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Filmanimation Beste Chancen für Digital-Trickser

Seit den Anschlägen in den USA sind Actionfilme mit einstürzenden Neubauten und explodierenden Hubschraubern verpönt. Dennoch sind "Digital Artists" gefragt wie nie. Wer das Studium schafft und sich mit Spezialeffekten auskennt, hat blendende Berufsperspektiven.

Zum Glück hat Volker Engel seinen Oscar schon 1996 bekommen. In den nächsten Jahren könnte es schwierig werden, mit Katastrophenfilmen wie "Independence Day", für den der Deutsche die Spezialeffekte beisteuerte, zu reüssieren. Zu sehr hat sich die Realität den Phantasien der Alptraumfabrik Hollywood genähert. Trotzdem müssen sich Digital Artists wie Engel um ihre Zukunft keine Sorgen machen.

Kaum ein filmisches Erzeugnis, und seien es nur die Werbespots fürs Fernsehen, kann auf digitale Tricks verzichten. "Unsere Absolventen kommen alle gut unter. Es gibt auf dem Markt einen riesigen Bedarf", sagt Sven Pannicke vom Fachbereich Animation der Filmakademie in Ludwigsburg, wo auch Volker Engel regelmäßig als Dozent vorbeischaut.

Das Aufgabenspektrum der Digital Artists reicht vom bloßen Retuschieren und Korrigieren bis zum Erschaffen künstlicher Bildwelten in Computerspielen oder Spielfilmen. Jüngstes Vorzeigewerk der Branche ist der Streifen "Final Fantasy", bei dem sämtliche Charaktere nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Bits und Pixeln bestehen.

Das altmodische Zeichnen als Basis

Der Computer ist aber auch bei dieser neuesten Trickfilm-Variante nicht mehr als ein Werkzeug. Deshalb üben sich Studenten der privaten German Film School for digital production in Elstal bei Berlin zunächst in einer ganz altmodischen Kunst: dem Zeichnen. Die Produktion eines etwa dreiminütigen klassischen Zeichentrickfilms soll sie mit Bewegungsabläufen vertraut machen - das können auch die komplexesten Computerprogramme später nicht ersetzen.

Obwohl für die erste Ausbildungsetappe nur einige Monate angesetzt sind, ist der Trickfilm einer Studentengruppe kürzlich bei einem Wettbewerb in Italien prämiert worden. Für Hochschulpräsident Professor Bernd Willim sind solche Erfolge wichtig. Denn der erst vor rund anderthalb Jahren aufgenommene Lehrbetrieb kann seine Qualität noch nicht mit fertigen Absolventen belegen.

Zweieinhalb Jahre dauert die Ausbildung zum Digital Artist in Elstal - deutlich kürzer als an anderen Hochschulen, die vier bis viereinhalb Jahre veranschlagen. "Wir können das in dieser Zeit aber auch nur schaffen, weil es kaum Semesterferien gibt und Studenten oft eine Sechs-Tage-Woche einlegen müssen", so Willim. "Auch das Zeitmanagement wird auf diese Weise trainiert."

Stolze 80.000 Mark Studiengebühren

Die Studenten sind mit Eifer bei der Sache. Dafür bürgen auch die hohen Studiengebühren: bis zum Diplomprüfung knapp 80.000 Mark. Um in der renommierten Ludwigsburger Filmakademie aufgenommen zu werden, braucht man dagegen vor allem Glück und Talent: Nur zehn bis zwölf Studenten mit dem Schwerpunkt Animation/Digitale Bildgestaltung können hier jeweils zum Wintersemester anfangen, über hundert bewerben sich. Und wer die Regelstudienzeit von viereinhalb Jahren überschreitet, wird exmatrikuliert.

Auch andere der fünf staatlichen Medienhochschulen reagieren auf den wachsenden Bedarf an Animationsdesignern. So bietet die Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) in Potsdam-Babelsberg einen auf acht Semester angelegten Studiengang, der auch die neuesten computergestützten 3D-Verfahren umfasst.

Stärker auf klassische 2D-Animation im Stil Walt Disneys ist dagegen das neue einjährige Weiterbildungsprogramm Trickfilm/Animation an der Internationalen Filmschule (IFS) Köln angelegt. Das gilt auch für die 14-monatige Ausbildung an der privaten animation-school-hamburg, die pro Monat 300 Mark kostet.

"Computergrafik-Freaks sind extreme Charaktere"

Nicht viel mehr als Grundkenntnisse in digitaler Bildbearbeitung werden an Fachhochschulen in den Studiengängen Kommunikationsdesign oder Visuelle Kommunikation vermittelt. Ralf Ott hat nach einem solchen Studium erst als Praktikant, dann als Assistent beim Medienunternehmen Das Werk, deutscher Marktführer auf dem Gebiet digitale Postproduktion, weitergemacht: "Ich habe das damals als Aufbaustudium betrachtet."

Heute leitet Ott die Niederlassung in Frankfurt und ist für die Einstellung neuer Digital Artists zuständig. Zwar kann er über Bewerbermangel nicht klagen, aber "der Anteil derjenigen, die ernsthaft in Frage kommen, ist sehr dünn".

Weil die Hochschulen die Nachfrage nicht decken, bekommen auch Quereinsteiger und Autodidakten eine Chance. Doch sie haben oft ein spezifisches Problem, meint Ott: "Freaks in Sachen Computergrafik sind häufig extreme Charaktere. Als Digital Artist darf man aber kein Eigenbrötler sein, sondern muss im Team arbeiten können." Das hat auch Bernd Willim von der German Film School erkannt. In Elstal werden die Studenten daher in Rhetorik und Konfliktmanagement unterrichtet.

Arbeitslose Filmemacher gibt es reichlich, für Digital Artists dagegen sind die Verdienstmöglichkeiten hervorragend: Freischaffende Spitzenkräfte kommen mitunter auf Tagessätze von über 1500 Mark. Ein Hochschulabsolvent steigt bei Das Werk mit etwa 5500 Mark brutto ein. Auch Katastrophen wie jetzt in New York können dem Beruf nicht wirklich etwas anhaben: "Die TV-Sender brauchen immer Futter", sagt Ralf Ott. "Und wenn es sich um die Simulation des Flugzeug-Einschlags in das World Trade Center handelt."

Von Tobias Wiethoff, gms

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