...

Ich habe in Australien ein Känguru umgefahren.

Ich habe Angst davor, dass ...

... ich auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft keine Chancen habe.

Susanne H., 27, ist Managerin und lebt in Klagenfurt

Das möchte ich in diesem Jahr erreichen...

Ich möchte weniger arbeiten, effizienter sein und meine schlummernden Talente wieder aufwecken - und Orientierung finden.

Das Schlimmste, was ich jemals gemacht habe...

Als 18-Jährige bin ich einmal rückwärts auf einer Autobahnabfahrt zurück auf die Autobahn gefahren, als ich gemerkt habe, dass es die Falsche war.

Ich habe Angst davor, dass...

... die Menschen den Glauben in die Demokratie verlieren und unsere Gesellschaft es nicht schafft, ihre Werte gegen radikale Kräfte zu verteidigen.


Mehr Hoffnungen, Ängste und schlimme Taten gibt es im aktuellen SPIEGEL Special "Was wird aus mir? Wir Krisenkinder - Selbstporträt einer Generation"

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