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Community-Tücken Datenmüll als Karrierekiller

Das Internet hat ein Gedächtnis - und langsam merken das auch arglose Menschen, die in Netzwerken bisher fröhlich intimste Details preisgeben. Das ist riskant, weil Headhunter Lebensläufe im Web prüfen. Dienste zur Imagepflege sollen erste Hilfe leisten.

Personen-Suchmaschinen befördern meist einen Wust an biografischen Nebensächlichkeiten ans Tageslicht. Das weiß jeder, der schon einmal im Internet nach einem alten Schulfreund geforscht und ein virtuelles Puzzle erhalten hat: eine Schatzmeistertätigkeit im Tischtennisverein des Sohnes hier, ein verwackeltes Partyfoto aus Studententagen da, außerdem das Werbeplakat für einen Diavortrag über Grönland. Das eine oder andere Detail seiner Web-Biografie möchte man lieber wieder löschen.

Besonders, wenn es zum Karriererisiko werden kann.

Ein Drittel aller Headhunter prüft die virtuellen Fingerabdrücke der Aspiranten mit Hilfe von Google oder der Personensuchmaschine Yasni, bevor die Einladung zum Vorstellungsgespräch rausgeht. Das ergab eine Befragung des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU) im Herbst vergangenen Jahres. Demnach hat über die Hälfte der Headhunter schon einmal infolge ihrer Recherche einen Kandidaten noch vor dem persönlichen Treffen aus dem Rennen geworfen.

Die Bedeutung dieses webbasierten Auswahlverfahrens steigt in dem Maße, in dem die allgemeine Internetnutzung zunimmt und immer neue Anbieter von Online-Communitys auf den Markt drängen. So startete kürzlich die deutsche Seite des weltweit zweitgrößten Anbieters Facebook, der zum Marktführer MySpace aufschließen will. Der deutsche Marktführer StudiVZ kam der US-Marke mit seiner neuen Tochter MeinVZ für junge Berufstätige um wenige Tage zuvor.

Freiwillige Abschaffung der Privatsphäre

Vier von zehn Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben bereits ein Profil bei einem Online-Netzwerk, fünf von sechs nutzen das Netz laut Forsa täglich oder mehrmals pro Woche. Wer auf den virtuellen Streifzügen durch Blogs, Foren und Communitys unvorsichtig ist, arbeitet freiwillig an der Abschaffung seiner Privatsphäre. Ob dümmliche Kommentare oder peinliche Fotos, das Netz vergisst nichts.

Dieses Datenpuzzle nutzen Personaler, um sich ein Bild von dem Kandidaten zu machen. Und wenn eine Mitgliedschaft in einem FKK-Fan-Forum mitsamt dem fotografischen Beweismaterial aktenkundig wird, können eben auch hochglanzpolierte Designerschuhe und ein einwand- und knitterfrei geplätteter Maßanzug nichts mehr ausrichten.

Aber auch aus dem neuen Bedürfnis nach einer makellosen Internet-Reputation wurde längst eine Branche zu dessen Befriedigung geboren. Mittlerweile existiert eine große Zahl von Anbietern, die ihren Kunden verspricht, durch gezieltes Imagemanagement jeden noch so ruinierten Online-Ruf zu retten.

Da sind zunächst die kostenlose Dienste wie Claim-ID, Naymz, Spock oder die deutsche Version myON-ID. Bei diesen Portalen erstellt man ein Profil, in dem man Seiten, die den eigenen Namen enthalten, sortieren und kommentieren kann. Gewünschte Inhalte optimiert der Dienst, so dass sie von Suchmaschinen wie Google zuoberst angezeigt werden. Das Online-Fotoalbum vom Mitgliedertreffen des FKK-Vereins ist dann zwar noch vorhanden, rutscht jedoch auf eine der hinteren Seiten der Ergebnisliste.

Imagepflege durch gezieltes Löschen

Die aggressivere Form der Imagepflege nennt sich ReputationDefender; seit Januar ist der Dienst einer kalifornischen Firma auch in Deutschland auf dem Markt. Peinliche Fotos, üble Nachrede in sozialen Netzwerken und unüberlegte Einlassungen in Foren verspricht das Unternehmen mittels eines freundlichen Anrufs oder notfalls eines Gerichtsverfahrens zu löschen.

Der Rufrettungsdienst kostet einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von rund sechs Euro, jeder Löschvorgang schlägt mit weiteren 20 Euro zu Buche. Ein Zusatzangebot richtet sich an vorsichtige Eltern: MyChild hält die Eltern für ebenfalls sechs Euro in monatlichen Reports darüber auf dem Laufenden, auf welchen Seiten sich das Kind herumtreibt.

Grundsätzlich gilt: Wer missliebiges Material über sich oder Familienangehörige im Netz entdeckt, das um die berufliche Zukunft bangen lässt, kann sich auch ganz unbürokratisch an den Anbieter der jeweiligen Seite wenden und um Entfernung bitten - und sich die Entsorgungsgebühr von 20 Euro sparen.

Von Ariane Breyer, ddp

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