
Schüler in China: Gefügig, aber phantasielos
Als Lehrerin in China Teamarbeit - Siegen, egal wie
Partnerarbeit funktionierte reibungslos - solange der Partner der Banknachbar war. Ansonsten waren sie überfordert. Sie waren ausschließlich Frontalunterricht gewöhnt und fassten die Partnerwahl als Spiel auf, bei dem sie lärmen durften. Auch Gruppenarbeit sahen sie lediglich als Möglichkeit, sich auszutoben. Lehrer hingegen, die bei mir hospitierten, fanden es überflüssig, Gruppen neu zusammenzusetzen. Dass man so das Sozialverhalten trainieren kann, hatte in ihrem Verständnis von Unterricht keinen Platz.
Problematisch bei Gruppenarbeiten und Lernspielen fand ich immer wieder das eigenwillige Verständnis von Teamgeist und Ehrlichkeit. Bei Lernspielen beachtete kaum ein Schüler die Regeln. Auch wenn ich einzelne Schüler bat, sie einzuhalten, mogelten sie hartnäckig weiter. Das Ziel hieß stets: Sieger sein - egal mit welchen Mitteln! Für rücksichtsloses und nach westlichem Verständnis unfaires Durchsetzungsvermögen wurden sie von klein auf gelobt. Wer nicht seine Ellbogen gegen Mitstreiter einsetzte, war der Dumme, weil Erfolglose.
Als Lehrerin in China: Mein Alltag in der Lernfabrik
Frontalunterricht: Wenn Schüler verstummen
Kreativität: Wer Fehler macht, wird ausgelacht
Individualität: Schüler verlieren Namen und bekommen Nummern
Inspektionen: Wenn Kontrolleure kommen, müssen Schüler gehen
Disziplin: Strafarbeiten und Moralpredigten, auch für Eltern
Selbstmord einer Schülerin: Schweigen statt trauern
Aufgezeichnet von: Katja Meuß, bearbeitet von: Christian Bleher