Personalsuche online Wie sich Unternehmen im Web präsentieren
Der Trend ist eindeutig: Statt auf Jobbörsen oder Zeitungsanzeigen setzen immer mehr Unternehmen auf ihre eigene Website. So schalten laut einer Umfrage der Universität Frankfurt und der Jobbörse Monster bei tausend Unternehmen 80 Prozent ihre Stellenanzeigen sehr häufig oder häufig auf der eigenen Homepage. Dagegen setzen nur 54 Prozent auf Printmedien und 48 Prozent - oftmals ergänzend - auf Jobportale.
Kein Wunder also, dass die Unternehmen auch kräftig in die Verbesserung ihrer Personal-Websites investieren. Schließlich bringt die Online-Bewerbung den Unternehmen enorme Kostenvorteile: Die Bewerberdaten können intern schnell verschickt, weiterbearbeitet und in einer Datenbank gespeichert werden.
So hat trotz Flaute auf dem Arbeitsmarkt rund ein Drittel der Dax-Unternehmen ihre Bewerber-Website im vergangenen Jahr verbessert. "Das ist längst eine wichtige Säule des Personalmarketings", sagt Sören Frickenschmidt, Mitautor der neuen Studie "Human Resources im Internet 2002 - Vergleich der bedeutendsten deutschen Arbeitgeber".
Fiktive Ideal-Seite zum Vergleich
Bereits zum dritten Mal haben dabei Studenten des Fachbereiches Medienwirtschaft an der Fachhochschule Wiesbaden die Human-Resources-Seiten der Unternehmen aus Bewerbersicht unter die Lupe genommen. Im Vergleich zum vergangenen Jahr wurden diesmal neben den hundert personalstärksten Arbeitgebern auch 29 Unternehmen bewertet, die laut einer Studie des Trendence Institut für Personalmarketing zu den Wunscharbeitgebern bei Studenten zählen. Dazu gehören insbesondere die großen Unternehmensberatungen.

Siemens auf Platz 2: "Hoher Mehrwert und zukunftsweisende Ansätze im Bereich Interaktivität", heißt es in der Wiesbadener Untersuchung

Bronze für die Deutsche Bank: Der Vorjahressieger punktet auch diesmal - "das Inhaltsangebot lässt keine Fragen offen", das Formular für Absolventen nennt die FH Wiesbaden "hervorragend"

Deutsche Telekom auf Platz 4: Ausführliche Infos, gute Suchfunktionen

Platz 5 für Infineon: Das Bewerbungsmodul passt sich teilweise dem Lebenslauf des Bewerbers an, fragt auch nach Soft Skills und lässt sich geschützt durch ein persönliches Passwort speichern

Commerzbank auf Rang 6: Während der Erhebung war die Seite gerade im Relaunch, die Neuerungen gefielen den Juroren gut

7. Platz für Bosch: Neben dem Bewerbungsmodul gefiel der FH Wiesbaden besonders das Spiel um Bewerbungstipps für Auszubildende

Pharma-Gigant Bayer auf Platz 8: "Ein in allen Bereichen überzeugendes Konzept"

Sony auf Rang 9: Internationaler Bewerbungsmarkt, umfassende Infos, Top-Bewerbungsmodul

Platz 10 für Degussa: Das Chemie-Unternehmen hat ein ungewöhnliches Homepage-Design entwickelt, das trotzdem benutzbar bleibt
Rangliste: Wie die Firmen abschnitten |
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Auf- und Absteiger: Einige Riesen der deutschen Wirtschaft punkteten - per Klick auf ein Bild gelangen Sie zur Großansicht |
Dabei erstellten die Studenten anhand von 75 Kriterien eine fiktive Ideal-Seite und überprüften, wie gut die Unternehmen dieser entsprechen. Zudem bewarben sie sich bei allen Unternehmen, bei denen es einen Online-Fragebogen gab - und das waren immerhin 94 von 129.
Bewertet wurden die fünf Kategorien Zugang, Information, Design, Navigation und Benutzerführung sowie Interaktivität. Den größten Stellenwert hatte der Inhalt mit 40 Prozent, gefolgt von der Interaktivität mit 35 Prozent. Getestet wurde von September bis November des vergangenen Jahres.
Dabei wurde vor allem eines deutlich: Die Seiten werden immer besser. Erreichte der Sieger im vergangenen Jahr 75 von den maximal 100 Prozent der Ideal-Seite, so sind es diesmal bereits 86 Prozent. "Die Bequemlichkeit für den Bewerber hat zugenommen", hat beobachtet Wolfgang Jäger, Professor an der FH Wiesbaden, beobachtet.
So gehört die digitale Bewerbungsmappe bei vielen Unternehmen längst zum Standard: Mit seinem Passwort hat der Kandidat jederzeit Zugriff auf seine Daten, kann sie aktualisieren und selbst bestimmen, wann er sie für das Unternehmen freigibt. Er kann den Wunschjob angeben, und ein "Jobagent" informiert ihn dann per E-Mail oder SMS, sobald es eine passende Stelle gibt. Zudem gibt es jede Menge Informationen über das Unternehmen, lesegerecht für die verschiedenen Zielgruppen wie Studenten oder Young Professionals aufbereitet.
Als Sieger ging in diesem Jahr der Medienkonzern Bertelsmann durchs Ziel, der sich damit kontinuierlich von zunächst Platz 25, dann im vergangenen Jahr Platz 11 bis zur Spitze vorarbeitete. Für vorbildlich hält die FH Wiesbaden den Personal Career Planner, der es neben der Online-Bewerbung auch ermöglicht, den Stand seiner Bewerbung abzufragen, Jobangebote zu speichern, interessante Informationen und Links zu sammeln oder einen Newsletter zu abonnieren. 20000 Kandidaten machen davon ständig Gebrauch.
"Der Sprung auf Platz eins ist vor allem den erheblichen Verbesserungen und Erweiterungen im Bereich Informationsgehalt zuzurechnen", sagt Gero Hesse, Director E-Cruiting bei der Bertelsmann AG. "Die Website ist unser wichtigster Imagefaktor im Personalmarkt - von daher werden wir die Seite auch in Zukunft kontinuierlich weiterentwickeln."
Platz 2 erreicht erneut Siemens, gefolgt vom letztjährigen Spitzenreiter Deutsche Bank. Zu den größten Aufsteigern gehören Bosch (63 auf 7), Fresenius (58 auf 11), Degussa von (47 auf 10) und Bayer (29 auf 8). "Wir haben unsere Seiten benutzerfreundlicher gemacht", erklärt Oliver Heieck, Sprecher des Gesundheitsunternehmens Fresenius AG, zu dem auch 30 deutsche Krankhäuser gehören. So sehe man jetzt auf Anhieb, wo es neue Stellen gebe und finde zusätzliche Informationen über die einzelnen Standorte der Firma.
Die Loser und Absteiger
Die Studie zeigt deutlich: Wer seine Seite nicht ständig weiterentwickelt, stürzt ab. Und zu den Absteigern gehören ausgerechnet Computer- und Softwarefirmen wie IBM Deutschland (9 auf 19) und die SAP AG (10 auf 16), die im Jahr 2000 sogar noch auf Platz vier lag. Großen Nachholbedarf hat auch Deutschlands größter Automobilkonzern Volkswagen mit Rang 87. "Die haben noch nicht einmal ein Bewerbungsformular", wundert sich Autor Sören Frickenschmidt.
Doch damit schnitten die Wolfsburger immer noch zwei Plätze besser ab als McKinsey. Allerdings ist die Platzierung der Unternehmensberatungen insgesamt eher ein Trauerspiel. Einzige Ausnahme: Accenture (ehemals Andersen Consulting) schaffte es bis auf Platz 15. Dagegen erreichte die Boston Consulting Group nur Platz 64. Auch die deutschen Beratungen liegen weit abgeschlagen: Roland Berger auf Platz 60, Kienbaum sogar nur auf Platz 103. Das absolute Schlusslicht der Rangliste bildet jedoch der wohl bekannteste Getränkekonzern der Welt: Coca Cola.
Die Top 20 der Unternehmens-Homepages im Überblick
Lesen Sie im zweiten Teil:
Die Rangliste der Fachhochschule Wiesbaden
Großes Lob für den "Personal Career Planner", Höchstnoten für Zugang, Benutzerführung und Navigation Höchstnoten, leichte Abstriche beim Design - Gesamtnote 85,76 von 100 Prozent.
Bei der Interaktivität schnitten viele Human-Resources-Seiten mäßig ab, Siemens weit besser - Gesamtnote 81,79 Prozent.
Hohe Werte für den Informationsgehalt und die Navigation - Gesamtnote 77,97 Prozent.
Beim Design einer der Spitzenreiter - Gesamtnote 76,03 Prozent.
Informationen für alle Interessengruppen, aber hauptsächlich auf Englisch - Gesamtnote 75,87 Prozent.
Stark bei Zugang und Design, schwächer bei der Interaktivität - Gesamtnote 75,60 Prozent.
Top-Wert für das Design plus ein gutes Bewerbungsmodul - Gesamtnote 75,43 Prozent.
Gleichmäßig gut - Gesamtnote 75,18 Prozent.
Design sehr gut, Zugang schwach - Gesamtnote 74,89 Prozent.
Ungewöhnliches Design und überzeugender Inhalt - Gesamtnote 73,84 Prozent.
Gesamtnote 73,10 Prozent.
Gesamtnote 71,49 Prozent.
Gesamtnote 70,87 Prozent.
Gesamtnote 70,16 Prozent.
Gesamtnote 70,04 Prozent.
Gesamtnote 69,74 Prozent.
Gesamtnote 68,97 Prozent.
Gesamtnote 68,47 Prozent.
Gesamtnote 68,42 Prozent.
Gesamtnote 68,02 Prozent.
Weitere Infos
Die Studie "Human Resources im Internet 2002" von Wolfgang Jäger, Sören Frickenschmidt und Annette Kilch erscheint im März beim Luchterhand-Verlag.
Die Parade der Pannen - Wahl zum Marketingflop 2002