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Winzer in Kalifornien Abgegrast

Wein oder Weed? Diese Frage stellen sich derzeit Winzer in Kalifornien. Ab Januar darf Marihuana in ihrem Bundesstaat frei verkauft werden - und schon jetzt beginnt ein Kampf um Flächen und Arbeitskräfte.
Cannabis-Plantage

Cannabis-Plantage

Foto: ABIR SULTAN/ picture alliance / dpa

Michael Silacci prüft die Trauben an den Reben im kalifornischen Napa Valley. Seit dreizehn Jahren leitet der Winzer das Edelweingut Opus One an der US-Westküste. Immer wieder hat er sich dabei Sorgen gemacht, ob es ausreichend Wasser für seine Reben gibt. Aber jetzt kommt ein neues Problem auf ihn und viele andere Winzer in Kalifornien zu: ein Konkurrenzkampf mit Cannabis-Bauern, und zwar nicht zuletzt um Erntehelfer.

"Die Auswirkungen sind einfach schwer abzusehen", sagt Silacci über den erwarteten Cannabis-Boom. Ab Januar 2018 darf Marihuana als Genussmittel in Kalifornien frei verkauft werden. Schon jetzt wird es angebaut - aber unter den Auflagen für medizinisches Marihuana.

Alicia Rose setzt schon seit 2015 auf "Gras". Nach 15 Jahren als Beraterin in der Weinindustrie hat sie umgesattelt. Über ein Kollektiv vertreibt sie unter anderem Joints, Tee, Tinkturen, Lotionen und "Edibles", also mit dem Wirkstoff THC versetztes Gebäck und Schokolade.

Mit Rose sitzen nun Tausende Anbauer und Unternehmer in den Startlöchern, um nächstes Jahr groß ins Geschäft einzusteigen. Bis dahin basteln der Staat und die Kommunen noch an zig Auflagen, von Besteuerung und Grundwasserrechten bis zu Anbaulizenzen. Oregon und Colorado haben es schon vorgemacht. Kalifornien ist der achte US-Staat, der Hanf vom Schwarzmarkt ins Rampenlicht rückt.

Schild im Napa Valley: "Willkommen in der weltbekannten Weinbauregion"

Schild im Napa Valley: "Willkommen in der weltbekannten Weinbauregion"

Foto: Barbara Munker/ dpa

Beim ersten "Wine & Weed"-Symposium in Santa Rosa gehen Winzer und Vertreter der Cannabis-Industrie diese Woche erstmals auf Tuchfühlung. Die Konferenz mit mehr als 400 Teilnehmern sei komplett ausgebucht, erzählt Tagungsleiter George Christie. "Der Dialog ist extrem wichtig, denn beide Industrien bauen in denselben Gebieten an, konkurrieren um Arbeiter vor allem in der Erntezeit, ringen um Käufer und Touristen."

Wein "Made in California" ist ein Milliardengeschäft. Nach Frankreich, Italien und Spanien gehört der Westküstenstaat zu den wichtigsten Produzenten weltweit. Allein in den USA wurde 2016 kalifornischer Wein im Wert von mehr als 34 Milliarden Dollar verkauft. Aber auch der legale Handel mit Marihuana boomt. Im vergangenen Jahr legte der US-Markt um 34 Prozent zu. Wissenschaftler der Universität Davis gehen davon aus, dass Kalifornien im Jahr 2020 ein Geschäft in Höhe von sieben Milliarden Dollar mit Marihuana machen wird.

Cannabis-Bauern zahlen besser

Winzer fürchten vor allem einen Konkurrenzkampf mit Cannabis-Unternehmen um die längst knapp gewordenen Latino-Arbeitskräfte. Der Rückgang von Landarbeitern aus Mexiko sei deutlich zu spüren, sagt Winzer Silacci. "Die Rhetorik der Trump-Regierung verschlimmert das noch, die Leute haben Angst."

Auch Al Winter macht sich jetzt schon Sorgen, wie er im Herbst rund 500 Saisonarbeiter für die Weinernte beschaffen soll. Als Verwalter des Unternehmens Foley Family Wines betreut er zwei Dutzend Weingüter, von Santa Barbara in Südkalifornien bis in den nördlichen US-Staat Washington, wo Marihuana für Genusszwecke schon 2014 legalisiert wurde.

Phil Coturri

Phil Coturri

Foto: Barbara Munker/ dpa

"Die Cannabis-Farmer machen uns ganz schön Druck, sie zahlen hohe Stundenlöhne, bis zu 20 Dollar, gewöhnlich bar auf die Hand", sagt Winter. Nun müssten auch die Weinbauer tiefer in die Tasche greifen, um Arbeiter zu halten. Einige der 4000 Weingüter in Kalifornien werden diesen Kostenanstieg nicht verkraften, prophezeit der Verwalter. "Wer weiß, vielleicht kommt es in Kalifornien einmal so weit, dass sich Winzer von einem Hektar Wein trennen und darauf Weed anbauen."

"Wein und Weed, das sind zwei Sachen, die wir in Kalifornien wirklich gut machen", findet der 64-jährige Winzer Phil Coturri aus Sonoma Valley. Aus seiner Vorliebe für Marihuana macht der Kalifornier keinen Hehl. Dass Weingutbesitzer nun auch offiziell ins Cannabis-Geschäft einsteigen, sieht er allerdings nicht. "Das müssen wir vorerst streng trennen, solange die Bundesbehörden nicht mitspielen."

Weinbauer in den USA benötigen eine Bundeslizenz. Hanfpflanzen zwischen den Rebstöcken könnten dies gefährden, denn das Bundesgesetz verbietet die Droge nach wie vor, auch wenn einzelne Staaten Cannabis längst legalisiert haben. Die Regierung von Barack Obama ließ die Zügel locker, doch sein Nachfolger Donald Trump könnte einen härteren Kurs vorgeben.

Barbara Munker, dpa/fok

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