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MBA für Kreative Management by Luftpumpe

Klappern gehört zum Handwerk, man muss klotzen statt kleckern und Weltklasse sein. Mindestens. Wer wüsste das besser als die Elite der deutschen Werbebranche? Der deutsche Art Directors Club will mit der Steinbeis-Hochschule in Berlin den "weltweit ersten Kreativ-MBA" für Spitzenmanager starten - und verbläst viel heiße Luft.
Von Bärbel Schwertfeger

Für Michael Conrad ist klar: "Wir brauchen ein erneuertes Management, das Decken runterreißt, Fenster öffnet und Raum für neue Kommunikationsqualitäten schafft", fordert der langjährige Kreativchef von Leo Burnett. Denn das meiste, was heute an Werbung produziert wird, wolle doch keiner mehr sehen. Damit sich das ändert, will der Art Directors Club für Deutschland (ADC) e.V., der sich selbst als Vereinigung der besten Kreativen in Design, Editorial und Werbung bezeichnet, an seinem neuen ADC-Institut ab Herbst 2005 den "weltweit ersten Executive MBA für Kreative" anbieten. Das berufsbegleitende Studium zum Master of Business Administration (MBA) soll Führungskräfte aus Medien, Entertainment und Werbung zu besseren Managern machen.

"Kreative tun sich oft in Führungspositionen schwer, weil ihnen eine Managementausbildung fehlt und weil die Anforderungen in kreativen Führungspositionen sehr spezifisch sind", sagt ADC-Sprecher Sebastian Turner. Präsident des neuen Instituts wird der 60-jährige Michael Conrad; als Co-Chairman im Beirat und als Dozenten hat man Bertelsmann-Vorstand Rolf Schmidt-Holtz gewonnen.

Hohe Zulassungshürden

Im kommenden Jahr soll der Lehrbetrieb beginnen. Als akademischen Partner hat sich der ADC dabei "einstimmig" für die "international renommierte Steinbeis-Hochschule" entschieden. Die staatlich anerkannte Privathochschule wurde 1998 von der Steinbeis-Stiftung gegründet, die ihren Schwerpunkt beim Transfer von Wissenschaft in die Wirtschaft setzt, vor allem im technologischen Bereich. Die Hochschule bietet derzeit neun MBA-Programme an, darunter einen Finanz-MBA, einen Excellence- und Social-MBA sowie einen Medien-MBA. Im Gegensatz zu anderen Hochschulen gibt es bei Steinbeis keine Lehrstühle, sondern alle Angebote werden über 38 so genannte Transfer-Institute organisiert. Dabei haben auch die MBA-Studiengänge ihre eigenen Institute.

Das ADC-Institut ist daher Nummer 39 und Direktor Carsten Rasner, der auch noch weitere Institute leitet, Angestellter der Hochschule. Finanziert wird das Institut über Studiengebühren, Stiftungsprofessuren und Sponsoren. "Wir gehen auf die Industrie zu", sagt Rasner. Der ADC zahle nichts. "Weil wir in der Kooperation den Zugang zu einer interessanten Branche und internationalen Koryphäen bekommen, haben wir den ADC bei der Programmkonzeption eng involviert", erklärt Rasner, "diese Partner geben uns wichtige Impulse, um die Bedürfnisse der Branche zu treffen." Als erster komplett englischsprachiger Studiengang sei der Kreativ-MBA zudem ein wichtiger Schritt zur Internationalisierung der Hochschule.

Inhaltlich gibt es dabei klare Vorgaben. Zwei Drittel des Studiums umfassen laut Rasner klassische General Management-Inhalte. Den Titel "MBA in Creativity, Management and Leadership" vergibt nicht das ADC-Institut, sondern die Hochschule. Geplant sind 90 Präsenztage, hinzu kommen mindestens 100 Tage Selbstlernen. Die Studiengebühren sollen zwischen 30.000 und 50.000 Euro liegen. Zu den Zulassungsvoraussetzungen gehören laut Rasner ein erster Hochschulabschluss, mindestens fünf Jahre Berufserfahrung sowie das Absolvieren des Englischtests TOEFL und des anspruchsvollen GMAT (Graduate Management Admission Test).

"Wir sprechen die Spitze der Pyramide an"

Dass in der eher un-akademischen Kreativbranche etliche Interessenten schon an den Zulassungskriterien scheitern könnten, stört ADC-Vorstandssprecher Sebastian Turner nicht. "Wir sprechen die Spitze der Pyramide an, und wer dort ist, dem ist klar, dass so ein Top-Management-Programm hohe Ansprüche stellt", sagt der Chef der Werbeagentur Scholz&Friends. "Wir wollen kein Stadion füllen, sondern suchen jedes Jahr 25 bis 30 handverlesene Spitzenteilnehmer weltweit."

Nach zwei Jahren intensiver Recherche habe man erkannt, dass es weltweit noch keinen Executive-MBA für Kreative gebe, betont Michael Conrad und hofft, dass dem ADC mit dem Angebot "ein internationaler Leuchtturm für Creative Leadership" gelingen wird. Sehr intensiv kann die Recherche nicht gewesen sein - MBA-Studiengänge mit Spezialisierung im Kreativbereich gibt es längst an zahlreichen renommierten Business Schools. So bietet die Uni St. Gallen einen "Executive MBA in Media and Communication" an, die Stern School of Business in New York hat ein MBA-Programm "Entertainment, Media & Telecommunications", und an der UCLA Andersen School of Management in Los Angeles gibt es sogar ein eigenes "Entertainment and Media Management Institute", das unter anderem auch einen Executive MBA anbietet.

Dass der ADC sich für sein weltweites Spitzenprogramm mit der Steinbeis-Hochschule ausgerechnet einen deutschen MBA-Anbieter ausgesucht hat, zeugt zudem von wenig Marktkenntnis. Denn im internationalen Markt haben die deutschen Anbieter bisher keine Bedeutung. Lediglich eine Handvoll Schulen schafft langsam den Anschluss. Dazu gehören die Universität Mannheim, die Handelshochschule Leipzig und die Wissenschaftliche Hochschule für Unternehmensführung (WHU) bei Koblenz.

Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Dazu kommt: Wer im internationalen MBA-Markt mitspielen will, braucht eine Akkreditierung durch EQUIS (European Quality Improvement System) oder AACSB (Association to Advance Collegiate Schools of Business). Doch das haben bisher erst drei deutsche Schulen geschafft. Steinbeis gehört nicht dazu, auch in den internationalen Rankings sucht man die Berliner Hochschule vergebens.

Sebastian Turner ist dennoch von der richtigen Wahl überzeugt. "Steinbeis ist nach einer Studie der amerikanischen Regierung weltweit auf Platz eins im Know-how-Transfer zwischen Wirtschaft und Wissenschaft", behauptet der ADC-Sprecher. Diese Studie von 1996 wurde in Auftrag gegeben vom United States Department of Commerce und dem National Institute of Standards and Technology. Sie befasst sich nicht mit der Steinbeis-Hochschule (die es 1996 noch gar nicht gab), sondern mit der Steinbeis-Stiftung - und ist somit als Qualitätskriterium für die MBA-Ausbildung völlig irrelevant.

Recht verwegen ist auch Turners weitere Begründung für die Weltklasse von Steinbeis. "Die Qualität ist so unumstritten, dass die Studienprüfungsordnung unseres MBA innerhalb weniger Wochen von der Landesregierung genehmigt wurde", schreibt er. Eine Anfrage beim Berliner Senat zeigt allerdings: Der Kreativ-MBA sei nur eine Vertiefungsrichtung des allgemeinen Aufbaustudiums MBA von Steinbeis, schreibt der zuständige Mitarbeiter. Diese sei zwar als solche vor kurzem genehmigt worden, es handele sich aber um keinen eigenständigen Studiengang. Das Programm schließe daher auch mit dem Titel "MBA" ohne Zusatz ab - und von einer Kooperation mit dem ADC wisse er "gar nichts".


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