
Kopfbedeckung am Arbeitsplatz Mehr Mut zum Tuch


Frauen mit Kopftüchern auf dem Potsdamer Platz in Berlin
Foto: Arno Burgi/ picture alliance / dpaEigentlich ist es nur ein Stück Stoff. Aber wenn es sich eine muslimische Frau übers Haar legt, ist es - schwupps - Karrierebremse, religiöses Symbol, Streitobjekt, Angstmacher. Kein Kleidungsteil schafft es bei uns so oft in die Presse wie das Kopftuch.
Die Kopftuch-News heute: Der Europäische Gerichtshof hält es in bestimmten Fällen für rechtens, dass Arbeitgeber das Kopftuch im Job verbieten. Etwa dann, wenn sich die Firma generell eine religiöse und politische Neutralität in die Statuten schreibt.
Wenn ein Firmenchef also nicht möchte, dass Mitarbeiterinnen mit Kopftuch zur Arbeit kommen, muss er nur eine Hausordnung erlassen, die auch Kettchen mit Kreuzanhänger und Che-Guevara-Shirts untersagt. Und die pauschal für alle gilt.
Sie kann auch nur für Mitarbeiter gelten, die Kunden betreuen. Die Richter des EuGH zeigen besonders viel Verständnis, wenn eine Firma Kunden gegenüber neutral erscheinen möchte. Ein Verbot religiöser Symbole - darunter auch das Kopftuch - sei dann "unbedingt erforderlich".
Dabei wäre in unserer hypersensiblen Gesellschaft das Kopftuch gerade im Kundenkontakt unbedingt sinnvoll. Derzeit ist es doch so: Frauen mit Kopftuch lösen bei vielen Menschen Ängste vor einer "Islamisierung" unseres Landes, vor einem Verlust "deutscher" Werte, gar vor Terrorattacken aus.
Doch ohne die Terrorgefahr kleinreden zu wollen: Mit muslimischen Frauen, die kopfbetucht ihrem Alltag nachgehen, hat sie nichts zu tun. Und es würde dem Miteinander dienen, wenn es mehr positive Rollenbilder gäbe.
Soll heißen: Wenn mehr Kopftuchträgerinnen hinter Bankschaltern, an Rezeptionen oder in Schuhläden ihrer Arbeit nachgingen, hätten mehr Kunden eine Chance, ein ausgewogeneres und persönlicheres Bild von Frauen zu bekommen, die sich aus unterschiedlichen Gründen ein eigentlich harmloses Stück Stoff um den Kopf legen.
Mag sein, dass sich manche Kunden beschweren, wenn sie in der Bank von einer Frau mit Kopftuch empfangen werden. Andererseits wird es Kunden geben, die sich freuen, dass ihre Bank ein interkulturelles Image pflegt und Mitarbeiterinnen fördert, die kompetent sind - egal was sie auf dem Kopf haben.
Es wäre schön gewesen, wenn das höchste EU-Gericht Arbeitgeber ermutigt hätte, die Diversität zu fördern, die in unserer Gesellschaft längst alltäglich ist. Stattdessen weist es darauf hin , dass es vielleicht möglich gewesen wäre, der belgischen Klägerin Samira A., damals Rezeptionistin bei einer Sicherheitsfirma, einen anderen Arbeitsplatz anzubieten: "ohne Sichtkontakt mit Kunden".
Möglich wäre es vielleicht gewesen. Und trotzdem genau falsch.