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Junge Sinti und Roma "Das Stereotyp 'Zigeuner' trifft uns alle"

Sie gehören derselben Minderheit an und haben kaum mehr gemeinsam als ihr schlechtes Image. Vier junge Sinti und Roma erzählen.
Aufgezeichnet von Heike Klovert
Melissa Sejdi

Melissa Sejdi

Foto: Heike Klovert/ DER SPIEGEL

Die Menge an Vorurteilen, die manchen Gruppen in diesem Land entgegenschlägt, lässt sich schwierig messen. Und doch hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes versucht, die Klischees in eine Art Reihenfolge zu bringen. Meinungsforscher befragten dafür vor fünf Jahren gut 2000 Bürger bundesweit. Sie sollten sagen, welches Bild sie von Angehörigen verschiedener Minderheiten haben.

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Die heftigsten Vorbehalte herrschen demnach gegenüber Sinti und Roma. Nur wenige Befragte hielten diese Gruppe für sympathisch. Besonders viele Studienteilnehmer glaubten, Sinti und Roma führten ganz andere Leben als die Mehrheit der Bürger hierzulande. Besonders viele zogen es vor, Sinti und Roma nicht in ihrer Nachbarschaft zu haben.

Weitere Gruppen, nach denen die Forscher fragten, waren Osteuropäer, Muslime, schwarze Menschen, Italiener, Juden und Asylbewerber. Sie schnitten in Bezug auf ihr Image allesamt besser ab. Andere Studien bestätigen den schlechten Ruf , den Sinti und Roma auch in Deutschland haben.

Sinti leben seit mindestens 600 Jahren hier

Vorurteile sind immer voreilig und undifferenziert. Doch wenn es um Sinti und Roma geht, klaffen die pauschalen Annahmen, die viele Bürger dieses Landes offenbar treffen, besonders weit mit der Wirklichkeit auseinander.

Sinti und Roma führen hierzulande sehr unterschiedliche Leben. Sie alle haben Vorfahren, die vor mehr als eintausend Jahren aus Indien auswanderten. Doch danach teilten sich deren Wege vielfach.

Die Sinti leben seit rund 600 Jahren in Deutschland. Hinzu kommt die kleinere Gruppe der deutschen Roma, deren Familien seit etwa 150 Jahren hier wohnen. Zusammen bilden sie eine von vier anerkannten deutschen Minderheiten. Ihre Angehörigen haben im Normalfall die deutsche Staatsbürgerschaft.

Weitere Roma kamen in den Sechzigerjahren als Gastarbeiter aus Osteuropa oder flohen in den Neunzigerjahren vor den Jugoslawienkriegen hierher. Sie sind oft nur geduldet und von Abschiebung bedroht.

Sinti und Roma

Die Sinti und Roma haben sich eine gemeinsame Sprache bewahrt: Romanes ist mit dem altindischen Sanskrit verwandt. Allerdings unterscheidet sich das von den Sinti gesprochene Romanes deutlich von dem, welches Roma zum Beispiel in Osteuropa sprechen. Viele Wörter sind aus den Sprachen der Heimatländer übernommen. Romanes hat keine standardisierte Schreibweise oder Grammatik und wird bis heute meist mündlich in den Familien überliefert.

Die Minderheit der Sinti und Roma ist demnach sehr vielfältig, doch dessen sind sich wenige Menschen in diesem Land bewusst. Die Forscher, die 2014 die Umfrage zu Minderheiten  für die Antidiskriminierungsstelle durchführten, stellten fest: Nur fünf Prozent der Befragten gaben an, zwischen Sinti und Roma zu unterscheiden - von weiteren Gruppen ganz abgesehen.

Die Studie bestätigt auch, was Betroffene seit Langem berichten: Unter dem jahrhundertealten Klischee des kriminellen und unsauberen "Zigeuners" leiden fast alle Sinti und Roma gleichermaßen. Viele versuchen deshalb, ihre Herkunft zu verbergen.

Doch es gibt auch jene, die sich in die Öffentlichkeit trauen. Ein Sinto und drei Roma haben dem SPIEGEL erzählt, wie sie aufgewachsen sind, wo ihnen Steine in den Weg gelegt werden - und wie sie sie beiseite schaffen wollen:

Silas Kropf, 24: "Du siehst gar nicht aus wie einer"

Foto: Heike Klovert/ DER SPIEGEL

Dass ich Sinto bin, habe ich als Kind und Jugendlicher lieber für mich behalten. Das hat auch damit zu tun, dass meine Familie in der NS-Zeit verfolgt wurde. Mein Großvater hatte große Angst, so etwas könne wieder passieren. Deswegen haben wir unsere Kultur nicht offen nach außen gelebt und zu Hause auch nur Deutsch gesprochen und nicht Romanes.

Meine Familie hat extrem unter den Nazis gelitten. Meine Uroma war eine Sinteza. Sie hatte viele Geschwister, deren Familien deportiert wurden. Nur wenige kehrten zurück, die anderen wurden ermordet. Über die Verfolgung der Sinti und Roma in der NS-Zeit wird viel zu wenig gesprochen, finde ich. Sie ist bis heute kaum mehr als eine Fußnote in den Geschichtsbüchern.

Weil meine Uroma mit einem Schausteller verheiratet war, der kein Sinto war, hatten die Nazis sie zunächst nicht für die Deportation vorgesehen. Meine Uroma vermutet, dass ihr der Ortsvorsteher wohlgesonnen war und ihre Herkunft in ihrer Akte verschwieg. Später sollte sie deportiert und ihre Kinder sterilisiert werden. Doch auch dazu kam es nicht. Sie hatten Glück.

In der Schule ahnte niemand etwas

Die Geschichten über diese Zeit waren einer der Gründe, warum wir unsere Herkunft verheimlichten. Viele Sinti sind bis heute sehr misstrauisch gegenüber staatlichen Institutionen wie Ämtern, Schulen und Krankenhäusern. Einige haben auch Angst davor, mit Roma, die seit den Neunzigerjahren aus Osteuropa zugewandert sind und ebenfalls starken Vorbehalten ausgesetzt sind, in einen Topf geworfen zu werden. Etwa die Hälfte der Sinti in meinem Verwandten- und Bekanntenkreis outet sich deshalb nicht.

In der Schule ahnte niemand, dass ich ein Sinto bin. Wie viele deutsche Sinti habe ich helle Haut und hellbraune Haare und falle in Hanau, wo ich geboren bin, äußerlich nicht weiter auf.

Nach meinem Abitur besuchte ich dann ein Bildungstreffen, das der Zentralrat der Deutschen Sinti und Roma organisiert hatte. Dort lernte ich andere junge Sinti kennen, die schon immer offen mit ihrer Herkunft umgegangen sind. Ich fragte mich: Warum soll ich dann ein Geheimnis daraus machen?

Manche rissen Zigeunerwitze

Als ich mich bei Freunden und Bekannten als Sinto geoutet habe, waren die Reaktionen sehr verschieden. Manche sagten: "Das kann nicht sein, du siehst ja gar nicht aus wie einer." Andere nahmen die Information einfach still zur Kenntnis. Und wieder andere rissen Zigeunerwitze.

Am Anfang hörte ich häufig Sätze, die wohl lustig gemeint sein sollten. Da sagte etwa jemand "Ihr Zigeuner, ihr seid ja so dreckig", als ich mir einmal auf die Hose gekleckert hatte. Der Begriff "Zigeuner" wird in unserer Gesellschaft oft unbedacht verwendet. Manchen Freunden rutschten Sprüche raus wie "Ach guck mal, die Zigeuner da", wenn sie über Menschen sprechen, die auf sie arm oder wenig vertrauenswürdig wirken. Danach schoben sie schnell hinterher: "Ups, das war nicht so gemeint".

Eine Handvoll Freundschaften habe ich bewusst einschlafen lassen, weil ich gemerkt habe: Es tut mir nicht gut, wenn ich mich mit Menschen umgebe, die mir Vorbehalte überstülpen. Viele wissen einfach zu wenig über die Sinti. Wir leben seit Jahrhunderten in diesem Land. Trotzdem wurde ich bereits dafür gelobt, dass ich so gut Deutsch spreche.

Hasskommentare bei Facebook

Im Studium betreute ich anderthalb Jahre lang im Auftrag des Jugendamts ein Wohnviertel, in dem viele Roma lebten. Die örtliche Tageszeitung berichtete darüber und ich schrieb einen Gastbeitrag, der über Sinti und Roma aufklären sollte.

Danach liefen drei Tage lang Hasskommentare bei Facebook und auf der Website der Zeitung ein: "Die Roma rauben andere Menschen aus und lassen ihre Kinder auf die Gräber des Friedhofs koten. Sie sind Sozialschmarotzer und Asyltouristen." Die starken Klischees haben auch mit der Berichterstattung zu tun. Es wird in den Medien viel zu oft negativ über Roma und Sinti berichtet.

Wir kommen zwar aus unterschiedlichen Ländern und sind unterschiedlich aufgewachsen. Doch ich denke, wir müssen in der Minderheit alle füreinander einstehen. Wir finden eher politisches Gehör, wenn wir gemeinsam sprechen. Und das Stereotyp "Zigeuner" trifft uns alle gleichermaßen.

Seit sechs Jahren halte ich deshalb freiberuflich Workshops und Vorträge zu Antiziganismus und engagiere mich in Vereinen, die Sinti und Roma stärken und den Rest der Gesellschaft für Vorurteile sensibilisieren wollen.

Silas Kropf lebt in Hanau und arbeitet hauptberuflich bei einer Personal- und Unternehmensberatung.

Melissa Sejdi, 20: "Wir können doch auch Balkanschnitzel sagen"

Foto: Heike Klovert/ DER SPIEGEL

Meine Mutter ist Deutsche und mein Vater ein Rom. Er ist in den Neunzigerjahren vor dem Krieg in seiner Heimat, in Jugoslawien, hierher geflohen. Meine Eltern haben mich sehr Deutsch erzogen, und ich bin immer offen mit meiner Herkunft umgegangen. Schlechte Erfahrungen mit Rassismus habe ich als Kind nie gemacht.

Ich bin auf eine freie, demokratische Schule gegangen und hatte gut informierte, nette Lehrer. Deshalb war es für mich nie ein Problem, eine Romni zu sein. Das heißt aber nicht, dass ich später keine Diskriminierung erlebt hätte.

Als ich neulich krank war, ging ich zum Hausarzt, doch meine Gesundheitskarte war kaputt. Die Sprechstundenhilfe schickte mich nach Hause, obwohl es mir wirklich schlecht ging. Ich sollte eine Bestätigung von meiner Versicherung einholen und dann wiederkommen.

Manche Freunde wählten AfD

Ich war nicht sicher, ob sie mich so behandelt hat, weil ich einen ausländischen Nachnamen habe. Deshalb bat ich später einen Freund mit deutschem Namen, diesem Arzt ebenfalls zu sagen, dass seine Versichertenkarte kaputt sei, als er krank wurde. Er kam trotzdem dran.

Für mich fühlt es sich so an, als würde die Abneigung gegen Roma in unserer Gesellschaft immer mehr zunehmen. Ein paar meiner Freunde haben für die AfD gestimmt. Ich habe versucht, mit ihnen darüber zu reden, warum sie so eine rechtspopulistische Partei wählen, und wieso mich das trifft. Aber sie sind sehr stur. "Gegen dich haben wir nichts, aber...", haben sie geantwortet.

Auch wenn ich selbst bisher kaum Nachteile erlebt habe, ist es mir wichtig, mich für die Roma insgesamt starkzumachen und Vorurteile gegenüber unserer Minderheit abzubauen. Deshalb engagiere ich mich unter anderem im Verein Romano Sumnal , der sich für die Rechte der Roma in Sachsen einsetzt.

Bitte keine "Zigeunersoße"

Die meisten Roma, die ich in Deutschland kenne, haben eine Wohnung und eine Arbeit. Es ist wichtig, dass wir das zeigen. In meiner Familie haben viele studiert. Ich möchte darüber aufklären, dass auch die Roma in Osteuropa nicht so leben wollen, wie sie es oft tun, in ärmlichen Stadtteilen, aus denen sie selten herauskommen, und ohne Arbeit. Wenn man wenig hat, sammelt man eben Flaschen. Niemand möchte aus seiner Heimat fliehen, aber manchmal bleibt kaum eine andere Wahl.

Manchmal versuche ich, Bekannte davon zu überzeugen, dass sie die Wörter "Zigeunerschnitzel" und "Zigeunersoße" nicht mehr verwenden. Einige können nicht verstehen, dass das für viele Roma und Sinti beleidigend ist. Wieso benutzen wir ein Wort, in dem Diskriminierung steckt? Wir können doch auch "Balkanschnitzel" sagen.

Melissa Sejdi kam in Leipzig zur Welt. Sie möchte nächstes Jahr ihr Fachabi machen und Standesbeamtin werden.

Ajriz Bekirovski, 22: "In Mazedonien hätte ich es extrem schwer auf dem Arbeitsmarkt"

Foto: Heike Klovert/ DER SPIEGEL

Mein Vater sah in Mazedonien keine Zukunft für uns. Egal was man lernt, es ist dort sehr schwer, einen Job zu finden. Ich hatte gerade das erste Jahr am Gymnasium beendet, als wir wegzogen. Hier musste ich erst die deutsche Sprache lernen und dann den Realschulabschluss nachholen. Im Januar will ich meine Ausbildung beenden. Aufs Gymnasium zu kommen, war hier zu schwierig.

Inzwischen habe ich verstanden, warum mein Vater aus Mazedonien wegwollte. Dort erkennt jeder sofort an meiner Hautfarbe, dass ich zu den Roma gehöre. Ich war immer stolz darauf, aber ich bin sicher, dass ich in Mazedonien dadurch extreme Nachteile auf dem Arbeitsmarkt gehabt hätte.

Ich glaube, ich wäre dort nie in eine leitende Position gekommen, selbst wenn ich studiert hätte. Man ist als Rom oder Romni immer nur die Aushilfe. Das gilt selbst für die, die eine gute Ausbildung haben oder Akademiker sind. Wir Roma sind in Europa jahrhundertelang ausgegrenzt worden, und das spüre ich heute noch: Viele Menschen trauen uns überhaupt nichts zu und glauben nicht, dass wir für uns selbst sorgen können.

Mit Vorurteilen konfrontiert

In Deutschland erkennen Menschen eher meine Qualifikation an, aber auch hier werden wir ständig mit Vorurteilen konfrontiert. Ich bin zwar noch nicht als "Zigeuner" bezeichnet worden, aber es gibt immer wieder Momente, in denen ich mich diskriminiert fühle.

Wenn ich in der Schule zum Beispiel ein Buch holen sollte, schickte der Lehrer einen Begleiter mit. Natürlich weiß ich am Ende nicht, was er sich dabei gedacht hat, oder ob er das mit jedem so gemacht hätte. Aber ich bekam dadurch das Gefühl, dass er kein Vertrauen in mich hat - und dass er dem Klischee aufgesessen ist, "Zigeuner" würden klauen.

Viele Familien abgeschoben

In den vergangenen Jahren sind viele Roma-Familien aus Mazedonien abgeschoben worden. Ich muss das derzeit nicht fürchten, weil ich in der Ausbildung bin. Aber seit Mazedonien 2014 zum sicheren Herkunftsstaat erklärt wurde, ist es für Roma von dort viel schwieriger, in Deutschland bleiben zu können. Dabei finde ich, dass wir natürlich Anspruch auf Asyl haben, weil wir in Mazedonien als Roma benachteiligt werden.

Ich möchte hierbleiben, meinen Beruf ausüben und Geld verdienen. So wie andere Menschen auch. Klar gibt es Roma, die nicht arbeiten wollen - so wie es Deutsche gibt, auf die das zutrifft. Aber viele Roma finden auch keine Jobs, weil sie für kriminell und nicht lernfähig gehalten werden.

Diskriminierung kommt von Unwissen. Wir Roma müssen deshalb offener sein, damit sich etwas ändert. Ich trage dazu bei, indem ich Veranstaltungen und Workshops organisiere, in denen es unter anderem um die jahrhundertelange Verfolgung und den Genozid an den Roma geht.

Doch es ist schwer, Roma zu finden, die bereit sind, sich zu outen. Sie haben die Erfahrung gemacht: Wenn sie in Deutschland etwas werden wollen, müssen sie ihre Herkunft verschweigen.

Ajriz Bekirovski stammt aus Skopje und lebt in Dresden. Er macht eine Ausbildung zum Elektroniker und ist Vorsitzender des Vereins Amaro Drom , der sich für die gesellschaftliche Beteiligung junger Roma in Deutschland einsetzt.

Diana Preda, 30: "Ich bin stolz auf mich, so wie ich bin"

Foto: Heike Klovert/ DER SPIEGEL

Ich komme aus einem Dorf in der Nähe von Arad in Rumänien. Meine Eltern waren Antiquitätenhändler, ich wuchs mit sieben Geschwistern im Haus meiner Oma auf.

Als Kind, in der Schule, habe ich mich nicht diskriminiert gefühlt. Das fing erst in Deutschland an. Vor elf Jahren bin ich hierher gezogen, und ich sehe etwas anders aus als viele Frauen hierzulande.

Seit ich verheiratet bin, trage ich Röcke und ein Kopftuch. Das hat für mich etwas mit meiner Religion zu tun, ich bin in der Pfingstkirche. Röcke sind auch ein Zeichen des Respekts vor meiner Familie.

Nicht ernst genommen gefühlt

Ich weiß nicht, ob ich es wegen meines Aussehens manchmal schwerer in Deutschland habe und deshalb benachteiligt werde. Aber es fühlt sich so an.

Es gab da zum Beispiel diesen Autounfall vor anderthalb Jahren. Ich stand auf einem Parkplatz und eine Frau fuhr mit ihrem Wagen gegen meinen. Ich stieg aus und noch bevor ich etwas sagen konnte, behauptete sie gleich, ich sei schuld an dem Unfall. Ich hätte nie erwartet, dass jemand so lügen kann.

Ich war aufgeregt und wurde laut. Der Polizist, der dann dazukam, schrie mich an: Ich solle die Klappe halten, wir seien hier nicht im Kindergarten. Ich war schockiert und sagte zu dem Polizisten, dass ich das rassistisch fände.

Ich wollte eigentlich sagen, das sei Diskriminierung, aber mir ist das falsche Wort herausgerutscht. Zwei Wochen später bekam ich eine Anzeige wegen Beleidigung und musste 500 Euro zahlen. Ich habe mich von dem Polizisten behandelt gefühlt, als wäre ich der schlechteste Mensch der Welt.

Zwei Jahre Wohnungssuche

Ich weiß nicht, ob der Polizist wusste, dass ich Romni bin. Die andere Frau trug keinen Rock und kein Kopftuch, und sie sprach besser Deutsch als ich. Ich glaube, dass das etwas damit zu tun hat, dass der Polizist sie besser behandelt hat als mich.

Seit zwei Jahren suche ich eine Wohnung für meine Mutter, die immer noch bei meinem Bruder wohnt. Manchmal haben wir zwei bis drei Besichtigungstermine pro Woche. Aber bisher wollte uns kein Vermieter haben.

Ich habe überlegt, ob ich meinen Rock und mein Kopftuch bei den Besichtigungsterminen ablegen sollte. Doch wenn Gott will, finden wir auch so eine Wohnung. Außerdem: Meine Schwägerin sucht seit vier Jahren, sie spricht perfekt Deutsch, sie trägt Hosen, sie ist hier aufgewachsen. Und sie findet auch keine neue Bleibe.

Ich bin stolz auf mich, so wie ich bin. Und ich möchte, dass auch andere junge Roma zu sich und ihrer Identität stehen können. Deshalb gebe ich bundesweit Workshops, in denen ich über unsere Geschichte aufkläre und darüber, wie man sich gegen Alltagsrassismus behaupten kann.

Diana Preda zog vor elf Jahren aus Rumänien zu ihrem Mann nach Deutschland. Sie arbeitet als Übersetzerin und Sozialberaterin für den Förderverein Roma in Frankfurt.

Dieser Beitrag gehört zum Projekt Globale Gesellschaft

Unter dem Titel »Globale Gesellschaft« berichten Reporterinnen und Reporter aus Asien, Afrika, Lateinamerika und Europa – über Ungerechtigkeiten in einer globalisierten Welt, gesellschaftspolitische Herausforderungen und nachhaltige Entwicklung. Die Reportagen, Analysen, Fotostrecken, Videos und Podcasts erscheinen in einer eigenen Sektion im Auslandsressort des SPIEGEL. Das Projekt ist langfristig angelegt und wird von der Bill & Melinda Gates Foundation (BMGF) unterstützt.

Ein ausführliches FAQ mit Fragen und Antworten zum Projekt finden Sie hier.

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