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Müntefering rüffelt Firmen Ein Herz für die Generation Praktikum

Der Trend zu unter- oder unbezahlten Praktika bereitet auch der SPD Kopfzerbrechen. Bundesarbeitsminister Franz Müntefering will den "Missbrauch" von Praktikanten in Unternehmen stoppen. Junge Akademiker sollten ordentlichen Lohn bekommen, forderte er im Bundestag.

SPD-Politiker Franz Müntefering will dagegen vorgehen, dass Firmen Hochschulabsolventen zunehmend nur als Praktikanten beschäftigen. "Ich sehe mit großer Sorge, dass eine Praktikamethode um sich greift, die nicht akzeptiert werden kann. Darum müssen wir uns kümmern", sagte der Bundesarbeitsminister und Vizekanzler heute bei der Haushaltsdebatte im Bundestag. Wenn Unternehmen Berufsanfänger nach dem Studium dazu benutzten, eine Vollzeitarbeit verrichten zu lassen, ihnen dafür aber nicht die entsprechende Bezahlung gäben, sei das nicht in Ordnung.

"Die jungen Leute, die aus der Hochschule kommen, dürfen nicht missbraucht werden", so Müntefering weiter. Er verwies darauf, dass es eine Vereinbarung mit über 300 Unternehmen gebe, die solche Praktika-Methoden nicht mitmachten.

Müntefering ist Schirmherr der Initiative "Fair Company" der Zeitschrift "Karriere" - ein Gütesiegel für Unternehmen, die "Absolventen echte Chancen bieten, statt sie als Dauerpraktikanten zu verheizen". Der Bundesarbeitsminister äußerte sich zu dem Thema, als er heute die Bilanz der Bundesregierung bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vorstellte und unter anderem ein neues Qualifizierungsprogramm für schwer erziehbare Jugendliche in Aussicht stellte.

Damit reiht sich die SPD ein in die Reihe derer ein, die Hochschulabsolventen vor Ausbeutung durch Arbeitgeber schützen wollen. Die "Generation Praktikum", so die vielstimmige Klage von Praktikanten in den letzten zwei Jahren, sei gezwungen, sich von einem schlecht oder gar nicht bezahlten Arbeitsverhältnis zum nächsten zu hangeln. In jedem neuen Job engagieren sich die arbeitssuchenden Studenten und Absolventen mit vollem Einsatz - und werden doch wieder enttäuscht. Sie leben aus dem Koffer und immer in der Drehtür: rein in die Firma, gleich wieder raus, so jungen Akademiker.

Gibt es die "Generation Praktikum" wirklich?

Ob es sich tatsächlich um ein Massenphänomen handelt und der Trend zum Dauerpraktikantenleben neu ist oder ob sich Praktikanten lediglich selbst ein griffiges Etikett verpasst haben, ist umstritten. Nach Zahlen des Deutschen Gewerkschaftsbundes sollen angeblich 56 Prozent der Hochschulabsolventen zur "Generation Praktikum" gehören. Diese Zahl ist aber mit Vorsicht zu genießen - die entsprechende Studie stützt sich auf die Angaben von lediglich 89 Teilnehmern.

Andere Untersuchungen, etwa vom Hochschul-Informations-System (HIS), stützen die These von einer "Generation Praktikum" nicht. Natürlich gebe es schwarze Schafe, und diesen Missbrauch müsse man auch anprangern, sagt HIS-Mitarbeiter Karl-Heinz Minks. Der Eindruck, es handele sich um ein Massenphänomen , lasse sich jedoch nicht bestätigen: "Das ist wohl eher das Gefühl einer Generation."

Auch wenn sich die Statistiker über das Ausmaß der "Generation Praktikum" streiten, so finden deren Anliegen doch zunehmend Gehör. Am 1. April dieses Jahres wurde der erste Aktionstag für die Rechte der Praktikanten ausgerufen. Eine Online-Petition an den Deutschen Bundestag, unbezahlte Langzeitpraktika per Gesetz zu verbieten, unterschrieben über 40.000 Menschen.

In Frankreich schafften es die "Précaires" gar, die Regierung zur Rücknahme eines geplanten Gesetzes zu bringen. Mit monatelangen Streiks und Blockaden verhinderten sie, dass der Kündigungsschutz für Berufsanfänger wie geplant gelockert wurde.

jaf/jol/AFP/AP/ddp/rtr

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