Turbo-Karriere Wie ein 26-jähriger Student Berater des Premierministers wurde
UniSPIEGEL ONLINE:
Wie haben Sie von Ihrem neuen Job als Berater von Premierminister Jean-Pierre Raffarin erfahren?
Christoph Gottschalk: Eine Mitarbeiterin des Premierministers hat mich angerufen - und hat mir gesagt, dass ich eingeladen bin, mich Vertretern des Kabinetts vorzustellen. Zunächst war ich total geplättet und überwältigt. Eine Woche später war ich dann in Paris und bekam dort die Zusage. Die Dimensionen sind mir bis heute noch nicht richtig klar geworden. Ich schwanke zwischen großer Freude und leichter Ohnmacht.
UniSPIEGEL ONLINE: Berater des Premierministers - was genau ist Ihr Arbeitsgebiet?
Gottschalk: Ab 1. Juni bin ich als deutscher Berater des Premierministers zuständig für die Bereiche Kultur, Erziehung und Jugend. Dabei soll es vor allem darum gehen, dem Premier und seinem Kabinett in diesen Fragen die deutsche Sicht zu vermitteln und konstruktive Vorschläge für die französische Politik zu geben. Wo es geht, will ich auch Elan in die deutsch-französischen Beziehungen bringen. Ich weiß aber auch, dass mein Gestaltungsspielraum begrenzt ist. Letztlich entscheidet der Premierminister, ich kann nur Ideen einbringen. Im ersten Jahr wird es vor allem darauf ankommen, dass ich die Politik Frankreichs kennen lerne - und dass mich das Kabinett kennen lernt.
UniSPIEGEL ONLINE: Wie ist die französische Regierung auf Sie aufmerksam geworden?
Gottschalk: Seit Oktober letzten Jahres habe ich beim deutsch-französischen Jugendwerk gearbeitet. Im Januar anlässlich des 40. Jahrestages des Elysée-Vertrags habe ich das deutsch-französische Jugendparlament organisiert. Als Jaques Chirac Bundeskanzler Schröder damals in Berlin besucht hat, habe ich eine Podiumsdiskussion zwischen beiden Staatschefs geleitet. So kam ich mit hochrangigen Politikern zusammen. Und aus diesem Umfeld hat man mich wohl schließlich empfohlen.
UniSPIEGEL ONLINE: Hatten Sie denn auch ein richtiges Bewerbungsgespräch für diesen Job?
Gottschalk: Ja. Im Januar hat der Premierminister entschieden, einen deutschen Berater für sein Kabinett zu berufen. Damals war noch unklar, ob es ein eher ein junger Mensch oder ein Profi sein sollte. Es gab mehrere Bewerber, die ich aber nicht kenne. Mein Gespräch hatte ich nicht mit Raffarin selbst, sondern mit seinem diplomatischen Berater. Er hat mich gefragt, welche Ideen ich in das Kabinett einbringen kann, welche Vorstellungen ich zu den deutsch-französischen Beziehungen habe - und was ich über die Zukunft Europas denke. Letztlich war wohl ausschlaggebend, dass ich Erfahrungen mit der Zivilgesellschaft und mit deutsch-französischen Jugendprojekten habe.
UniSPIEGEL ONLINE: Viele Kommilitonen von Ihnen werden neidisch sein. Wie zielstrebig waren Sie während Ihrer bisherigen Laufbahn?
Gottschalk: Das mit dem Beraterjob war nie geplant. Das ist gar nicht möglich. Zielstrebig war ich aber, wenn es um europäische Fragen ging. Junge Leute für Europa zu begeistern, hat mir immer sehr viel Spaß gemacht. Die Arbeit mit dem europäischen Jugendparlament hat mir sehr viel bedeutet. Schon früh habe ich mich entschieden, dass ich mich für die europäische Idee einsetzen will. Dass letztlich ein Beraterjob beim französischen Premierminister irgendwann herausspringt, hätte ich nie gedacht.
UniSPIEGEL ONLINE: Worauf freuen Sie sich als Berater des Premierministers am meisten?
Gottschalk: Ich freue mich darauf, als junger Europäer und Deutscher Impulse auf so hohem Niveau geben zu können. Die Entscheidung, einen jungen Deutschen in den Beraterstab aufzunehmen, zeigt, wie europäisch das französische Kabinett denkt. Das ist eine große Herausforderung für mich. Und natürlich freue ich mich darauf, interessante Menschen aus Wirtschaft und Politik und nicht zuletzt die französische Kultur noch besser kennen lernen zu können.
UniSPIEGEL ONLINE: Ihr Studentenleben ist jetzt erst einmal vorbei. Was werden Sie am meisten vermissen?
Gottschalk: Ich werde die Freiheit und Flexibilität meines Studentenlebens vermissen. Bis morgens ums vier ein Bier in einer Berliner Kneipe zu trinken, das ist nicht mehr. Und auf die vollkommene Unabhängigkeit muss ich leider auch teilweise verzichten. Aber auf der anderen Seite kann ich einer anderen Leidenschaft nachgehen: Europa. Meine Arbeit wird mir da bestimmt neue Ideen geben. Und bestimmt werde ich auch häufiger dazu kommen, einen Kaffee in einem Pariser Lokal zu trinken.
Das Interview führte Leon Stebe