In Kooperation mit

Job & Karriere

Mobbing am Arbeitsplatz "Meine Kollegen grenzen mich aus"

Sara Costa hat neu in einer Kita angefangen. Ihre Kolleginnen sind wesentlich jünger, weichen ihr aus und lästern über sie. Ihre Vorgesetzten nehmen die Erzieherin nicht in Schutz. Was kann sie tun?

Sara Costa* schreibt:

Mit 50 Jahren begann ich eine neue Stelle als Erzieherin in einer Kita. Meine Kolleginnen waren zwischen 23 und 30 Jahre alt, da fiel ich mit meinem Alter schon ziemlich raus.

Als ich einmal vor dem Büro der Kita-Leitung wartete, weil ich eine Krankmeldung abgeben wollte, merkte ich, dass einige Kolleginnen über mich redeten. Sie äfften mich mit Handpuppen nach und sagten, durch meinen Krankheitsausfall müssten sie einen Kindergeburtstag allein organisieren. Außerdem sagten sie, ich sei unter ihrem Niveau. Die Lästerei ging die nächsten Wochen weiter.

Drei Monate, nachdem ich in der Kita angefangen hatte, wechselte die Leitung. Ab da wurde es richtig schlimm für mich. Egal, was ich tat, alles war nicht gut genug oder falsch. Es war nicht richtig, wie ich mit den Kindern redete. Es war falsch, wie ich die Eingewöhnung machte. Ich hatte auch das Gefühl, dass ich ausgegrenzt wurde. Einmal bastelten meine Kolleginnen ein Memoryspiel von allen Mitarbeitern der Kita, nur von mir gab es keine Karten.

Was kann man also tun, wenn die Kollegen über einen lästern, man von ihnen ausgegrenzt wird und die Chefs einem das Gefühl geben, die Arbeit sei nie gut genug?

*Name geändert

Psychologe Rainer Müller antwortet:

Wenn Sie das Gefühl haben, Kollegen lästern über Sie, haben Sie mehrere Möglichkeiten, darauf zu reagieren: Entweder Sie reagieren auf das Gesagte mit einer passenden schlagfertigen Antwort oder mit Humor.

Falls Ihnen so schnell nichts Passendes einfällt, sprechen Sie - im Idealfall vor Zeugen - offen und direkt an, was Sie wahrgenommen haben. Zum Beispiel mit Sätzen wie: "Ich habe das gehört!" oder "Ihr könnt mir auch direkt sagen, was euch auf dem Herzen liegt." Dadurch zeigen Sie den Kollegen Grenzen auf und machen ihnen deutlich, dass Sie nicht alles mit sich machen lassen.

Zur Person
Foto: Privat

Als freiberuflicher Trainer und Berater beschäftigt sich der Hamburger Diplompsychologe Rainer Müller vorrangig mit Konflikt- und Stressmanagement. Zudem moderiert er ein Fachforum für Psychologie und schreibt für den Blog "Psyche und Arbeit".

Natürlich ist auch das nicht immer leicht. Sollten Sie sich das also nicht zutrauen, nutzen Sie die Möglichkeit, mit Ihren Vorgesetzten darüber zu reden. Schildern Sie ihnen genau, was vorgefallen ist - zum Beispiel auch, dass Sie das Gefühl haben, ausgegrenzt zu werden. Nennen Sie dabei konkrete Beispiele, wie etwa das Memoryspiel, bei dem es keine Karten von Ihnen gab.

Die Vorgesetzten sollten die Kollegen daraufhin auf ihr Fehlverhalten hinweisen und es unterbinden. Auch wenn - wie in Ihrem Fall - bereits ein Wechsel auf der Leitungsebene geplant ist, sollte sich eine Führungskraft ihrer Fürsorgepflicht stets bewusst sein und sich entsprechend verhalten.

Darüber hinaus ist es empfehlenswert, frühzeitig mit jemandem aus Ihrem beruflichen Umfeld über diese Vorfälle zu sprechen. Überlegen Sie, welche Kollegen Ihnen freundlich gesinnt sind - diese können Sie in einem vertraulichen Gespräch um Rat oder Hilfe bitten. Fragen Sie nach, was die anderen genau an Ihnen stört oder ob Sie sich in bestimmten Situationen anders verhalten sollten. Wenn es einen Betriebsrat gibt, können Sie sich auch an diesen wenden.

Sie schreiben, dass die neue Leitung der Kita sich von Beginn an gegen Sie gestellt und Ihre Arbeit ständig kritisiert hat. In so einem Fall sprechen Sie die Leitung offen darauf an und fragen, welches konkrete Verhalten sie bemängelt. Bitten Sie die Leitung auch um Beispiele, um anschließend die Frage zu stellen, wie Sie in entsprechenden Situationen handeln sollen, um besagte Fehler zu vermeiden beziehungsweise es künftig besser zu machen.

Erstreckt sich das Mobbing über einen längeren Zeitraum, hinterlässt das in der Regel Spuren, die zu seelischen Verletzungen führen und das Selbstwertgefühl destabilisieren können. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, auch außerhalb der Arbeit mit Freunden, der Familie oder Ihrem Lebensgefährten darüber zu reden, um seelischen Beistand zu finden und gemeinsam nach Lösungen oder Auswegen zu suchen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass die Selbstzweifel überhand nehmen und die Gesundheit dauerhaften Schaden erleidet.

Gefährlich wird es vor allem dann, wenn Sie nach der Arbeit nicht mehr richtig abschalten können und sich in Grübelschleifen verfangen, die Ihnen den Schlaf rauben. Unter dauerhaftem Stress kann es dann nämlich passieren, dass Sie sich irgendwann nichts mehr zutrauen oder Fehler machen.

Wenn Ihre Bemühungen, die Situation zu klären, nichts bewirken, sollten Sie über Konsequenzen nachdenken. Machen Sie sich bewusst, wie weit Sie mitgehen und was Sie für den Job in Kauf nehmen wollen. Ist eine kritische Grenze überschritten, wäre es zu überlegen, den Arbeitsplatz zu wechseln oder einen Anwalt einzuschalten.

Mehr lesen über

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren