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Online-Bewerbung Bitte, bitte keine E-Mails

Für den Jobsuchenden ist sie einfach und beliebt, bei vielen Personalchefs dagegen geradezu verhasst: die Bewerbung per E-Mail. Denn das Öffnen der Anhänge raubt Zeit, die Bewerbung lässt sich nur schwer weiterverarbeiten. Vor allem Großunternehmen setzen daher verstärkt auf Online-Formulare.
Von Bärbel Schwertfeger

Nie war es einfacher, sich mit minimalem Aufwand bei möglichst vielen Unternehmen gleichzeitig zu bewerben. Hat man erst einmal Anschreiben und Lebenslauf verfasst und Zeugnis und Foto eingescannt, muss man nur noch die Adressen der gewünschten Unternehmen eingeben - und schon landet die elektronische Bewerbungsmappe bei den potentiellen Arbeitgebern.

Doch gerade diese Massenmails sind den Unternehmen ein Gräuel - besonders, wenn auch noch alle Adressaten des Serienbriefes sichtbar sind. "Solche E-Mails beantworten wir nicht", sagt Hans-Christoph Kürn vom Service Center Personnel bei Siemens in München. Schließlich zeige sie, dass der Bewerber kein echtes Interesse an Siemens habe.

Dabei kämpfen derzeit fast alle Unternehmen mit einer gestiegenen Bewerberflut. So ergab eine Umfrage des Karriereportals StepStone bei 1600 Unternehmen in sieben Ländern Europas, dass jedes zehnte Unternehmen einen Anstieg der Bewerbungen um mehr als 50 Prozent verzeichnet. Gleichzeitig wurden viele Personalabteilungen verkleinert. Kein Wunder, dass jeglicher Zusatzaufwand nicht gut ankommt.

Verwirrend unterschiedliche Ratschläge

Noch werden E-Mails jungen Akademikern vielfach empfohlen. "Mit einem als E-Mail verschickten Anschreiben plus angehängtem Lebenslauf liegen Sie immer richtig", sagt zum Beispiel der Kommunikationstrainer Christian Püttjer. Aber er rät zugleich, sich "unbedingt zu erkundigen, welche Programmformate in der Firma überhaupt geöffnet werden können".

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Unterdessen bilden sich in den Personalabteilungen deutliche Vorlieben heraus: Online-Bewerbung auf jeden Fall - aber bloß nicht per Mail. "Die Unternehmen hassen die E-Mail-Bewerbungen mit sieben Anhängen, auch wenn sie es nicht so offen zugeben", behauptet Wolfgang Jäger, Professor an der Fachhochschule Wiesbaden. Einige würden sie am liebsten ganz verbieten, befürchteten aber einen Imageverlust als Arbeitsgeber. Denn die E-Mail-Bewerbungen kosteten nicht nur Zeit und trieben damit die Bearbeitungskosten in die Höhe, häufig gebe es zudem auch noch Sicherheitsprobleme, so Jäger. "Für die meisten Recruiter ist das wohl die unbeliebteste Form der Bewerbung", bestätigt auch Martin Dröge, Referent für Personalmarketing bei der Deutschen Telekom in Bonn.

Absage per Knopfdruck

Um Kosten zu sparen, haben vor allem Großunternehmen in den letzten Jahren kräftig in ihr Bewerbermanagement investiert. Mit Spezialsoftware lassen sich längst alle Prozessschritte per Knopfdruck erledigen - von der Eingangbestätigung über die Weiterleitung an die Fachabteilungen bis zur Absage oder Einladung zum Vorstellungsgespräch.

Voraussetzung dafür ist jedoch ein "strukturiertes Bewerbungsformular", bei dem ihre Daten in ein vorgegebenes Formular eintragen und meist auch Dokumente anhängen können. Laut der Studie "Human Resources im Internet 2003/2004", bei der die Websites der größten und wichtigsten deutschen Arbeitgeber analysiert wurden, boten 2003 bereits 80 Prozent der Unternehmen ein Online-Formular an. Zwei Jahre zuvor waren es erst 59 Prozent.

Was in den Firmen Zeit spart, bedeutet für den Bewerber natürlich mehr Aufwand. Denn er muss das Online-Formular bei jedem Unternehmen neu ausfüllen. E-Mail-Bewerbungen stören dagegen den Verarbeitungsprozess. Deshalb drucken viele Firmen sie aus und behandeln sie dann wie eine Printbewerbung.

Abwehr von E-Mails

"Wir suchen immer wieder nach Möglichkeiten, wie wir die Bewerber zur Online-Bewerbung motivieren können", sagt Peter Reggentin, Leiter E-Recruiting bei der Commerzbank in Frankfurt. Denn nicht zuletzt aufgrund der knappen Kapazitäten im Personalbereich sei die Bewerbungsflut ohne das elektronische System kaum mehr zu bewältigen. So gingen bei der Bank im ersten Quartal 2004 monatlich 800 Bewerbungen ein. 40 Prozent nutzten dabei das Online-Formular, zehn Prozent schickten eine E-Mail-Bewerbung, die Hälfte wählte die klassische Papierform.

Um lästige E-Mail-Bewerbungen zu verhindern, empfiehlt der Commerzbank-Personaler den Rekrutierern inzwischen sogar, bei der Stellenausschreibung gar keine E-Mail-Adresse mehr anzugeben, sondern nur noch auf das Formular hinzuweisen. Dann seien zwar auch keine Nachfragen möglich, aber wer wirklich interessiert sei, der informiere sich sowieso vorher gründlich auf der Homepage. Bei der Telekom denkt man an ein Ende der E-Mail-Bewerbung, bei Siemens sollen Initiativbewerbungen künftig nur noch per Online-Formular möglich sein. Rund 20.000 Blindbewerbungen bekommt der Münchner Konzern pro Jahr.

Dort hat man die Flaute auf dem Arbeitsmarkt genutzt, um ein neues, noch ausgefeilteres Recruitingsystem einzuführen. Das vereinfacht nicht nur die elektronische Bearbeitung, es soll auch die Personalmanager und Führungskräfte auf Trab bringen. Denn nun kann jeder von ihnen jede Bewerbung sehen und darauf reagieren.

Mitunter führt das durchaus zum firmeninternen "Abfischen" der besten Bewerber. Schaltet etwa eine Fachabteilung am Wochenende eine Stellenanzeige mit Hinweis auf das Online-Formular, dann kann es passieren, dass ihr eine andere Abteilung einen Kandidaten bereits am Montagmorgen weggeschnappt hat. "Wir wollen da mehr Dampf reinbekommen und Konkurrenz im Unternehmen aufbauen", erklärt Personalmanager Kürn.

Besonders stolz ist er auf das ausgefeilte Matching-Verfahren für den Bewerberpool, in dem jeder interessante Jobsuchende zwölf Monate bleibt. Während sich in den meisten Unternehmen kaum jemand die Mühe mache, die Datenbank zu durchforsten, könnten Siemens-Mitarbeiter einfach ihre Kernkriterien eingeben und erhielten dann auf Knopfdruck die passenden Kandidaten aus dem Pool: "So ein Suchsystem hat bisher noch niemand", behauptet Kürn.

Lohnt sich die eigene Bewerberhomepage?

Doch nicht nur die Unternehmen, auch die Jobsuchenden rüsten auf. Immer öfter präsentieren sie eine eigene Bewerberhomepage und hinterlegen dort ihre Unterlagen. "Gerade bei Blindbewerbungen hat man damit seine Unterlagen schnell zur Verfügung", sagt Kai Voss, Geschäftsführer der Explanova Beratungs-GmbH in München. "Da braucht man nur noch den Link zu schicken." Seine Firma bietet jedem Bewerber die Möglichkeit, in wenigen Minuten eine eigene Homepage zu erstellen  und jederzeit zu ändern.

Doch auch die Bewerberhomepage verursacht zusätzlichen Aufwand und lässt sich nicht ins System integrieren. "Stellen Sie sich vor, sie müssen sich durch 200 Homepages klicken", sagt ein Personalmanager, "da vergeht Ihnen spätestens nach zehn Minuten die Lust." Das muss zwar nicht jeder so sehen. Aber ein weiterer Nachteil ist, dass die Bewerberhomepage in der Regel nicht speziell auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten ist. Auch wenn sich davon einiges im E-Mail-Anschreiben auffangen lässt, gilt grundsätzlich: Mit einer exakt auf die Firma und die Stelle ausgerichteten Bewerbung steigen die Chancen.

Telekom-Rekrutierer Martin Dröge empfiehlt daher, sich lieber auf weniger Stellen, aber dafür umso sorgfältiger bewerben. Sein Tipp: "Analysieren Sie die Stellenanzeige erst einmal genau und seien Sie dabei vor allem ehrlich gegenüber sich selbst."

Kleiner Online-Knigge für Bewerbungen: Die Wunschliste der Unternehmen - was bei Personalabteilungen gut ankommt und was gar nicht geht

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