Bundestagsabgeordnete
Durchweg Akademiker, kaum Arbeiter
"Der Bundestag ist mal voller und mal leerer, aber immer voller Lehrer", kalauerte einst Otto Graf Lambsdorff. Im Parlament sind die Berufe tatsächlich höchst ungleich vertreten, wie eine Erhebung eines Internet-Portals zeigt: Juristen und Lehrer liegen deutlich vorn.
Berlin - Die Abgeordneten des Bundestages wirken keineswegs
immer besonders clever. Mancher Politiker strauchelt in öffentlichen
Plenarsitzungen schon bei einfachen Sätzen, Argumente fallen zuweilen
wenig stichhaltig aus und hin, und wieder scheinen Parlamentarier
völlig unbelastet von jeglichem Fachwissen. Gleichwohl kann der erste
Eindruck täuschen. Die Volksvertreter liegen, was den
Bildungsgrad angeht, jedenfalls weit über dem Bundesdurchschnitt, wie
eine jetzt veröffentlichte Auswertung des Internet-Informationsdienstes www.politikerscreen.de ergab.
Danach sitzen im Reichstagsgebäude fast durchweg solide gebildete
Leute, die neben dem Abitur oft noch einen Universitätsabschluss
vorweisen können. Der einfache Arbeiter ist im Bundestag offenkundig
zur absoluten Ausnahme geworden.
Die Fraktionen von SPD, Union und FDP zusammengenommen kommen der
Umfrage zufolge auf einen Anteil von 82,1 Prozent Abgeordnete mit
Abitur oder Fachabitur. Die Quote liegt drei Mal höher als im
Bevölkerungsschnitt. Mittlere Reife können 12,3 Prozent der
Parlamentspolitiker vorweisen, gar nur 5,5 Prozent der gewählten
Volksvertreter arbeiten auf der Basis eines Hauptschulabschlusses,
der früher Volksschulabschluss hieß und eher die Regel als die
Ausnahme war.
90 Prozent Abiturienten bei den Grünen
Den durchschnittlich höchsten Bildungsgrad bringen der Erhebung
zufolge die Grünen mit: In der Fraktion liegt die Abiturienten-Quote bei über 90 Prozent. Alle anderen haben mindestens Mittlere Reife, wie aus der Studie weiter hervorgeht. In den anderen Fraktionen liegt der Abiturienten-Anteil zwischen 70 und 80 Prozent.
Parlamentarier mit Hauptschulabschluss sind in der Unions-Fraktion zu
6,9 Prozent zu finden, bei der SPD, die früher den Anspruch hatte,
die Arbeiterklasse an sich zu binden, sind es 6,0 Prozent.
Die höchste Akademikerquote findet sich in der FDP-Fraktion mit
einem Anteil von 80,9 Prozent, knapp gefolgt von den Grünen mit 78,8
Prozent. CDU und CSU liegen hier klar hinten und kommen nur auf einen
Anteil von 68,2 Prozent in ihren Reihen. Von den 603 Abgeordneten des
Bundestages verfügen immerhin 425 über einen Universitätsabschluss -
somit eine klare Mehrheit; 51 haben eine Fachhochschule absolviert
oder eine Berufsakademie.
Kritische Beobachter des deutschen Parlamentarismus bemängeln im
Übrigen schon länger ein schiefes Bevölkerungsabbild im Bundestag. Ein Blick in die
Bundestags-Berufsliste bestätigt den alten Lambsdorff-Spruch "Der Bundestag ist mal
voller und mal leerer - aber immer voller Lehrer". Nicht nur, dass Akademiker
ohnehin in der Überzahl sind: Juristen (123) und Lehrer (67) sind
unter den Studierten im Bundestag mit Abstand am häufigsten
vertreten.
Von Peter Kosfeld, ddp
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