Frauen und Technik Mit der Fliegerstaffel hinterher
Das Klischee vom blassen, männlichen Computerexperten entspricht leider noch immer der Wirklichkeit: Denn obwohl junge Frauen im Durchschnitt in der Schule besser sind, sind sie in technischen oder naturwissenschaftlichen Berufen noch immer unterrepräsentiert. Um das zu ändern, findet am Donnerstag bereits zum vierten Mal der "Girls Day" statt.
Frauen stellen mittlerweile mehr als die Hälfte der Abiturienten und verlassen allgemeinbildende Schulen im Durchschnitt mit besseren Abschlüssen als die männlichen Schulabgänger. "Obwohl viele Mädchen in der Schule sehr gut abschneiden, entscheiden sich viele für typisch weibliche Berufe, in denen das Entwicklungspotenzial begrenzt ist", sagt IG-Metall-Vorstandsmitglied Kirsten Rölke. Individuelle Begabung bliebe oft ungenutzt, während in technisch orientierten Betrieben und Studiengängen gut qualifizierter Nachwuchs fehle.
Die bundesweite Initiative zum "Girls Day" ist erfolgreich: Im vergangenen Jahr nahmen über 100.000 Schülerinnen teil, in diesem Jahr rechnen die Organisatoren mit etwa 110.000 Teilnehmerinnen. Auch die Anzahl der Veranstalter ist von 3.900 auf 5.026 gestiegen, wobei in diesem Jahr verstärkt Kleinbetriebe als Neuzulauf hinzugekommen sind.
Blick in Labore und Werkstätten
Der bundesweite Aktionstag will den Schülerinnen eine frühe, praxisnahe Berufsorientierung bieten. Dabei liegt der Fokus vor allem auf naturwissenschaftlichen, informationstechnologischen und technischen Berufsbildern. Betriebe, Unternehmen, Hochschulen, Bildungsstätten und auch Forschungseinrichtungen bieten den Interessentinnen Einblicke in die "männlichen" Berufsbereiche, indem die Veranstalter ihre Labore, Büros, Werkstätten und Redaktionsräume öffnen. In Workshops und Aktionen können sich die Mädchen informieren.
So kann der Nachwuchs bei der IG Metall das Zusammenbauen eines PCs kennen lernen oder die Fliegerstaffel des Bundesgrenzschutzamts besuchen. Dazu zählen auch neue Ausbildungsberufe, wie der exotisch klingende Beruf der Zerspanungsmechanikerin oder der Mechatronikerin. Auch das Kanzleramt beteiligt sich dieses Jahr wieder und lädt 32 Schülerinnen ein, technische Berufe in der Regierung kennen zu lernen.
Klage über fehlende Vorbilder
Nicht mangelnde Fähigkeiten und Interessenlosigkeit, sondern fehlende weibliche Vorbilder und unrealistische Vorstellungen von den sogenannten "Männerberufen" beeinflussen die Berufswahl von Mädchen. Im System der dualen Berufsausbildung interessieren sich vier von fünf Schulabgängerinnen für gerade einmal 25 meist "typisch weibliche" Ausbildungsberufe von insgesamt etwa 360. Zu den Klassikern gehören Friseurin, Arzthelferin oder die sehr gefragte Ausbildung zur Büro- oder Einzelhandelskauffrau.
Auch Bundesministerin Renate Schmidt setzt sich für den Aktionstag ein: "Die bestausgebildete Frauengeneration aller Zeiten ist eine Ressource, die es zu nutzen gilt."
Beim "Girls Day" stellen die Initiatoren aus Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften auch Berufe in Führungspositionen vor. Zwar ist hier der Frauenanteil in den letzten Jahren gestiegen, doch liegt Deutschland nach Angaben der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Grant Thornton International weltweit auf einem der hinteren Ränge, wie ein internationaler Vergleich von 26 Staaten zeigt.
Heike Thienhaus, AP