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Bitte lächeln - im Hotel Ufos in der Küche

Nobel geht die Welt zugrunde. Hinter der Fünf-Sterne-Fassade lauert im Hotel mitunter das Grauen. Am schlimmsten findet Torben, 26, das "Clubschiff-Pack": geizig, unzufrieden und völlig manierenfrei - Stoßseufzer eines Hotelfachmanns.

"Das Grand Hotel, in dem ich arbeite, hat fünf Sterne; ein Doppelzimmer kostet mehr als 500 Euro pro Nacht. Besonders voll ist es hier, wenn das große Galopprennen stattfindet. In letzter Zeit fallen auch besonders viele russische Dollarmillionäre in die Stadt ein; auf einmal sind noch mehr grell geschminkte Damen in Pelzmänteln zu sehen als sonst. Für uns bedeuten solche Tage vor allem: noch mehr Stress.

Wer in die Hotelbranche geht, sollte natürlich wissen, worauf er sich einlässt. Cholerische Küchenchefs und durchgeknallte Restaurantleiter sind die Regel. Durch den hohen Druck, den dieser Beruf mit sich bringt, ticken Vorgesetzte gerne mal aus und polieren dann dem erstbesten Azubi, den sie erwischen, die Fresse.

Ich habe schon erlebt, dass Kollegen aus 15 Metern Entfernung ein Pfund Mehl an den Kopf geworfen wurde; auch Teller, die durch die Küche fliegen, sind keine Seltenheit. Intern werden sie 'Ufos' genannt.

Hinter den Kulissen kann es also ganz schön abgehen – natürlich, ohne dass die Gäste davon etwas mitbekommen dürfen. Ein Freund erzählte mir einmal, dass bei McDonald's in den USA ein Schild an den Spindtüren hinge: 'Smile now! You are entering stage!' Genau so ist es: Man geht raus und lächelt freundlich. Ganz egal, was passiert.

Horror mit "Freunden des Hauses"

Am schlimmsten ist es, wenn man eine Abendgesellschaft bekommt – und zusätzlich noch die Vorwarnung, es handele sich dabei um 'Freunde des Hauses'. Alles muss jetzt noch perfekter sein als sonst. Der Küchenchef kreiert also extra ein neues Sechs- oder Sieben-Gänge-Menü, gerade soll der dritte Gang die Küche verlassen…und dann steht am Tisch plötzlich einer auf und hält eine Rede. Unangekündigt. Der absolute Horror!

Ich renne in die Küche und will den dritten Gang stoppen, aber hier wird schon längst das Zwischengericht angerichtet. Ich muss dem Küchenchef die Verzögerung erklären, aber natürlich bekomme ich trotzdem die Schuld: 'Soll ich den Scheiß etwa jetzt wegschmeißen?', werde ich angebrüllt. Ich sage nichts, sondern gehe wieder raus und lächele weiter.

Die Gäste fragen mich, ob die spontane Rede ein Problem darstelle, aber natürlich besänftige ich sie: 'Nicht doch. Lassen Sie sich bitte alle Zeit der Welt!' - und weiß in diesem Moment genau, dass ich dafür in der Küche wieder die Fresse voll bekommen werde. Dagegen tun kann ich nichts: Die Hierarchie ist alles.

Dabei sind es gar nicht mal die richtig reichen Gäste, die mir am meisten auf den Sack gehen, sondern dieses Clubschiff-Pack, das einmal im Jahr einen auf Luxus machen will. Das sind wirklich die Allerschlimmsten.

Gäste ohne jedes Benehmen

Denen passt die Qualität grundsätzlich nicht, nie geht es ihnen schnell genug, und natürlich gucken sie auf jeden einzelnen Cent. Wenn ich am Tisch frage, ob ich noch eine weitere Flasche Wasser bringen dürfe, herrscht erst mal betretenes Schweigen: Man überlegt, ob man die zusätzlichen 8,50 Euro noch ausgeben soll. Ganz ehrlich, Leute? Auf euer Geld scheiße ich!

Zudem haben diese Menschen meist kein Benehmen: So wollte einmal eine Mittfünfzigerin in brüllender Lautstärke von mir wissen, ob ich verheiratet sei oder eine Freundin habe. Als ich beides verneinte, fragte sie laut: 'Ach, so einer vom anderen Ufer? So ein Nougatstecher?'

Es kann doch nicht angehen, dass ich mich am Sonntagnachmittag vor allen Leuten im Restaurant auch noch fragen lassen muss, ob ich schwul sei! Und jedes Mal, wenn ich dann wieder an den Tisch kam, folgten weitere Sprüche.

In diesem Moment dachte ich nur: 'Erstick doch an deiner dämlichen Torte!' Am liebsten würde ich solchen Gästen schon entgegenrufen, sobald sie das Restaurant betreten: 'Tut uns bitte einen Gefallen – und haut einfach wieder ab'!"

Aufgezeichnet von Mirko Marquardt und Jon Mendrala

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