Postdocs Das Optimismus-Komplott
Als gestandener Postdoc trauen Sie keinem mit W3. Gutachter halten Sie für Nieten und die Typen von der Förderberatung für Witzfiguren. Wenn Sie sich die Meinung bewahren wollen, müssen Sie jetzt gut aufpassen: Wie Sie Ihren Frust am besten kultivieren - eine Anleitung.
Von
Christine Prußky
- Speichern Sie auf keinen Fall das Internetportal
www.kisswin.de als Favorit auf Ihrem Computer! So minimieren Sie das Risiko, sich durch die Seiten zu klicken. Das könnte gefährlich werden, denn in dem im Auftrag des Bundesforschungsministeriums eingerichteten Portal werden alle Zahlen und Daten zur Situation des wissenschaftlichen Nachwuchses in Deutschland zusammengeführt. Außerdem finden sich darin Informationen zu allen relevanten Förderwegen für Nachwuchsforscher. Wenn Sie sich auf die Lektüre einlassen, könnte es sein, dass Sie eine Karriere in der Wissenschaft für attraktiv halten. Das wollen Sie doch nicht, oder?
- Suchen Sie sich Ihren Umgang in Forscherkreisen sorgfältig aus. Halten Sie vor allem Abstand zu den vielen Postdocs, die ins Emmy-Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft aufgenommen worden sind. Diese Wissenschaftler sind extrem zufrieden. Meiden Sie diese Optimismus-Herde und lassen Sie sich von ihnen bloß nicht in ein Gespräch verwickeln. Sonst fragen Sie sie am Ende womöglich noch nach Bewerbungs oder Antragstipps!
- Stellen Sie Ihre Zuschussanträge am besten dort, wo die Bewilligungsquote wunderbar niedrig ist. Optimal eignete sich dafür etwa die erste Vergaberunde des Starting Independent Research Grant des Europäischen Forschungsrates. Die Bewilligungsquote lag bei drei Prozent. Wenn Sie sich in solchen Programmen bewerben, können Sie so gut wie sicher sein, eine Absage zu bekommen. Mit dem Negativbescheid können Sie Ihren alten Frust neu kultivieren.
- Widerstehen Sie dem Impuls, bei Förderberatungsstellen anzurufen! Denken Sie daran: Diese Leute werden nur dafür bezahlt, Sie zu ermuntern und Ihnen beim Antrag zu helfen. Auf professionelle Mutmacher mögen andere angewiesen sein, Sie ganz bestimmt nicht, oder?
- Leisten Sie sich keine Schwäche! Die Freude, die Sie erleben mögen, wenn Ihr Drittmittel-Antrag bewilligt wird, dürfen Sie nicht genießen. Gehen Sie zur Feier des Tages nicht aus. Bleiben Sie zu Hause und denken Sie ganz fest daran: Dieses Stipendium oder Drittmittelprojekt wird Sie nur für einen befristeten Zeitraum über Wasser halten. Es bietet Ihnen keine Garantie auf einen Lehrstuhl! Wenn Sie sich das vor Augen führen, werden Sie bald zur lieben alten Perspektivlosigkeit zurückfinden.
- Ignorieren Sie alle Medienberichte über die Exzellenzinitiative oder den Hochschulpakt. Selbst wenn dadurch 10.000 Stellen geschaffen werden sollten, ist das noch lange kein Grund, plötzlich mit Zuversicht in die Zukunft zu blicken. Schauen Sie lieber zurück in die Vergangenheit: Die war vom Sparen geprägt, genau!
- Blättern Sie nicht im ersten Monitoring-Bericht zur Umsetzung des Paktes für Innovation und Forschung . Darin würden Sie Informationen finden, die Ihrer negativen Einstellung schaden könnten: So geben alle großen außeruniversitären Forschungsorganisationen seit 2005 mehr Geld für die Postdoc-Förderung aus. Allein vom Jahr 2005 zum Jahr 2006 erhöhten sie die Anzahl der selbstständigen Nachwuchsgruppen um 63 auf 312. Wobei: Das ist doch auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, stimmts?