
Schüler in China: Gefügig, aber phantasielos
Als Lehrerin in China Gemeinschaft - Jeder ist sich selbst der nächste
Manchmal war ich fassungslos, wie distanziert Lehrer und Schüler einander gegenüber standen. Vier Lehrerinnen aus der Inneren Mongolei reisten mit einer Gruppe von 20 Schülern tausend Kilometer weit nach Tianjin, um sich an der Nankai High School fortzubilden. Alle wohnten im selben Wohnheim wie ich, die Lehrer blieben vier Wochen in Tianjin, die 15-jährigen Schüler sollten hier erst mal ein Jahr lang lernen.
Kurz vor der Abreise der Lehrerinnen unterhielt ich mich mit ihnen. Auf welchem Stockwerk, in welchem Zimmer ihre Schüler untergebracht seien - nein, das wüssten sie nicht. Sie hatten sie in den vier Wochen auch nicht gesehen oder mit ihnen gesprochen, schließlich saßen sie gerade nicht in ihrem Unterricht.
Auch dachte keiner in der Schule daran, mir zu erzählen, dass gerade eine Gruppe von deutschen Schülern und Lehrern in der Nankai High School zu Besuch war. Keiner informierte mich, dass einige meiner Schüler während der Sommerferien zur Partnerschule nach Deutschland fuhren. Zufällig liefen mir zwei deutsche Schüler auf dem riesigen Campus über den Weg und erzählten mir, dass sie für mehrere Monate hier den Unterricht besuchten. Man kreiste nur um sich selbst und schottete sich gedanklich von den anderen ab.
Als Lehrerin in China: Mein Alltag in der Lernfabrik
Frontalunterricht: Wenn Schüler verstummen
Kreativität: Wer Fehler macht, wird ausgelacht
Individualität: Schüler verlieren Namen und bekommen Nummern
Inspektionen: Wenn Kontrolleure kommen, müssen Schüler gehen
Disziplin: Strafarbeiten und Moralpredigten, auch für Eltern
Gemeinschaft: Jeder ist sich selbst der nächste
Selbstmord einer Schülerin: Schweigen statt trauern
Aufgezeichnet von: Katja Meuß, bearbeitet von: Christian Bleher