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Muslimische Lehrerinnen Kopftuchverbot - in jedem Bundesland anders

Dürfen Lehrerinnen im Unterricht ein Kopftuch tragen? Das ist immer wieder Thema vor Gericht - und wird immer wieder anders entschieden. Ein Überblick.
Frauen mit Kopftüchern im Berliner Arbeitsgericht (Archivbild)

Frauen mit Kopftüchern im Berliner Arbeitsgericht (Archivbild)

Foto: Jörg Carstensen/ dpa

Eine Lehrerin kommt in einer Grundschule in Berlin-Spandau mit Kopftuch zum Unterricht. Nach nur einem Tag wird sie deshalb vom Dienst freigestellt, und später an ein Oberstufenzentrum versetzt, wo sie eine Willkommensklasse unterrichten soll - mit Verweis auf das Berliner Neutralitätsgesetz, das besagt, dass Polizisten, Justizmitarbeiter und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen im Dienst keine religiös geprägten Kleidungsstücke tragen dürfen. Die Lehrerin klagt dagegen, nun entscheidet das Berliner Arbeitsgericht über den Fall.

Die Zulässigkeit von Kopftüchern in öffentlichen Ämtern ist immer wieder Thema vor Gericht - und wird immer wieder anders entschieden. Das Bundesverfassungsgericht hatte vor drei Jahren ein pauschales Kopftuchverbot an Schulen gekippt und die Bedeutung der Religionsfreiheit betont. Allein vom Tragen eines Kopftuches gehe noch keine Gefahr aus.

Inzwischen hat jedes Bundesland sehr unterschiedliche Regelungen entwickelt, wie mit muslimischen Lehrerinnen an Schulen umzugehen ist - so geht es aus einer Zusammenstellung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vom September 2017 hervor. Hier ein Überblick:

BADEN-WÜRTTEMBERG

Das Land verweist auf das Bundesverfassungsgericht, wonach ein Kopftuchverbot nur bei konkreter Gefährdung des Schulfriedens in Betracht kommt. Eine noch von Grün-Rot angestrebte Änderung des Schulgesetzes wurde ad acta gelegt. Aus Sicht des CDU-geführten Kultusministeriums gibt es keinen dringenden Handlungsbedarf. In Baden-Württemberg unterrichten bereits Frauen mit Kopftuch.

BAYERN

Im bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz ist zwar kein ausdrückliches Kopftuchverbot formuliert, wohl aber eine indirekte Anti-Kopftuch-Bestimmung. Religiöse Symbole sind unzulässig, sofern sie bei Schülern oder Eltern "auch als Ausdruck einer Haltung verstanden werden können, die mit den verfassungsrechtlichen Grundwerten und Bildungszielen der Verfassung einschließlich den christlich-abendländischen Bildungs- und Kulturwerten nicht vereinbar ist".

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hatte diese Formulierung 2007 für rechtens erklärt. Der Freistaat hält weiter daran fest, auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2015. Allerdings gab es in Bayern im Jahr 2016 eine Referendarin, die mit Kopftuch unterrichtet hat, wie die "Augsburger Allgemeine" berichtet.   Ob eine Lehrerin ein Kopftuch tragen darf, muss im Einzelfall geprüft werden - das hat das Kabinett klargestellt.

BERLIN

Das Neutralitätsgesetz schreibt vor, dass Lehrer an allgemeinbildenden Schulen keine religiös geprägten Kleidungsstücke tragen dürfen. Es ist allerdings umstritten. Das Landesarbeitsgericht hat im Juli 2017 einer muslimischen Lehrerin eine Entschädigung zugesprochen, weil sie bei der Bewerbung wegen ihres Kopftuchs abgelehnt worden war. Justizsenator Dirk Behrendt erklärte daraufhin, das Berliner Gesetz sei nicht zu halten. Teile des Senats wollen aber daran festhalten. Und im aktuellen Fall wies das Berliner Arbeitsgericht die Klage der Grundschullehrerin, die mit Kopftuch unterrichten wollte, ab.

BRANDENBURG

Im öffentlichen Dienst gibt es keine Regelungen für den Umgang mit Kopftüchern. Bislang werde keine Notwendigkeit gesehen, Regelungen zum Zeigen religiöser Symbole im Schulgesetz zu verankern, heißt es aus dem Innenministerium.

BREMEN

Lehrerinnen dürfen ein Kopftuch tragen, Schülerinnen auch, so die zuständige Senatsbehörde.

HAMBURG

Laut Hamburger Senat haben sich Angehörige des öffentlichen Dienstes bei allen weltanschaulichen und religiösen Bekundungen im Zusammenhang ihres Dienstes zurückzuhalten. Religiös motivierte Kleidung kann im Zusammenhang mit Verhaltensweisen oder Äußerungen Anlass sein, die Eignung eines Bewerbers für ein bestimmtes Amt zu hinterfragen. Allein das Tragen eines Kopftuchs sage aber nichts über die Eignung einer Frau als Lehrerin aus.

HESSEN

Beamte und Angestellte müssen sich laut Innenministerium religiös und politisch neutral verhalten. Das Tragen eines Kopftuchs im Unterricht ist möglich, solange der Schulfrieden nicht beeinträchtigt und keine Gefahr für die staatliche Neutralität gesehen wird. In Hessen tragen laut Bundestags-Dokument 13 Referendarinnen und Lehrerinnen ein Kopftuch. Es gibt allerdings auch keine Meldepflicht darüber.

MECKLENBURG-VORPOMMERN

Laut Regierungssprecher gibt es keine zentrale Regelung zum Kopftuch und anderen religiösen Symbolen im öffentlichen Dienst. Dafür gebe es aktuell keinen Bedarf. Streitfälle seien nicht bekannt.

NIEDERSACHSEN

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2015 hat Niedersachsen Lehrerinnen das Tragen des Kopftuchs erlaubt. Nur wenn der Schulfrieden gefährdet oder die staatliche Neutralität in Gefahr ist, kommt ein Verbot infrage.

NORDRHEIN-WESTFALEN

Im bevölkerungsreichsten Bundesland wird das Tragen religiöser Symbole immer im Einzelfall geprüft. Laut Schulgesetz gilt die Neutralitätspflicht. Bei Gericht sind keine Fälle anhängig.

RHEINLAND-PFALZ

Das Dienstrecht kennt kein pauschales Kopftuchverbot, sagt ein Sprecher des rheinland-pfälzischen Innenministeriums. Es gebe keinen juristischen Streit um das Kopftuch als Bekenntnis zum muslimischen Glauben. Allerdings werde darauf geachtet, dass sich Lehrer weltanschaulich-religiös neutral verhalten und dass der Schulfrieden gewahrt bleibe. In den vergangenen zehn Jahren gab es sechs Lehrerinnen in dem Bundesland, die ein Kopftuch im Dienst getragen haben.

SAARLAND

Das Schulordnungsgesetz schreibt vor, der Erziehungsauftrag sei so zu erfüllen, "dass durch politische, religiöse, weltanschauliche oder ähnliche äußere Bekundungen" weder die Neutralität des Landes noch der Schulfrieden gefährdet oder gestört werden. Ein pauschales Kopftuchverbot gibt es nicht.

SACHSEN

Laut Kultusministerium können die Schulen selbst beurteilen, ob das Tragen eines Kopftuches den Schulfrieden beeinträchtigt. Generelle Vorgaben gebe es nicht.

SACHSEN-ANHALT

Das Land sah sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Kopftuchverbot an öffentlichen Schulen nicht betroffen. Es gibt kein Kopftuchverbot, Konfliktfälle sind nicht bekannt.

SCHLESWIG-HOLSTEIN

In diesem Bundesland orientiert man sich am Bundesrecht. Darüber hinaus gehende Regelungen - wie zum Tragen eines Kopftuches - seien nicht geplant, heißt es. Laut Justizministerium trägt eine Rechtsreferendarin Kopftuch.

THÜRINGEN

Konfliktfälle sind laut Bildungsministerium nicht bekannt. Im Schulgesetz ist ein Neutralitätsgebot verankert, Werbung für Religionsgemeinschaften ist dort nicht erwähnt.

Vollverschleierungsverbot gilt bundesweit

Eine Regel gilt aber in ganz Deutschland: Beamten ist es bundesweit untersagt, ihr Gesicht im Dienst zu verhüllen - es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern das. Zudem gilt seit vergangenem Jahr ein Bundesgesetz mit Vollverschleierungsverbot für alle Beamten.

kha/dpa
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