Neue Arbeitgeber-Stellenbörse Nur Jobs, kein Schnickschnack
Bei Randolph Vollmer liegen die Nerven schon seit Wochen blank. Seit sich die Gerüchte über eine neue Stellenbörse verdichteten, versucht der Geschäftsführer der Jobware Online-Service GmbH, die drohende Konkurrenz mit missionarischem Eifer madig zu machen. "Ich weiß alles über das Projekt und bin überzeugt, dass es scheitert", poltert Vollmer.
Was den Jobware-Chef so auf die Palme bringt, ist eine von deutschen Großunternehmen initiierte, nicht-profitorientierte Jobbörse. Entstanden ist die Idee bereits vor knapp zwei Jahren, als die Unternehmen noch verweifelt Mitarbeiter suchten und die kommerziellen Jobbörsen ihnen die Preise diktieren konnten. Inzwischen hat sich die Situation zwar radikal verändert, dennoch fühlen sich etliche Unternehmen noch immer übervorteilt.
"Jobbörsen bieten oftmals Dinge an, die die Unternehmen zahlen müssen, obwohl sie diese gar nicht nutzen", klagt Ralf Kurschildgen, Personalleiter der Axa Konzern AG in Köln. "Wir wollen einfach ein simples und gutes Portal", betont auch Gero Hesse, bei Bertelsmann für E-Cruiting zuständig.
Konzertierte Aktion ohne Gewinnabsicht
Die Firmen zweifeln offenbar am Sinn von Online-Assessments und Bewerbungsmanagement, von redaktionellen Zusatzangeboten und von Hilfen für Zu- und Absagen. Warum sich also nicht zusammentun und eine eigene Jobbörse starten, maßgeschneidert auf die Bedürfnisse der Unternehmen und ohne überflüssigen Schnickschnack? In den USA zum Beispiel haben sich 36 Unternehmen schon vor geraumer Zeit zur Non-Profit-Organisation DirectEmployers zusammengeschlossen und verzichten auf Vermittler.
Jetzt geht die neue deutsche Stellenbörse JobStairs an den Start. Beteiligt sind 27 große Unternehmen, darunter Audi, BASF, Bayer, Bertelsmann, Bosch, die Deutsche Bank, Eon, Henkel, Lufthansa, Philips, SAP und ThyssenKrupp. Die Betriebskosten tragen ausschließlich die Firmen, Werbung gibt es nicht auf den Seiten.
Entwickler, Betreiber und Vermarkter von JobStairs ist Milch & Zucker in Bad Nauheim. Die Medienagentur hat bereits für einige deutsche Großunternehmen, die auch bei JobStairs Kunden sind, die Human-Resources-Websites entwickelt. "Architekt" der Stellenbörse ist die Dr. Jäger Medien-Service & Consulting GmbH in Königstein und soll JobStairs auch weiterhin beraten. Während andere Jobbörsen derzeit zum Teil hart ums Überleben kämpfen, muss JobStairs selbst keinen Gewinn abwerfen. Bleibt Geld übrig, fließt es in die Verbesserung der Plattform oder ins Marketing.
"Bewerber nicht mit Informationen überhäufen"
Für den Benutzer ist JobStairs natürlich kostenlos. Wer sich auf eines der tagesaktuellen Angebote bewirbt, wird direkt zur Human-Resources-Website der jeweiligen Firma weitergeleitet. Damit entfällt die Online-Registrierung und Bearbeitung durch das Jobportal, der Bewerbungsprozess wird verkürzt. "Das Job-Portal richtet sich sowohl an hoch spezialisierte Fach- und Führungskräfte als auch an Hochschulabsolventen, Praktikanten und Trainees", erklärt JobStairs-Sprecher Carsten Franke.
Wird ein Bewerber nicht fündig, so kann er im "JobMail"-Service sein Profil hinterlegen und sich per E-Mail benachrichtigen lassen, sobald ein passendes Angebot eintrifft. Dabei kann man selbst entscheiden, für welche der beteiligten Unternehmen das Profil sichtbar sein soll. "Bei JobStairs werden keine Daten weitergeben", betont Axa-Personalmanager Kurschildgen - bei anderen Jobbörsen mitunter schon. So habe er bereits öfter von Studenten gehört, dass sie Anrufe von Beratern bekamen, die zwar keine Jobs hatten, aber ihre Bewerberdatei auffüllen wollten. Anderen seien sogar Produkte angeboten worden.
Auch wenn JobStairs letztlich aus der Unzufriedenheit mit den Jobbörsen entstand, sehen die Unternehmen ihr neues Portal nicht als Konkurrenz. "Das ist eine additive Maßnahme, die nicht viel Geld kostet und sogar billiger ist als manche Jobbörse", so Bertelsmann-Personalmanager Gero Hesse.
"Wir erwarten eine Belebung in Hinsicht auf Effizienz und Kosten der Jobbörsen", erklärt Christoph Fay vom Personalmarketing der Deutschen Lufthansa, und ergänzt: "Jobbörsen sollten den Bewerber auf dem kürzesten Weg zum Job führen und ihn nicht mit Informationen überhäufen." Ähnlich sieht es Claus Brauner, Leiter des Hochschulmarketing bei Infineon: "Wenn diese Low-Cost-Variante Erfolg hat, kann sie uns mittelfristig helfen, Kosten zu sparen."
Bei der weltweit größten Jobbörse Monster reagiert man bisher betont gelassen: "Ich sehe darin keine Bedrohung und keine Konkurrenz", sagt Falk von Westarp, Marketingdirektor für Zentraleuropa. Entscheidend für eine Jobbörse sei doch, möglichst viele Kandidaten zu bekommen, und das funktioniere nur mit einem großen Marketingbudget.
"Wie wollen die denn die Kandidaten auf ihr Portal aufmerksam machen?", fragt sich auch Thorsten Abs von Jobpilot - schließlich hätten die Jobbörsen Millionen dafür ausgegeben, um bekannt zu werden. Abs kann sich nicht vorstellen, dass die Unternehmen auf ihrer eigenen Homepage Werbung für JobStairs machen.
Unternehmen sehen sich nicht als Rivalen
Doch das ist offenbar keineswegs ausgeschlossen. Man überlege durchaus, auf den gut besuchten Unternehmensseiten darauf hinzuweisen, erklärt Infineon-Personalmanager Claus Brauner. Außerdem gebe es etliche Beispiele für sehr bekannte Websites trotz geringem Mitteleinsatz, etwa die Suchmaschine Google.
Auch Gerhard Kenk von Crosswater Systems, der seit zweieinhalb Jahren den Markt der Jobbörsen beobachtet, ist skeptisch: "Wenn ich mein Image als Arbeitgeber promoten will, dann gehe ich doch nicht auf eine gemeinsame Seite." Doch auch damit haben die Unternehmen offenbar kein Problem. "Das ist ein guter Marketingeffekt. Man befruchtet sich gegenseitig", erklärt Ralf Kurschildgen von Axa Colonia.
Ob JobStairs ein Erfolg wird, ist offen. Einmalig ist die konzertierte Aktion auf jeden Fall. Denn selten waren sich 27 Unternehmen, die teilweise sogar in Konkurrenz zueinander stehen, schon mal so einig. Möglich wurde das Projekt auch, weil die Firmen in den letzten Jahren erheblich in Ausbau und Verbesserung ihrer eigenen Websites investiert haben und Online-Bewerbungen immer wichtiger werden.

Siemens auf Platz 2: "Hoher Mehrwert und zukunftsweisende Ansätze im Bereich Interaktivität", heißt es in der Wiesbadener Untersuchung

Bronze für die Deutsche Bank: Der Vorjahressieger punktet auch diesmal - "das Inhaltsangebot lässt keine Fragen offen", das Formular für Absolventen nennt die FH Wiesbaden "hervorragend"

Deutsche Telekom auf Platz 4: Ausführliche Infos, gute Suchfunktionen

Platz 5 für Infineon: Das Bewerbungsmodul passt sich teilweise dem Lebenslauf des Bewerbers an, fragt auch nach Soft Skills und lässt sich geschützt durch ein persönliches Passwort speichern

Commerzbank auf Rang 6: Während der Erhebung war die Seite gerade im Relaunch, die Neuerungen gefielen den Juroren gut

7. Platz für Bosch: Neben dem Bewerbungsmodul gefiel der FH Wiesbaden besonders das Spiel um Bewerbungstipps für Auszubildende

Pharma-Gigant Bayer auf Platz 8: "Ein in allen Bereichen überzeugendes Konzept"

Sony auf Rang 9: Internationaler Bewerbungsmarkt, umfassende Infos, Top-Bewerbungsmodul

Platz 10 für Degussa: Das Chemie-Unternehmen hat ein ungewöhnliches Homepage-Design entwickelt, das trotzdem benutzbar bleibt
Die besten Firmen-Websites: Ein Ranking der Fachhochschule Wiesbaden |
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Viel Lob für die Unternehmen: Nach Auffassung der Wiesbadener Jury haben Konzerne ihre Internet-Auftritte stark verbessert - per Klick auf ein Bild kommen Sie zur Großansicht |
Christian Scholz sieht daher schwarz für die Zukunft der kommerziellen Jobbörsen. "Inzwischen gibt es für die Firmen überhaupt keinen Grund mehr, mit einer Jobbörse zusammenzuarbeiten", glaubt der Saarbrückener BWL-Professor. Denn ein wirklich interessierter Bewerber gehe auf die Unternehmens-Homepage, und Bewerber, die nur Massenmails verschicken, brauche man sowieso nicht. "Normale Jobbörsen liefern heute keinen Mehrwert mehr", behauptet der Personalexperte, "derartige Zwischendienste werden daher einfach vom Markt verschwinden."
Jobware-Chef Randolph Vollmer dagegen hält das für "dummes Zeug". "Nur völlig verzweifelt Arbeitssuchende klicken sich doch von Homepage zu Homepage", behauptet er, "gute Bewerber machen das nicht. Die suchen lieber in einer Jobbörse." Das sei eine "Überschätzung der Jobbörsen", kontert Bertelsmann-Personalmanager Gero Hesse: "Das sehen wir doch an den Zahlen und der Qualität der Bewerber, die unsere Homepage besuchen."