Abiturienten-Studie Ziemlich planlos vor der Reifeprüfung
Das Abitur ist eine anstrengende Zeit - aber auch eine schöne. In der Oberstufe haben die meisten Schüler schon so viele Punkte eingesammelt, dass sie sich ums Bestehen oder Durchfallen nicht mehr arg viele Sorgen machen müssen. Aber um die Abi-Endnote schon, denn die ist ein Türöffner fürs Studium. Um besonders viel geht es bei bei den letzten Prüfungen für alle, die schon ein zugangsbeschränktes Fach fest anvisiert haben.
Wissen, was man nach dem Abi nicht will, ist eine Sache - aber wie soll die eigene Zukunft aussehen? In dieser Zeit der Verheißung und der Unsicherheit haben Forscher für die Hochschulinformations-System GmbH (HIS) die Schüler des Abi-Jahrgangs des Winters 2007/2008 befragt, wie schon in den Vorjahren.
Die größte Sorge der deutschen Abiturienten 2008 galt der unabsehbaren Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Vier von zehn Abiturienten gaben diesen Grund als besonderes persönliches Problem bei der Wahl der künftigen Richtung ihrer Ausbildung an. Die massive Rezession, in der Deutschland wohl auch im kommenden Jahr noch stecken wird, hat dieses Ergebnis allerdings im Befragungszeitraum von Ende 2007 bis Anfang 2008 noch nicht beeinflusst - eine aktuelle Befragung fiele in diesem Punkt wohl dramatischer aus.
Was soll ich nur tun? Und was kann ich überhaupt?
Fast auf dem gleichen Rang wie die Sorgen um die Berufschancen landet die Unsicherheit angesichts des Überangebots an Möglichkeiten, die sich nach dem Abi bieten - ein Ergebnis, das auch mit dem Zulassungschaos an den deutschen Hochschulen in den vergangenen Jahren zusammenhängen dürfte.
Mache ich eine Lehre, oder studiere ich an einer Hochschule? Soll es eine Uni oder eine FH sein, und wenn ich das weiß, welches Fach? Nur ein Viertel der Oberstufenschüler fühlt sich über die Möglichkeiten nach dem Abi gut informiert, ein Drittel nennt die Vorbereitung dagegen unzureichend. Ein knappes Drittel ist sich unklar über die persönliche Eignung für den einen oder anderen Weg.
Ebenfalls einem knappen Drittel erschweren die zulassungsbeschränkten Fächer die Planung der Zeit nach der Schule. Zudem macht sich jeder dritte Schüler in der Vorbereitungszeit auf das Abitur Sorgen über die Finanzierung seiner Ausbildung oder seines Studiums. Diese Schüler sind wenig zuversichtlich und haben wenig Vertrauen in Staatshilfen wie das Bafög, in die Ausbildungsgehälter wie auch in die finanzielle Leistungsfähigkeit ihrer Eltern.
Auffällig, wenn auch wenig überraschend, ist, dass besonders Kinder aus Nicht-Akademiker-Familien und Jugendliche in Ostdeutschland (je etwa 36 Prozent) fehlende finanzielle Mittel als Problem benennen, Kinder aus Akademikerhaushalten (26 Prozent) und aus westdeutschen Elternhäusern weniger (29 Prozent).
Über ein Viertel, nämlich 28 Prozent der Oberstufenschüler, schließen ein Studium wenige Monate vor dem Abitur für sich aus. Die Mehrheit plant ein Studium - aber bei den Studienwünschen gibt es Verschiebungen: 2006 waren sich noch 63 Prozent der Schüler sicher, dass sie nach dem Abitur studieren wollen. 2008 waren es nur noch 51 Prozent - bei den Mädchen sogar weniger als jede Zweite.
Abkehr vom Studium durch die Krise gebremst
Die Zahl der Unentschlossenen zwischen diesen beiden Gruppen ist gewachsen. Die dramatisch schlechtere Wirtschaftslage dürfte allerdings dazu geführt haben, dass letzten Endes doch viele Unentschiedene auf ein Studium setzten - die Studienanfängerquote des gesamten Altersjahrgangs stieg im Herbst 2008 nämlich sprunghaft auf knapp 40 Prozent - und erreichte so eine politische Zielvorgabe der Bildungsminister in Bund und Ländern.
Sicher sind sich die Schüler zu einem großen Teil, dass das Abitur der Königsweg unter den Schulabschlüssen ist - auch wenn nur jeder Zweite sich wenige Monate vor dem Abschluss sicher ist, studieren zu wollen. Mehr als drei Viertel der Schüler schätzen an der Hochschulreife, dass sie ihnen alle Möglichkeiten der Berufs- und Ausbildungswahl offenlässt.
Viele Schüler sehen im Abitur in erster Linie die Voraussetzung für eine anspruchsvolle Ausbildung, egal ob an einer Hochschule oder in der Lehre. Der Anteil derer, die sich das Abitur wünschen, damit sie anschließend eine gute Lehrstelle finden, ist nochmals angestiegen und beträgt nun 41 Prozent.
Als beliebtestes Studienfach bei den Abiturienten hatten die Wirtschaftswissenschaften das Lehramtsstudium im Befragungszeitraum Ende 2007 und Anfang 2008 abgelöst - auch das allerdings in der Vorausschau und vor dem Sturz in die Krise der globalen Marktwirtschaft.